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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Garvey
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Worte klingen. »Wir machen eine Pyjamaparty so wie früher, wir alle drei.«
    Darcia strahlt, als hätte jemand ein Licht in ihr angeknipst, und da ist es auch schon zu spät. Sie blinzelt und schluckt schwer, und ich schwöre, wenn sie jetzt losheult, ist es auch mit meiner Selbstbeherrschung vorbei, aber sie reißt sich im letzten Moment zusammen.
    »Ich helfe dir«, verspricht sie und greift über den Tisch, um meine Hand zu berühren. »Ich rede als Erste mit Jess, okay? Aber du musst sie auch anrufen.«
    »Das werde ich.« Ich nicke, höre jedoch kaum zu, als sie anfängt zu planen. Alles, woran ich denken kann, ist Danny. Ich sehe ihn vor mir, wie er allein auf seinem Bett sitzt, Verwirrung und vielleicht sogar Panik stehen ihm ins Gesicht geschrieben. Die Freitagabende, jedenfalls manche von ihnen, gehören ihm. Es ist der einzige Abend, an dem ich bei ihm bleiben kann, wenn ich kreativ genug bin, Mom eine überzeugende Geschichte aufzutischen.
    Mom denkt, ich sei ein Dutzend Mal und öfter bei Darcia oder Jess gewesen, seit Danny tot ist. Es wird bestimmt lustig werden, die beiden von ihr fernzuhalten, damit sie ihnen keine unangenehmen Fragen über all die Nächte stellt, die ich angeblich bei einer von ihnen gewesen bin. Und dann ist da noch Robin, die meine Freundinnen keine Minute in Ruhe lassen, sondern wie ein anhängliches Hündchen um die Aufmerksamkeit betteln wird, die sie ihr sonst immer geschenkt haben. Mir hat gerade noch gefehlt, dass sie damit prahlt, wie oft sie mich in letzter Zeit dabei ertappt hat, wie ich spät nachts die Treppe hochgeschlichen bin, wenn ich längst im Bett hätte liegen sollen.
    Panik schmeckt ganz ähnlich wie Metall, ebenso schimmernd und kalt, und sie lässt mich zu Eis erstarren und meinen Kaffeebecher mit einer Hand umklammern, während ich Darcia, die aufgeregt über nächste Woche blubbert, matt zulächle.
    An der Ecke Elm und Dudley, wo wir uns immer trennen, weil hier der gemeinsame Teil unseres Nachhauseweges endet, schlingt Darcia einen Arm um mich und drückt mich fest. Es ist inzwischen beinah fünf, von Tag zu Tag wird es früher dunkel, und der Wind fährt in ihr Haar und lässt ihre dunkelbraunen Korkenzieherlocken tanzen, als sie davonschlendert. Sie geht rückwärts, winkt mit der freien Hand, und ich muss einfach lächeln.
    Aber in dem Moment, als ich mich umdrehe, um die Dudley nach Hause hochzugehen, fällt mir das Lächeln aus dem Gesicht. Da steht Gabriel, in eine abgewetzte Jeansjacke gemummelt, und wartet an der nächsten Ecke auf mich.
    »Hey«, sagt er, als ich auf seiner Höhe bin. Und es klingt so unbefangen, so leichthin, als wären wir jetzt die besten Freunde, dass die Wut eine Sekunde lang unter meiner Haut zu brodeln beginnt.
    Ich bin jedoch zu erschöpft, um ihr neue Nahrung zu geben, also nicke ich ihm nur zu. Er geht neben mir her und passt seine Schritte meinen an, und plötzlich frage ich mich, ob er spüren kann, wie verwirrt und verängstigt ich wegen dem bin, was ich mit Darcia ausgemacht habe.
    »Auf dem Heimweg?«, frage ich, denn ihn abzulenken erscheint mir die beste Lösung.
    »Ja. Ich lebe am nördlichen Ende der Prospect.«
    Nicht weit von mir. War ja klar. Ich unterdrücke ein Seufzen. Er scheint nicht mehr darüber sagen zu wollen, also frage ich ihn das Nächste, was mir in den Sinn kommt. »Wo warst du nach der Schule?«
    »In der Stadt.« Er zuckt mit den Schultern und mir wird klar, dass er nicht mal einen Rucksack dabei hat. »Auf der Suche nach einem Job.«
    »Echt? Und, was gefunden?«
    »Der Typ in der Bäckerei hat gemeint, er meldet sich bei mir, und der Manager vom Kino hat mir einen Bewerbungsbogen mitgegeben.« Er wirft mir ein grimmiges Lächeln zu und dreht den Kopf so, dass der Wind das Haar aus seiner Stirn weht. »Es gibt nur meine Schwester und mich, daher könnte ich ein bisschen Extra-Kohle gebrauchen.«
    »Oh.« Ich bin nicht sicher, was ich sonst noch sagen soll, und das schwindende Licht macht es schwer, in seinen Augen zu lesen.
    »Meine Mom ist vor langer Zeit gestorben. Mein Dad spielt grad keine Rolle in unserem Leben.«
    »Oh. Wow.« Gott, ich klinge wie eine Vollidiotin, dabei könnte ich ihm doch erzählen, dass ich zumindest weiß, wie sich der zweite Teil anfühlt.
    »Es muss dir nicht leid tun«, sagt er und lächelt dann, ein trockenes, verschmitztes Lächeln, das mich zum Lachen bringt. »Ich meine, ich weiß, es klingt seltsam, aber es ist eine gute Sache. Dass mein Dad weg ist,

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