Deine Lippen, so kalt (German Edition)
Stadt gehen, ins Café oder so, und ein bisschen Zeit mit mir verbringen«, sage ich, ziehe meinen Fuß zurück und setze mich gerade hin. »Das wolltest du jedenfalls gestern, also …«
Sie braucht eine Minute, um zu begreifen, dass ich es ernst meine, was noch mehr schmerzt, und als sie dann lächelt, schmerzt das am meisten. Einen Moment lang wünsche ich mir, ich könnte ihr die Arme um den Hals werfen und ihr sagen, wie leid es mir tut, dass ich nicht für sie da war und die Tatsache, dass sie mich ebenso braucht wie ich sie, einfach ignoriert habe; wie leid mir einfach alles tut.
Aber das kann ich hier drin nicht tun, also lasse ich stattdessen zu, dass das plötzliche Aufblühen meiner eigenen Erleichterung die dämmrigen Neonlichter heller strahlen lässt, und lächle zurück.
Kapitel sieben
A ls ich nach der letzten Stunde zu meinem Spind komme, steht Darcia da und wartet auf mich, Ohrstöpsel drin, während eine Hand fest ihren vorsintflutlichen iPod umklammert und sie gleichzeitig die Playlist runterscrollt. Einen Moment lang ist alles so unendlich vertraut – so haben Darcia oder Jess oder beide schon unzählige Male nach der Schule auf mich gewartet, hier und in der Junior High, und dann sind wir losgezogen und haben uns Pizzastücke bei Cosimos geholt oder wir sind zu einer von uns gegangen, um zusammen rumzuhängen.
Aber als Darcia zu mir hochblickt, sehe ich die Unsicherheit in ihren Augen, und es tut wieder genauso weh wie vorhin.
»Heute ist ein guter Tag für Mochas«, sage ich und pflastere mir mein schönstes normales Lächeln aufs Gesicht. Wenn ich so tue, als hätte sich nichts geändert, glaubt sie es vielleicht irgendwann auch.
»Da hast du recht«, sagt sie mit einem Blick den Flur runter Richtung Ausgang. Es ist grau und stürmisch draußen und die Bäume sind inzwischen schon fast kahl. Ihre Äste peitschen im Wind hin und her, während die herabgefallenen Blätter über den Boden tanzen. »Ich könnte auch ein Stück von Geoffs Möhrenkuchen vertragen.«
»Nein, nein, du musst zuerst die Kürbismuffins probieren«, rate ich ihr, knalle die Spindtür zu und schultere meinen Rucksack. »Er hat sich erst letztes Wochenende dieses neue Rezept ausgedacht, und ich bin ziemlich sicher, dass sie illegal sind, so verboten gut schmecken sie.«
Sie senkt den Kopf, als sie grinst, aber sie schaltet den iPod aus und nimmt die Ohrstöpsel raus, während wir uns auf den Weg nach draußen machen. Unsere Schultern stoßen ab und zu freundschaftlich aneinander und ich halte den Atem an. Es wird funktionieren, sage ich mir. Ich schaffe das. Ich muss mein eigenes Leben nicht aufgeben, nicht völlig jedenfalls.
Das möchte ich auch gar nicht. Ich weiß nicht, ob das überhaupt eine Rolle spielt, aber es ist die Wahrheit. Und während wir auf das Bliss zustapfen wie so viele Nachmittage zuvor, fühle ich ein schmerzhaftes Ziehen. Es ist, als wäre ein Körperglied, ein wirklich wichtiges, von dem ich gar nicht bemerkt hatte, dass es mir fehlt, plötzlich nachgewachsen.
Die Glocke über der Tür schellt, als wir reinkommen, und Trevor sieht von seinem Hocker hinter dem Tresen hoch und grunzt ein Hallo. Sein Laptop ist aufgeklappt, und er starrt auf den Bildschirm, als wäre er für alles Übel der Welt verantwortlich.
Falls er den Roman je beendet, an dem er anscheinend arbeitet, seit … na mindestens seit seiner Geburt oder so … weiß ich nicht, ob ich ihn lesen will.
Darcia entscheidet sich für den Tisch am Fenster, während ich auf der Suche nach Geoff bis hinten durchgehe. Er holt gerade etwas aus dem Ofen. Als er sich aufrichtet, sehen die Mehlspuren auf seinen dunklen Wangen wie Radiergummistreifen aus.
»Hallo, Schneckchen.« Er lässt das Backblech auf die nächstgelegene Anrichte gleiten und lehnt sich zu mir, um meine Wange zu küssen. »Du arbeitest doch heute gar nicht.«
»Stimmt. Ich bin mit Darcia hier.« Ich stupse einen der heißen Muffins mit dem Finger an und beuge mich runter, um daran zu schnuppern. Pfirsich, glaube ich, und irgendetwas anderes, das ich nicht identifizieren kann. Aber es duftet köstlich.
Er hebt eine Augenbraue und wischt sich den Mehlstaub von den Händen. »Tatsächlich? Ihr zwei wart ewig nicht mehr zusammen hier.«
»Werd nicht gleich sentimental.« Ich verdrehe die Augen und schnappe mir einen Teller mit Mandelplätzchen von der Durchreiche. »Darf ich uns zwei Mochas machen, oder flippt Trevor dann aus?«
»Loverboy ist heute viel zu
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