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Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Deine Lippen, so kalt (German Edition)

Titel: Deine Lippen, so kalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Garvey
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eigentlich seit Monaten tot und begraben sein sollte.
    Es ist surreal, die beiden zusammen zu sehen, hell und dunkel, groß und größer, zwei Jungen, die sich nichts zu sagen haben sollten, aber trotzdem im selben Raum sitzen und über mich reden. Ich schließe einen Moment die Augen und drücke mit meinen Fingern auf die Lider, fest, bis dahinter blendend helle Sterne explodieren. Mein Leben kann unmöglich noch schizophrener werden.
    »Ich liebe Wren«, wiederholt Danny, aber dieses Mal klingt er, als müsse er überzeugt werden. Er sieht mich an, die dunklen Augen groß und ausdruckslos, und dann Gabriel, und seine Brauen verziehen sich zu einem Runzeln »Wren?«
    »Hast du ihm die Sache mit dem Comicstrip erzählt?«, frage ich schnell.
    Es ist das Erste, das mir in den Sinn kommt und etwas, das er über alles liebt, aber er lässt sich jetzt nicht von mir ablenken. Er verlagert sein Gewicht auf dem Sofa, greift wieder nach meiner Hand und drückt so fest zu, dass ich kurz das Gesicht verziehe.
    »Wren?«
    Die unausgesprochene Frage ist klar: Wer ist dieser Kerl? Danny war nie der eifersüchtige Typ – nicht, dass er dafür einen Grund gehabt hätte –, aber das hier ist nicht wirklich Danny. Nicht mehr. Und was von dem Jungen, den ich geliebt habe, noch da drinnen steckt, fühlt sich verraten und ist vollkommen verwirrt und außer sich vor Angst.
    Gabriel schweigt angespannt und ich kann nicht erkennen, ob er jeden Moment die Beine in die Hand nehmen oder sich auf Danny stürzen wird. Ich möchte weder das eine noch das andere, also zupfe ich vorsichtig an Dannys Hand und ziehe ihn mit mir auf die Füße, während ich vom Sofa aufstehe.
    »Warum gehen wir nicht ins Schlafzimmer und reden allein weiter?« Mein Herz stolpert unangenehm in meiner Brust, aber nur, weil ich plane, das ganze Reden zu übernehmen, und schon jetzt um die passenden Worte ringe.
    Einen Moment rührt er sich nicht, und sein Blick ist unverwandt auf Gabriel gerichtet. Es ist, als wäre ihm gerade erst klar geworden, dass der Typ, der sich die ganze Zeit mit ihm unterhalten hat, in irgendeiner Verbindung zu mir stehen muss, und der Ausdruck auf seinem Gesicht beginnt mich zu ängstigen. »Danny.« Ich konzentriere mich, unterfüttere das Wort mit einem bisschen meiner Macht, und es pulsiert als vibrierendes Echo in der Stille, bis der Blick seiner Augen zu mir schweift. Sein Ausdruck wird weicher, gerade genug, und ich ziehe ihn mit mir in Gabriels Zimmer, solange er mitspielt.
    Es ist dämlich, aber nachdem ich die Tür hinter uns geschlossen habe, kommt mir der Gedanke, dass ich Gabriels Zimmer gerade zum ersten Mal sehe – und zwar ohne ihn. Noch dazu mit einem anderen Jungen. Einem Jungen, den ich nach wie vor liebe.
    Zimmer verraten viel über ihre Bewohner, finde ich. Oder vielleicht bin ich auch nur neugierig. Aber es hat mich schon immer fasziniert, Dinge im Zimmer von jemandem zu entdecken, mit denen man nicht gerechnet hätte. Das überdimensionale Poster von Taylor Lautner mit nacktem Oberkörper in Darcias Zimmer, zum Beispiel. Das Buch über finanzielle Unabhängigkeit für Frauen neben Tante Maris Bett.
    Aber ich habe keine Zeit, über das Nichtvorhandensein von Sachen in Gabriels Zimmer nachzugrübeln, was der verblüffendste Aspekt an ihm ist. Anstelle eines heimlich geliebten Teddybärs oder der CD einer grauenvollen Boyband gibt es nichts außer seinen Klamotten, einem Kleiderschrank und seinem Bett.
    Und zum Bett führt Danny mich sofort, setzt sich ohne Umschweife darauf und zieht mich mit sich. Ich versuche nicht, mich zu befreien – meine Macht war immer größer, wenn wir uns berührten. Ich denke an die Zeit zurück, als es einfach nur Liebe war, pure Glückseligkeit, die aus jeder Pore strömte, etwa so, wie meine Kräfte unentwegt an mir zerren, wenn ich wütend oder aufgebracht bin.
    Aber jetzt? Wer weiß. In mir tobt gerade eine Mischung aus fast allem davon.
    »Wren, ich möchte …«
    Ich bringe ihn mit einem Finger, den ich auf seine Lippen presse, zum Verstummen. »Schhh.«
    Er blinzelt einmal, abwartend, und ich sammle alles in mir, befehle es in meine Mitte, und spüre, wie es zu einem stark pulsierenden Energieball wächst. Schlafe, denke ich und richte das unausgesprochene Wort an ihn. Schlafe fest. Ich wecke dich wieder. Schlafe bis dahin. Schlafe fest.
    Ich habe noch nie etwas wie das hier getan, nicht, ohne den Zauber laut auszusprechen, aber es scheint zu funktionieren. Nach einer Weile blinzelt

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