Deine Seele in mir /
dort ... ist mir so fremd. Das bin doch nicht ich.« Ein bitteres Lachen entringt sich ihrer Kehle.
In der entstehenden Stille trifft mich die Bedeutung ihrer Worte zwar leicht verspätet, dafür umso tiefer. Sie war bei mir gewesen. Amy war tatsächlich die ganze Zeit über bei mir gewesen.
Ich war nie so allein gewesen, wie ich mich gefühlt hatte; es gab einen Grund dafür, dass ich überlebt hatte. Warum hatte ich sie nicht bemerkt? Um wie viel stärker wäre ich mit ihr an meiner Seite gewesen ...
Noch ehe ich dazu komme weiterzugrübeln, trifft mich Amys trauriger Blick aus dem Spiegel heraus und macht mir klar, dass ich schnell handeln muss. Meine Umarmung festigt sich im selben Augenblick. »Hey! Weißt du, was Shakespeare mal geschrieben hat, Amy? Er schrieb: Würde eine Rose nicht ebenso lieblich duften, wenn wir sie nicht mehr Rose nennen? Und siehst du, ich finde, das trifft es genau. Ich meine ... was macht einen Menschen denn aus? Sein Name? Sein Aussehen? Nein! Gerade du solltest doch wissen, dass unsere Körper nur die Hüllen für das eigentlich Wesentliche sind. Für unsere Seelen. So, wie du hier stehst – schau dich an ...«
Mit dem Kinn weise ich auf ihr Spiegelbild.
Amy löst ihren Blick nur unwillig von meinem und betrachtet nun wieder sich selbst – zögerlich und nach wie vor skeptisch –, während ich behutsam fortfahre. »... mit braunen, langen Locken, grünen Augen und blasser Haut ... bist du dennoch eindeutig
du.
Ich erkenne dich. Alles, was ich so sehr an dir ... mochte.«
Der Spiegel ist äußerst unbarmherzig. Er zeigt nur zu deutlich, wie rot ich bei meinem Geständnis werde. Doch zumindest lächelt Amy wieder, und das ist alles, was zählt. Eine Ewigkeit verstreicht, bis ihre helle Stimme die Stille durchbricht. »Matty, darf ich dich etwas fragen?«
»Klar, alles«, erwidere ich schnell und bereue es fast im selben Moment schon wieder. Amy ist eine dieser Personen, die solch ein Zugeständnis durchaus ausnutzen könnten. Ohne weitere Erklärungen streift sie meine Arme von ihrer Taille ab, fasst mit überkreuzten Händen nach den Seiten ihres Pullovers und zieht ihn sich in einer fließenden Bewegung über den Kopf. Mit offenem Mund starre ich sie an.
Was, zum Teufel ...?
Langsam sieht sie in ihrem Spiegelbild an sich herab und lässt die Hände dabei über ihren Körper gleiten.
Ich weiß nicht, ob ich es richtig deute, aber es kommt mir so vor, als ob sich Amy in diesem Moment zum ersten Mal bewusst mit ihrem neuen Körper anzufreunden versucht. Die Intimität dieses Augenblicks raubt mir den Atem, und die aufsteigende Hitze lässt nun sogar meine Ohren glühen. Wie ein schüchterner Junge stehe ich hinter ihr, den Blick auf meine Zehen gerichtet, und wippe in meinem Unbehagen von einem Fuß auf den anderen. Ich traue mich einfach nicht, zu ihr aufzublicken.
»Hey, sieh mich an!«, kommandiert Amy plötzlich.
Ich komme ihrer Aufforderung nur sehr zögerlich nach. Sie sieht wirklich aus wie ein Engel. In dunklen Wellen fallen die Haare bis weit über ihre Schultern hinab, und ihre Wangen sind ebenso rot und heiß wie meine. Eine Tatsache, die mich ein wenig beruhigt.
Dennoch scheint Amy wesentlich gefasster zu sein als ich. »Öffne den Verschluss«, fordert sie schlicht, aber eindeutig.
»Amy ...« Hastig schüttele ich den Kopf.
»Tu es einfach! Bitte!« Ihr Ton hat etwas Zwingendes; es ist klar, dass sie keinen Protest zulassen wird. Ich presse meine Lippen fest aufeinander, unterdrücke den Seufzer in meiner Kehle und öffne mit zittrigen Händen den Verschluss ihres BHs.
Gott, was tue ich hier eigentlich? Tom würde mich im hohen Bogen rausschmeißen, wenn er wüsste, was hier oben vor sich geht. Langsam streift sich Amy die Träger von ihren Schultern und lässt den BH schließlich achtlos an sich herabfallen. Erneut betrachtet sie eingehend ihr Spiegelbild und fährt dabei mit den Fingerspitzen über ihre Brüste.
Ihre Berührungen wirken prüfend, fast wie bei einer medizinischen Untersuchung. Nach einer Weile greift sie nach meinen Händen und zieht sie nach vorne, zurück auf ihren Bauch.
Sanft umschlinge ich sie mit meinen Armen und lehne meinen Kopf an ihr weiches Haar. Das tut so gut, dass ich es nicht schaffe, der Versuchung zu widerstehen. Intuitiv – noch bevor meine Gedanken zu mir aufschließen können – schließe ich die Augen und atme tief ein. Ihr Duft durchströmt mich: Lavendel, Honig und sehr dezent – nicht mehr als eine leise
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