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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Garvey
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»Na ja, es hat dich aus dem Bett geholt. Ich bin nicht sicher, ob ich mich darüber beschweren sollte.«
    »Es ist Sonntag.«
    »Arbeitest du heute nicht?« Über das T-Shirt von Robin hinweg, das sie gerade faltet, mustern mich ihre Augen gelassen und neugierig. Sie sind genau wie Robins, grün mit goldenen Sprenkeln. Meine sind einfach nur braun, so wie getrockneter Schlamm.
    »Ich habe gestern gearbeitet«, erzähle ich ihr und atme noch einmal den koffeinschwangeren Duft meines Kaffees ein. Samstags ist Mom immer früh auf und schnell aus dem Haus, weil es der hektischste Tag im Salon ist. Robin hat meistens ein Spiel und verbringt den Nachmittag bei Mom, wo sie ihre Hausaufgaben macht und Anrufe am Empfang entgegennimmt.
    »Hast du heute irgendwelche Hausaufgaben zu erledigen?«
    »Wie immer«, stöhne ich und durchwühle die Wäsche, weil ich einen Zipfel meines Lieblings-T-Shirts entdeckt habe. »Und ich gehe nachher noch zu Becker.«
    Mom macht unverbindlich »hmm«, aber ich spüre, wie sie mich beobachtet, während ich meinen Kaffee austrinke und den Becher in die Spüle stelle. Ich finde es schlimm, dass sie mir nicht mehr vertraut, aber noch viel schlimmer ist, wie recht sie damit hat. Die Hälfte von dem, was ich ihr erzähle, ist gelogen, und ich vermeide, ihr in die Augen zu sehen, wann immer es möglich ist.
    Sogar jetzt überlege ich, ob ich auf dem Heimweg die Clark nehmen könnte und rüber zur Rosewood und auf den Garagendachboden, bevor ich nach Hause komme. Ich habe Danny noch nie einen ganzen Tag allein gelassen, und er war seltsam letzte Nacht, seine Finger, die mit meinen verschränkt waren, drückten viel zu fest zu, als ich ihm Auf Wiedersehen sagte.
    Peng. Ich kann es noch immer hören, sehe noch immer sein Gesicht vor mir, in Stein gemeißelt, ausdruckslos, die Augen stumpf und leer. Ich drehe mich um und greife blindlings über die Anrichte nach dem Obstkorb, nach irgendetwas, auf das ich meine Aufmerksamkeit richten kann.
    Ich schäle mir eine Banane, als Robin polternd in die Küche stürmt. Mit einer Hand balanciert sie den Fußball, ihre Sporttasche hat sie sich über die Schulter geworfen.
    »Oh, seht nur, wer von den Toten auferstanden ist«, sagt sie, und ich verschlucke mich dermaßen, dass ich fast an meiner Banane ersticke.
    »Glaub bloß nicht, dass ich dir dankbar dafür bin«, würge ich einen Moment später hervor, weil ich registriere, wie Mom die Stirn runzelt. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass Fußball ein Freiluftsport ist?«
    »Was auch immer.« Obwohl sie erst zwölf ist, hat sie es bereits voll drauf, das muss ich zugeben. »Ich bin das einzige Mädchen in der Mannschaft, das den Ball anständig köpfen kann, und ich muss viel üben.«
    Ich rolle mit den Augen, auch wenn es irgendwie cool ist. Ich war bei einigen ihrer Spiele, und sie ist richtig gut, ein stämmiger, kleiner Blitz auf dem Rasen, die Füße ständig in Bewegung. Sie liebt Sport in dem Maße, in dem ich ihn … nun ja, verabscheue, und ich bewundere sie dafür.
    Aber das würde ich ihr niemals auf die Nase binden. Sie ist auch so schon eingebildet genug.
    Sie durchsucht den Kühlschrank nach etwas, als Mom sagt: »Soll ich dich bei Becker vorbeifahren?«
    Ich frage mich, ob sie weiß, wie lang ich jedes Mal brauche, wenn ich zu Fuß dort hingehe. Nicht, weil es besonders weit wäre, sondern weil ich es hinauszögere. Ryan und ich wechseln uns ab, Becker zu besuchen, aber ich hasse es. »Nö, ich komm schon klar.«
    »Wie du meinst.« Sie steht auf und legt das letzte gefaltete T-Shirt oben auf den Stapel, und eine Minute lang möchte ich meinen Kopf an ihrer Schulter vergraben, ihr erzählen, ich sei mir nicht sicher; dass ich gar nicht hingehen möchte, dass ich sie brauche, damit sie alles in Ordnung bringt. Aber der Zeitpunkt, an dem ich das hätte tun können, ist längst verstrichen.
    Stattdessen lasse ich sie mein Haar verstrubbeln, als sie an mir vorübergeht. »Ich denke, ich hole Robin vom Training ab, vielleicht fahren wir in die Mall. Ich wette, ihr zwei könntet ein paar Wintersachen gebrauchen. Und am besten essen wir dort auch zu Mittag, Binny.«
    »Echt?« Robin strahlt. Sie dreht sich, um ihr Wasser auf der Anrichte abzustellen, und der Fußball entgleitet ihr – nur für einen Moment. Als sie ihn entdeckt, hängt er in der Luft wie ein taumelnder kleiner Planet, und ich spüre, dass die Luft sich auflädt, dicht und schwer wird wie vor einem Gewitter.
    Sie blinzelt überrascht

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