Deine Kuesse verzaubern mich
spät wurde ihr klar, dass er jetzt gleich ihr Allerheiligstes betreten würde.
„Und wo finde ich das?“
„Im Flur auf der rechten Seite.“
Als er im Fur verschwand, atmete sie tief ein und beschloss, dass es besser war, beschäftigt auszusehen, wenn er wieder zurückkam. Leider gab es keine Pflanzen zu gießen oder schmutziges Geschirr abzuwaschen. Dann musste sie eben einen Blick auf die Werbung werfen, die sie eben aus dem Briefkasten geholt hatte.
Summer hatte wirklich ein sehr gemütliches Zuhause, dachte Darius. Ihre Einrichtung passte sehr gut zu den leuchtenden Farben der Wände und Vorhänge, und alles war, wie er es von Summer gewohnt war, tadellos ordentlich. Etwas länger als nötig ließ er seinen Blick auf dem großen Doppelbett ruhen. Unwillkürlich fragte er sich, mit welchem Mann sie es geteilt haben mochte. Ohne Zweifel war es ein älterer, reicher Mann.
Wie gut, dass er die Unterhaltung über den tropfenden Wasserhahn mitgehört hatte. Das war der perfekte Vorwand, sich selbst zu Summer einzuladen. Er war neugierig auf das Haus gewesen, in dem sie ohne ihn wohnte. Obwohl sie vor sieben Jahren nie über Hochzeit gesprochen hatten, wäre das der nächste logische Schritt für ihn gewesen. Ihm war bewusst, dass es ihr schwerfallen würde, wieder Vertrauen zu einem Mann zu fassen nach dem, was sie mit Whitman durchgemacht hatte. Aber er hatte geduldig sein und ihr so viel Zeit geben wollen, wie sie brauchte, bis sie ihm vollends vertraute. Sie sollte sicher sein, dass man sich auf ihn verlassen konnte und er immer für sie da wäre. Ein Jammer, dass sie ihm nie die Gelegenheit dafür gegeben hatte.
Gerade als er das Badezimmer betreten und den Werkzeugkasten auf den Boden gestellt hatte, hörte er Summer aufgeregt seinen Namen rufen. Schnell ging er zu ihr ins Wohnzimmer, wo sie mit schreckensgeweiteten Augen auf der Couch saß. „Summer!“, rief er. „Was ist denn?“
Immer wieder schüttelte sie schweigend den Kopf, bis sie schließlich ein Wort flüsterte: „Tyrone.“
Verwirrt musterte er sie. Warum dachte sie gerade jetzt an diesen Mann, der ihr nichts als Kummer eingebracht hatte? „Was ist mit ihm, Summer?“
Sie blickte auf einen Stapel Post, der vor ihr auf dem Boden lag. Vermutlich war einer der Briefe der Grund dafür, dass sie so aufgebracht war. Er bückte sich, griff nach den Umschlägen und ging sie rasch durch. Und da war es, ein Schreiben vom texanischen Bewährungsausschuss. Auf dem Umschlag sah er mehrere Briefmarken und Poststempel, man hatte also schon länger vergeblich versucht, den Brief zuzustellen.
Als er den Brief las, holte er tief Luft. Als ehemaliger Detective war er natürlich mit dem texanischen Recht vertraut. Ein Standardschreiben informierte die Opfer von Gewaltverbrechen über die Freilassung der Täter. Der Brief war vor einem Monat geschrieben worden und Tyrone Whitman mittlerweile ein freier Mann.
„Hier, trink das. Und sag mir nicht, dass du das nicht brauchst, denn du brauchst es“, sagte Darius bestimmt und hielt ihr eine Tasse Kaffee mit einem ordentlichen Schuss Weinbrand hin.
Eine dunkle Vorahnung, dass etwas passieren würde, hatte ihm den ganzen Tag keine Ruhe gelassen. Jetzt hatte sie sich bestätigt.
Der Gedanke daran, dass dieser Mann nur sieben Jahre seiner zwanzigjährigen Gefängnisstrafe hatte absitzen müssen, machte ihn ungemein wütend. Aber im Augenblick half er Summer nicht mit seiner Wut. Mehr als alles andere brauchte sie jetzt seine Unterstützung.
Überraschenderweise nahm sie die Tasse ohne Protest entgegen und trank einen Schluck. Kurz verzog sie das Gesicht, wahrscheinlich, weil er es mit dem Weinbrand etwas übertrieben hatte, aber wenigstens würde ihr das dabei helfen, einzuschlafen.
„Ich kann es einfach nicht glauben“, brach Summer das Schweigen und stellte die Kaffeetasse auf den Tisch. „Wie kann es sein, dass Tyrone schon wieder aus dem Gefängnis raus ist? Das ergibt doch keinen Sinn.“
Darius stimmte ihr zu. Seinetwegen hätte man Tyrone irgendwo einsperren und dann die Schlüssel wegwerfen sollen. Whitman hatte es nicht verdient, frei umherzulaufen. Zumindest nicht auf diesem Planeten.
Erschaudernd dachte er an die letzten Verhandlungstage und die Drohungen zurück, die Whitman Summer zugebrüllt hatte. Er hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass er sie wahr machen würde, sollte er jemals wieder aus dem Gefängnis kommen. Wahrscheinlich dachte Summer auch gerade daran. Er beobachtete sie,
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