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Deine Juliet

Deine Juliet

Titel: Deine Juliet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Mary Ann / Barrows Shaffer
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Adjektive benutzen, um es anschaulicher zu machen. Für gewöhnlich benutze ich keine – ich bevorzuge nackte Tatsachen.
    Auf Guernsey herrschte an jenem Dienstag scheinbar Ruhe, aber wir wussten, dass sie da waren! Tags zuvor waren Flugzeuge und Schiffe mit Soldaten gelandet. Riesengroße Junkers dröhnten herab, luden die Männer aus und starteten wieder. Da sie jetzt leichter und übermütiger waren, flogen sie dicht über dem Boden, stiegen auf und stießen nieder, alles über Guernsey, und erschreckten die Kühe auf den Weiden.
    Elizabeth war bei mir zu Hause, aber wir konnten uns nicht dazu bringen, Haartonikum zu machen, obwohl meine Schafgarbe geerntet war. Wir irrlichterten umher wie zwei Spukgestalten. Dann raffte Elizabeth sich auf. «Komm mit», sagte sie, «ich will nicht herumsitzen und auf sie warten. Ich gehe in die Stadt und halte Ausschau nach dem Feind.»
    «Und was machst du, wenn du ihn gefunden hast?», fragte ich, etwas schnippisch.
    «Ich sehe ihn mir an», sagte sie darauf. «Wir sind keine Tiere im Käfig – das sind die. Sie sitzen mit uns auf dieser Insel fest, genau wie wir mit denen. Komm, lass uns gucken gehen.»
    Mir war es recht, und so setzten wir unsere Hüte auf und gingen los. Aber Sie können sich nicht vorstellen, was das für ein Anblick war, der sich uns in St.   Peter Port bot.
    Da waren Hunderte von deutschen Soldaten – und sie gingen EINKAUFEN! Arm in Arm schlenderten sie über die Fountain Street – lächelnd, lachend, guckten sich die Schaufenster an, gingen in Geschäfte, kamen mit Armen voll Paketen heraus und riefen sich Sprüche zu. Auch die North Esplanade war voller Soldaten. Manche lümmelten nur herum, andere tippten anihre Mützen und verbeugten sich vor uns, leidlich höflich. Einer sagte zu mir: «Ihre Insel ist schön. Bald werden wir in London kämpfen, aber jetzt haben wir erst einmal das hier – einen Urlaub in der Sonne.»
    Ein armer Tropf dachte wahrhaftig, er sei in Brighton. Sie kauften Eis am Stiel für den Rattenschwanz von Kindern, der ihnen folgte. Sie lachten und hatten ihren Spaß. Wären die grünen Uniformen nicht gewesen, hätten wir gedacht, das Ausflugsschiff aus Weymouth sei eingelaufen!
    Als wir an den Candie Gardens vorbeigingen, wurde aus dem Volksfest schlagartig ein Albtraum. Zuerst hörten wir Lärm, den hämmernden, gleichmäßigen Rhythmus von schweren Stiefeln, die auf harten Steinen marschierten. Dann bog eine Truppe Soldaten im Stechschritt in unsere Straße ein – alles an ihnen glänzte, Knöpfe, Stiefel, Stahlhelme. Ihre Augen sahen nichts und niemanden an – sie starrten nur geradeaus. Das war beängstigender als die Gewehre über ihren Schultern oder die Messer und Granaten, die in ihren Stiefelschäften steckten.
    Mr.   Ferre, der hinter uns war, fasste mich am Arm. Er hatte an der Somme gekämpft. Tränen liefen ihm übers Gesicht, und ohne es zu merken, knetete und quetschte er meinen Arm und sagte: «Wie können sie das wieder tun? Wir haben sie geschlagen, und nun sind sie wieder da. Wie konnten wir zulassen, dass sie es wieder tun?»
    Schließlich sagte Elizabeth: «Ich habe genug gesehen. Ich brauche einen Schnaps.»
    Ich habe einen ansehnlichen Vorrat an Gin im Schrank, und so gingen wir nach Hause.
    Ich will jetzt schließen, bald werde ich Sie ja sehen können, und das erfüllt mich mit Freude. Wir wollen Sie alle gemeinsam abholen – aber jetzt habe ich eine neue Sorge. Es könnten noch zwanzig andere Passagiere auf dem Postschiff sein, wie werde ich Sie dann erkennen? Die kleine Fotografie auf dem Buchumschlag ist verschwommen, und ich möchte nicht diefalsche Frau umarmen. Könnten Sie wohl einen großen roten Hut mit einem Schleier aufsetzen und Lilien in der Hand halten?
     
    Ihre Freundin
    Isola

Eine Tierliebhaberin an Juliet
    Freitagabend
    Sehr geehrte Miss,
    auch ich gehöre dem Club der Guernseyer Freunde von Dichtung und Kartoffelschalenauflauf an, habe Ihnen aber nie von meinen Büchern geschrieben, weil ich nur zwei gelesen habe – Kindergeschichten von anhänglichen, tapferen und treuen Hunden. Isola sagt, Sie kommen her, um vielleicht über die Besatzung zu schreiben, und ich meine, Sie sollen die Wahrheit darüber wissen, was unser Parlament den Tieren angetan hat! Unsere eigene Regierung, wohlgemerkt, nicht die dreckigen Deutschen! Die Regierung würde sich schämen, davon zu berichten, ich aber nicht.
    Ich mache mir nicht viel aus Menschen – habe ich nie und werde ich nie. Ich habe

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