Deine Kinder sind Deine Schuld
werden soll, nur weil sein Vater und dessen Vater schon Ärzte waren! Was ist, wenn der Kleine stattdessen lieber Küchenchef oder Lehrer werden möchte? Oder, Gott bewahre, womöglich Künstler? Nun lasst das Mädel doch gefälligst Ärztin werden! Über die Karriere Ihres Kindes zu entscheiden oder darüber, was sein Lebenszweck sein soll, ist ein unverzeihlicher Fehler. Bringen Sie Ihrem Kind bei, dass es seinen Lebenssinn selbst entdecken muss, auf der Grundlage seiner eigenen Talente, seiner Neigungen und seines Willens, diesen Lebenswunsch auch umzusetzen.
Manche machen den Fehler, ihre Kinder dazu zu bringen, werden zu wollen, was die Eltern selbst auch werden wollten, aber nicht erreicht haben. Daddy war Lastwagenfahrer und Mama Hausfrau, aber das Kind soll partout etwas „Besonderes“ werden, vielleicht Rechtsanwalt oder etwas anderes mit Prestige. Dann hat das Kind vielleicht nicht den Grips, es zu schaffen oder es hat gar keine Lust dazu und die Eltern dringen trotzdem weiterhin darauf, und alles endet in Konflikten und Enttäuschungen. Nun mal langsam, Leute, lasst Euer Kind gefälligst sein, wie es sein will und werden, was es werden will! Solange es unabhängig, verantwortungsbewusst und tüchtig ist, habt Ihr Eure Aufgabe gut gemacht.
Meine Eltern haben mich nie gedrängt, irgendetwas zu werden. Wie auch immer ich mich entscheiden würde, es war ihnen recht, wenn ich nur glücklich, verantwortungsbewusst und tüchtig sein wollte. Für sie war Erfolg mehr als irgendwelche Titel, die man sich erwirbt oder das, was auf der Visitenkarte steht. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar. Sie ließen mich meinen eigenen Weg finden. Leider lebte mein Vater nicht mehr lange genug, um mich in meinem heutigen Beruf zu erleben. Aber ich glaube, er wäre nicht überrascht über das, was ich heute mache. Er dachte immer, dass ich irgendwann als Prediger enden würde, denn meine Eltern haben mich sehr kirchentreu erzogen und es machte mir schon immer Spaß, zu reden. Wenn ich es mir recht überlege, redete ich eigentlich ständig – das war eben meine Besonderheit.
In der Schule bekam ich Zwischenzeugnisse, häufig mit Bemerkungen, wie: „Larry schwätzt gern“, oder: „Larry könnte besser lernen, wenn er nicht so viel reden würde“, oder: „Larry muss noch lernen, Augen und Ohren offen und den Mund auch mal geschlossen zu halten.“ Solche und ähnliche Bemerkungen waren es – Sie verstehen schon. Ich bekam immer wieder Ärger, weil ich Witze erzählte, laut war, zu viel lachte und mich über irgendetwas, was ich im Raum sah, lustig machte. Mit anderen Worten: Das, wofür ich damals Schelte bekam, ist genau das, was ich in meinem heutigen Beruf brauche.
Viele Jahre später bekam mein Sohn Tyler in der Schule zu hören, er sei zu vorlaut. Sein Klassenlehrer, der die Nase voll hatte, fragte ihn: „Sag mal, glaubst Du wirklich, Du kannst später einfach so in die Welt hinausgehen und Dir Deine Brötchen damit verdienen, dass Du in einer Tour Witze erzählst, laut bist und Dich über andere Leute lustig machst?“ Er antwortete: „Warum nicht? Mein Dad macht ja auch nichts anderes.“ Er hatte recht, aber ich kann Ihnen versichern, dass es ihm nicht gerade geholfen hat.
Mein Sohn Patrick wollte alles Mögliche werden, was er sich nur vorstellen konnte und er hat auch fast alle diese Aktivitäten tatsächlich ausprobiert. Von Tanzen über Hockeyspielen, Skateboardfahren bis hin zum Fahrradfahren – Patrick nahm es mit jedem Bereich auf. Er war kreativ, vielleicht sogar zu kreativ, denn er wollte alles gleichzeitig machen. Erst wenn er sich intensiv auf etwas eingelassen hatte, stellte er plötzlich fest, dass er es doch langweilig fand. Es war frustrierend für uns alle, denn er stürzte sich immer ganz und gar in eine Sache, nicht nur ein bisschen. Er war immer mit ganzem Herzen dabei – mit Leib und Seele und seinem Verstand. Das war kräftezehrend, nicht nur für ihn, sondern für uns alle. Aber wir machten ihm Mut, weiterhin alles Erdenkliche auszuprobieren, bis er irgendwann mal bei einer Sache bleiben würde. Er war 18 Jahre alt, als er mir sagte, er brauche eine Nähmaschine. Das ist zwar kein gewöhnlicher Wunsch für einen Jungen in seinem Alter, dachte ich, aber einer, den ich ihm leicht erfüllen kann. Also bekam er zu Weihnachten eine Nähmaschine geschenkt. Er machte sich sofort darüber her, und noch am selben Tag begann er Kleidungsstücke zu nähen. Er war begeistert – und blieb dabei.
Weitere Kostenlose Bücher