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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Garvey
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öffnen und alles rauszulassen, so wie ich es getan habe, als mir klar wurde, dass Gabriel weiß, was ich bin.
    »Das steht hier nicht zur Debatte«, sagt Mom mit viel zu ruhiger, beherrschter Stimme. Ich sehe, dass sie sich zusammenreißt und das hasse ich. Wenn ich hier ausflippe, will ich, dass sie ebenfalls ausflippt. Mehr noch, ich will, dass sie mir zur Abwechslung mal die Wahrheit sagt.
    »Ach nein? Nun, ich bin nicht tot und nicht schwanger und ich nehme keine Drogen, also gibt es nichts, weswegen du dir Sorgen machen müsstest, okay?« Ich verschränke die Arme vor der Brust und blicke trotzig zu ihr hoch. Ihre Augen blitzen wütend auf. »Du hast deine Geheimnisse, ich habe meine.«
    »Schluss.« Das Zimmer wird von einem knisternden hellen Blitz erleuchtet, aber es ist kein Blitz, es ist Mom, und ich muss mich extrem am Riemen reißen, um mich nicht in die Kissen hinter mir zu verkriechen.
    »Warum, Mom? Weil ich endlich einmal ehrlich bin?« Ich weiß, dass Robin uns bestimmt hört – zum Teufel, wahrscheinlich kann uns die ganze Nachbarschaft hören –, aber das ist mir egal.
    »Du verstehst das nicht, Wren.« Der ganze Raum pulsiert immer noch von den abebbenden Energiewellen ihres Ausbruchs, als würde ihr Herzschlag von den Wänden und der Luft zurückgeworfen. »Du weißt nichts darüber.«
    »Dann erzähl es mir! Erzähl es uns!« Ich schüttle den Kopf. Sie macht sich keine Vorstellung davon, wie falsch sie liegt. »Ich kann Dinge tun , Mom. Und Robin ebenfalls. Hast du gedacht, das würde uns nicht auffallen?«
    »Wren«, setzt Mom warnend an und hebt die Hand, aber ich ignoriere sie.
    »Nein!« Ich bin auf die Füße gesprungen und praktisch am Kreischen, aber es fühlt sich gut an. Die Worte strömen aus mir heraus wie die heißen, bitteren Tränen, die über mein Gesicht rinnen. »Vergiss es, Mom. Ich habe es satt. Ich habe es satt, so zu tun, als wäre nichts. Ich habe es satt, die Dinge zu ignorieren, die du nicht erklären willst. Sie sind Teil von mir, Teil von uns, unserer gesamten Familie, und nicht mal die haben wir noch. Du redest nicht mehr mit Tante Mari und Gram ist tot und Dad hat uns verlassen und ich weiß, es hat etwas zu tun … mit dem hier.« Ich wedle mit den Armen durch die Luft, als würde ich alles mit einschließen, und lasse die Energie, die in mir brodelt, in lautlosen, pulsierenden Wellen aufbranden und an den Fensterläden rütteln.
    »Du weißt rein gar nichts darüber«, sagt Mom und macht einen Schritt auf mich zu. Auch sie weint jetzt. »Du weißt nicht …«
    Was immer es ist, sie kann sich nicht überwinden, den Satz zu beenden, und ich schüttle den Kopf.
    »Nun, ich bitte dich, es mir zu erzählen«, sage ich und wische mir mit dem Handrücken über die Wangen. »Es ist auch mein Leben, Mom! Es ist mein Leben, es geht um mich und du tust so, als wäre dieses ungeheuer große Ding einfach … nichts. Ich habe es satt. Einfach satt.«
    Ich springe auf, bevor sie reagieren kann, poltere die Treppe hinunter, schnappe mir meinen Rucksack und bin längst über alle Berge, als das Gewitter mit Donner und strömendem Regen losbricht.
    Es gibt nur einen Ort, an den ich gehen kann, und als Gabriel mir die Tür des Appartements öffnet, sieht er genauso ausgelaugt und kaputt aus, wie ich mich fühle.
    »Was ist los?«, frage ich ihn geradeheraus, aber er tritt nur einen Schritt zurück, damit ich an ihm vorbei ins Wohnzimmer blicken kann.
    Wo Danny auf und ab tigert, eine bleiche Säule von einem Jungen, der sich extrem gerade hält, während er zwischen Fenster und gegenüberliegender Wand hin und her wandert. Er murmelt etwas vor sich hin, auch wenn ich nicht verstehe, was er sagt.
    Als er sich umdreht, entdeckt er mich, und sein Gesichtsausdruck verändert sich schlagartig. Er sieht nicht überglücklich aus, wie es sonst der Fall war, aber wenigstens macht er auch nicht den Eindruck, als wolle er sich jeden Moment auf mich stürzen und mich erwürgen.
    »Wren.«
    Ich schlucke meine Angst hinunter und betrete das Zimmer, während Gabriel die Wohnungstür hinter mir schließt. Nach der Geschichte mit Mum bin ich kein bisschen bereit für das hier, aber es ist nicht so, als hätte ich eine Wahl. Und ich will wissen, was los war, wie er aufgewacht ist, wie Gabriel es geschafft hat, ihn zu beruhigen.
    »Du warst weg«, sagt Danny, als ich nur noch eine Armlänge von ihm entfernt bin und packt mich bei den Schultern, um mich an sich zu ziehen.
    Nach dem warmen Druck von

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