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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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eigentlich zu Hause, hier liegt die einzige Bestimmung, die ich bisher in meinem eigenartigen Leben ausmachen konnte.
    Ich helfe den Menschen, auf meine spezielle Art und Weise.
    »Guten Morgen, Mr Andrews«, begrüßt mich unsere Sekretärin.
    Wie immer strahlt sie über das ganze Gesicht. Wahrscheinlich, schießt es mir in diesem Moment durch den Kopf, wacht sie morgens schon mit einem breiten Grinsen auf.
    Sie ist so winzig, dass sie nur schwerlich über die Ablage, hinter der sie sitzt, spähen kann. Dieser Anblick bringt mich jedes Mal erneut zum Lächeln und lässt mich für einen kurzen Moment alles andere vergessen.
    »Guten Morgen, Mary«, erwidere ich und lege ihr, wie an jedem Morgen, einen Schokoriegel auf den Tresen. Heute ist es Haselnuss, ihre Lieblingssorte.
    »Oh, tun Sie das nicht! Nicht schon wieder! … Das ist so gemein! Sie wissen genau, dass ich nicht widerstehen kann.« Mary verdreht ihre Augen, in einem kläglichen Versuch, genervt zu wirken. »Ich liebe Schokolade, und Ihretwegen werde ich eines Tages noch aus allen Nähten platzen, Mr Andrews.« Vorwurfsvoll sieht sie zu mir auf, doch die Halbherzigkeit ihres Protests ist allzu offensichtlich.
    »Und Sie wissen genau, dass auch ich nicht anders kann, Mary. Bei Ihrem Anblick regt sich sofort mein fürsorgliches Herz und mit ihm das Bedürfnis, Sie zu füttern. Sie sind einfach viel zu … wenig! Essen Sie doch ein bisschen mehr, dann lasse ich Sie auch in Ruhe! ... Andernfalls muss ich davon ausgehen, dass Ihr ständiges Gezeter nichts weiter als heiße Luft ist, und Sie insgeheim auf Ihren morgendlichen Imbiss warten.«
    Nun wirkt die Empörung, die sich in ihrem Gesicht widerspiegelt, schon aufrichtiger – doch nur für einen kurzen Moment. Dann lacht sie und wirft mir einen funkelnden Blick zu.
    »Der Punkt geht an Sie.«
    Schon reißt sie das Silberpapier des Schokoriegels auf. Mit nur zwei großen Bissen stopft Mary ihn sich in den Mund; kauend liest sie mir meine ersten Termine vor. Aus ihrem breiigen Genuschel kann ich jedoch nichts Brauchbares heraushören.
    »Mary! Seien Sie doch so lieb und schlucken Sie zuerst runter. Ich verstehe kein Wort.«
    Sie kichert hinter vorgehaltener Hand.
    Ich mag ihre Stimme. Sie klingt hell und mädchenhaft – irgendwie erfrischend. Endlich ist sie bereit, weiterzusprechen.
    »Also, Mrs Jordan wartet auf Sie zur Massage, danach Mr Scott, zur Rückengymnastik. Allerdings haben wir bereits zwei Schmerzpatienten im Wartezimmer. John übernimmt die hübsche junge Frau …«, an dieser Stelle blickt Mary mich eindringlich an und zieht ihre Augenbrauen vielsagend hoch, »… den älteren, leicht tattrigen Herrn sollen Sie dazwischenschieben. Sagt er.«
    Nun grinst sie breit. Die letzten Worte, die ihren Weg über Marys pink geschminkte Lippen finden, sind nicht mehr als ein verschwörerisches Flüstern: »Megan hat angeblich keine einzige freie Minute mehr – wie immer.«
    Schon klar, alles beim Alten.
    »Okay, kein Problem! Wie heißt der gute Mann denn, den John mir zugedacht hat?«
    »Oh nein!« Energisch schüttelt Mary ihre hellblonden Korkenzieher-Locken. »Nehmen Sie sich bloß zuerst Mrs Jordan vor, sonst rastet die noch aus.«
    Sich der schützenden Höhe des Tresens bewusst, lässt Mary den Zeigefinger neben ihrer Schläfe kreisen, schielt dabei und streckt ihre schokogefärbte Zunge ein Stück weit heraus. Die Geste ist eindeutig – und nicht völlig unberechtigt. Mrs Jordan ist nicht gerade leicht zu handhaben.
    Ich spare mir einen Kommentar und wende mich ab.
    Im Türrahmen zum Wartezimmer rufe ich den Namen meiner Stammpatientin auf und warte, bis sie ihr Handygespräch beendet hat.
    »Ja, ja! Machen Sie es einfach so, wie ich es gesagt habe, George. Es interessiert mich nicht die Bohne, was Jeff sagt. Wenn Ihnen Ihr Job lieb ist, dann tun Sie einfach nur das, was ich Ihnen sage, verstanden?«
    Die letzten Worte zischt sie wütend in das winzige Mobiltelefon hinein und drückt ihren Gesprächspartner dann einfach weg, ohne sich zu verabschieden. Als sie sich mir zuwendet, verzieht sich ihr vor Ärger zusammengekniffener Mund von einer Sekunde auf die andere zu einem breiten Lächeln, welches ihre Augen nicht einmal annähernd erreicht.
    »Mr Andrews, bitte entschuldigen Sie«, säuselt sie in einem Ton, der so zuckersüß ist, dass man allein vom Zuhören schon Gefahr läuft, Karies zu bekommen. Dann ändert sich ihre Miene, wird wieder ernster, und die markante Verbissenheit kehrt auch in

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