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Deine Seele in mir /

Deine Seele in mir /

Titel: Deine Seele in mir / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Ernst
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Schwester ist, umso schmerzlicher wird mir bewusst, wie sehr ich Amy wirklich vermisse. »Matt?«
    »Hm?«
    Erwartungsvoll sieht Elena mich an. Verdammt, hat sie mich etwas gefragt? Was habe ich nun schon wieder verpasst?
    Ich muss mich wirklich besser konzentrieren. Meine geistige Abwesenheit nimmt langsam beunruhigende Ausmaße an. Andauernd drifte ich ab und suche Amy in immer tiefer werdenden Tagträumen auf. Ich denke an unsere gemeinsamen Erlebnisse und an die Pläne, die wir für unsere Zukunft geschmiedet hatten. Unser Haus, die Praxis ...
    Ich denke an ihr Lachen, an unsere Schneeengel und daran, wie sie trotz der Kälte mit nackten Füßen im Pazifik stand.
    Ich denke an unsere intimen Momente, an die unglaublichen Zärtlichkeiten, die wir austauschten. Ihre zarten Fingerspitzen auf meiner Haut, meine Lippen auf ihren, ihr warmer Atem an meinem Hals. Ich denke an ihr heimliches Lächeln –
mein
heimliches Lächeln, weil sie es nur mir schenkte. Ich denke an den rötlichen Schimmer, den ihre Haare im Sonnenlicht bekamen.
    Ich denke an das vollkommene Glück, mit ihr in meinen Armen einzuschlafen und auch wieder aufzuwachen. Ich denke an all die Momente, in denen sie nach einem tiefen, erholsamen Schlaf die Augen aufgeschlagen hatte – und an die Erleichterung, die ich dabei jedes Mal empfand.
    »Es ist, als würdest du zurück ins Leben kommen.«
    »Hm … schon wieder.«
    In der Praxis fällt es mir zunehmend schwerer, in die Visionen zu finden, die ich so dringend brauche, um meine Patienten entsprechend zu behandeln. Die nötige Geduld für Mrs Jordan aufzubringen ist fast schon unmöglich. Wirklich – ich muss mich besser konzentrieren!
    »Wie geht es Amy, Matt?« Elenas Stimme dringt nur gedämpft zu mir durch. Mit Sicherheit ist es eine Wiederholung ihrer Frage.
    »Unverändert schlecht«, gestehe ich niedergeschlagen. »Es bringt mich noch um den Verstand, sie so zu sehen, Lena. Irgendetwas stimmt nicht mit ihr. Vorher hatte ich immer noch eine gewisse Verbindung zu ihr, aber nun … Sie ist völlig weg. Ich spüre es. Und es geht ihr nicht gut.« Elena schaut mich traurig an. »Dir aber auch nicht, oder? Du siehst jedenfalls schrecklich aus. Tut mir leid, das so unverblümt zu sagen.«
    »Nein, ist schon okay. Ich weiß, dass du recht hast.« Sogar in meinen eigenen Ohren klingt meine Stimme matt.
    »Komm Matty, ich will sie sehen«, sagt Elena. Sanft streicht sie über meinen Oberarm.
    Als wir in meinem Wagen sitzen und auf der breiten Landstraße zurückfahren, schaut sich Elena neugierig um. »Es ist irgendwie komisch für mich, hier zu sein. Ich bin sehr gespannt auf Kristin und Tom. Amy hatte wirklich Glück, als Kind von so lieben Eltern wiedergeboren zu werden.«
    Einen Augenblick lang denkt sie schweigend nach, dann sieht sie mich von der Seite an. »Wenn sie sich von ihren Erinnerungen hätte trennen können, wäre es vermutlich besser für sie gewesen, oder?«
    Mit dieser Frage trifft Elena einen extrem wunden Punkt bei mir. Sie scheint es zu spüren. »Was?«, fragt sie und sieht mich dabei noch durchdringender an als zuvor.
    »Ich habe nichts gesagt.«
    »Eben. Sag, was du nicht gesagt hast!«, fordert sie lächelnd.
    Verdammt, sie ist wirklich wie Amy.
    »Was du da eben gesagt hast – dass Amy hätte loslassen sollen. Genau dieser Gedanke verfolgt mich, seitdem sie wieder erstarrt ist«, gestehe ich.
    »Warum?«
    »Weil … weil
ich
es war, der sie damals gebeten hat zu bleiben. Als sie starb, meine ich. Ich konnte nicht sprechen, weil ich geknebelt war, aber wir sahen uns an und … in Gedanken schrie ich förmlich nach ihr. Ich bettelte, sie solle mich nicht allein lassen. Amy verstand meinen Blick. Wie immer.«
    Ich muss einige Male schlucken, als die Bilder wieder in mir hochkommen, doch erstaunt stelle ich fest,
dass
ich darüber sprechen kann. Elena wartet geduldig.
    »Irgendwie fühle ich mich schuldig an ihrem Zustand. Ich hätte sie gehen lassen sollen.«
    »Du glaubst, Amy konnte dein Bild nicht auslöschen und folgte deiner Bitte, dich nicht allein zu lassen?«, fragt sie leise.
    Ich zucke mit den Schultern. »
Amy
meint, dass es so war. Sie ist der festen Überzeugung, dass die Seele eines Menschen zwar von Leben zu Leben erhalten bleibt, beim Tod jedoch alle bisherigen Erinnerungen gelöscht werden. Und das habe ich ihr wohl vermasselt.«
    Elena legt eine Hand auf meinen Oberschenkel. »Nein, Matty, du darfst dir doch nicht die Schuld dafür geben. Du warst noch ein

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