Deine Seele in mir /
zukünftigen Großeltern dazuholen«, sagt sie lächelnd.
Ich öffne die Tür und winke einen zögerlichen Tom und eine aufgeregte Kristin herein.
Sie bleiben still im Hintergrund stehen, an Amys Kleiderschrank gepresst, während die Ärztin mich auf den Stuhl direkt vor den Bildschirm verweist. »Also ...«, beginnt sie, nachdem ihre Hände mit dem Ultraschallstab wieder zwischen Amys Beinen verschwunden sind, »... genau hier haben wir die Fruchtblase, und hier sehen Sie Ihr Baby.«
Diese Worte allein treffen mich schon so warm, dass mein Herz einen Sprung in meiner Brust macht. Ohne nachzudenken, drücke ich Amys kühle Finger, die selbst von der nervösen Hitze meiner Hand völlig unangetastet geblieben sind. Ich führe sie an meine Lippen und küsse sie, jede Spitze einzeln.
Ein zappelndes Etwas wird auf dem Bildschirm sichtbar, man erkennt bereits deutlich die Arme und Beinchen. In dieser reglosen Frau, die ich so sehr liebe, tobt das kleine Wesen regelrecht vor sich hin.
»Das Baby ist absolut zeitgerecht entwickelt. Fortgeschrittene dreizehnte Woche, würde ich sagen«, bestätigt die Ärztin zufrieden, nachdem sie allerhand Messungen vorgenommen hat. Dann deutet sie auf einen kleinen flimmernden Punkt.
»Sehen Sie? Das ist das Herzchen. Keine Sorge, das schlägt bei diesen Winzlingen immer so schnell.«
Den Herzschlag meines Kindes zu sehen ist ein einmaliges Gefühl, und die Tränen, die in mir aufsteigen, sind halb in glücklicher Rührung und halb in Trauer begründet.
Es ist so unfair, dass Amy dieses Kind in sich trägt und es nicht mal weiß. Wie schön wäre es, ihre Freude zu erleben.
»Kann man denn schon sehen, was es wird?«, fragt Tom.
Kristins lautes Lachen mischt sich mit dem unterdrückten Gekicher der jungen Ärztin, und ich bin erleichtert, diese offensichtlich naive Frage nicht gestellt zu haben.
»Nein!«
Synchron schütteln beide Frauen den Kopf.
»Das ist noch mindestens einen Monat zu früh. Mit diesem Gerät zumindest. Es gibt welche, die wesentlich besser sind, aber auch für diese Geräte wäre es jetzt noch sehr früh«, erklärt die Ärztin uns geduldig.
Als sie die Untersuchung abschließt, notiert sie alle Werte und händigt mir ein Heft mit der Aufschrift
Mutterpass
aus.
»Den nehmen Sie an sich!«, ordnet sie an. »Er wird zu jeder Untersuchung und natürlich bei der Geburt gebraucht.«
Ich nicke mit roten Ohren, bin ich doch wohl der einzige Mann auf der Welt, der nun einen Mutterpass bei sich trägt.
Zum Schluss holt die nette Ärztin noch eine DVD aus ihrem Laptop und schneidet mir eins der ausgedruckten Ultraschallbilder ab. »So, ein Beweisfoto für den stolzen Vater, und hier ist die gesamte Ultraschalluntersuchung drauf«, sagt sie lächelnd und tippt auf die DVD. Dann bekommt ihr Gesicht plötzlich einen bedauernden Ausdruck.
»Ich hoffe wirklich, dass Ihre Verlobte bald wieder in der Lage sein wird, sich diese Aufnahmen mit Ihnen gemeinsam anzusehen.«
»Danke«, erwidere ich lächelnd. Ich könnte ihr um den Hals fallen, so viel bedeutet mir diese kleine runde Scheibe.
Es ist ein sonniger Mittwoch, mitten im Juni, als Tom mich in der Praxis anruft und auffordert, nach der Arbeit zum Grundstück zu kommen.
Als ich dort eintreffe, traue ich meinen Augen kaum.
Die riesigen Bäume sind bereits gefällt. Gerade werden die letzten Äste abgetrennt, die meisten Stämme bilden schon einen enormen Stapel am Rande des gelichteten Grundstücks.
»Brennholz habt ihr in den nächsten Jahren jedenfalls mehr als genug, mein Junge!«, ruft Tom mir zu.
»Du hast mir gar nicht erzählt, dass es heute losgeht.«
Er lacht. »Das nennt man Überraschung, Matt! Morgen fangen wir richtig an. Der Bagger da drüben …«, er zeigt auf ein wahres Schaufelmonstrum, »... wird mit den Aushebungen beginnen und die ersten Stützen setzen.«
Aus den Augenwinkeln heraus scheint Tom plötzlich etwas zu entdecken, das ihm nicht passt. Sofort wendet er sich ab. »Oh, nein, nein! Wartet, die Schlinge müsst ihr so setzen, dass …«
Seine Stimme wird vom Lärm der Maschinen geschluckt, als er den Bauplatz überquert und zu den Arbeitern läuft, die noch immer mit dem Roden beschäftigt sind. Mich lässt er einfach stehen.
Tom ist voll in seinem Element, das ist deutlich zu spüren. Ein Teil seiner Begeisterung springt tatsächlich auf mich über.
»Hallo!«, ruft eine freundliche Stimme direkt hinter mir. Ich drehe mich um und blicke in ein sympathisches Gesicht.
Die Sägen
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