Deine Spuren im Sand
Augenblick an etwas erinnert zu werden, was mir auf grausame Weise verriet, dass ich geistig nicht mehr auf der Höhe war.
Aber zum Glück konnte ich bald aufatmen. Jedenfalls, was meinen Gesundheitszustand betraf. Alles andere war mir derart schleierhaft, als hätte Professor Alzheimer persönlich mir die Hand gedrückt und ich könnte mich nicht daran erinnern.
»Ich bin später noch mal zur Wattrose zurückgekommen«, berichtete Julia. »Papa hatte mir erlaubt, sein Auto zu nehmen, weil Roby keine Zeit hatte, mich aus Keitum abzuholen. Ich wohne ja seit kurzem in Morsum.«
»Und?«, fragte ich atemlos.
Julia wurde verlegen. »Ich wollte wissen, ob du in die Wattrose gegangen bist. Und ob mein Vater sich betrunken hat, als er dich sah. Oder ob er mit einer Herzgeschichte in der Nordsee-Klinik gelandet ist.«
Maik war empört. »Wie du über meine Gesundheit redest!«
Julia winkte ab. »Ich habe durchs Fenster gesehen«, erklärte sie ihrem Vater, »und beobachtet, dass Emily sich gerade von Alex Traum verabschiedete. Dann ist sie aus der Wattrose raus.«
»Na und?«, fragten Maik und ich unisono.
»Ich habe auch gesehen, dass Dr. Traum aus dem Garten kam und ihr hinterherfuhr. Mit seinem altersschwachen Motorrad.«
Schlagartig fiel mir der alte Mann wieder ein, den ich vor dem Hotel Roth beobachtet hatte. Und plötzlich wusste ich auch, dass ich ihn dort nicht zum ersten Mal gesehen hatte. Er war es gewesen, der die Blumen auf dem Grab meiner Eltern begossen hatte. Und er war am Friedhofseingang stehen geblieben und hatte mich beobachtet. Warum?
Noch einmal stellte ich Maik die Frage, die er mir am Abend vorher nicht beantwortet hatte: »Weißt du, wer das Grab meiner Eltern pflegt?«
Maik nickte, ohne mich anzusehen. »Dr. Traum«, sagte er dann.
»Was machst du auf Sylt?«, wiederholte Alex und ließ sich so feierlich und würdevoll auf einem Stuhl nieder, als trüge er einen schwarzen Anzug und nicht einen zerdrückten Pyjama. Er zeigte Berno sein Handy, als sei es ein Beweisstück. »Der Chef hat mich gerade angerufen und mir gesagt, dass du irgendwo in Süddeutschland bist und Hilfe brauchst. Ich soll zu dir fliegen und Fotos abholen, die du letzte Nacht von Emily Funke gemacht hast.«
Berno betrachtete seinen Kollegen aus zusammengekniffenen Augen. »Und nun fragst du dich, was das für Fotos sein sollen?«
Alex zuckte mit den Schultern. »Der Chef sagt, du wärst auf einen Balkon geklettert und hättest die Funke im Bett erwischt. Riskante Sache!«
Berno warf Dr. Traum einen schnellen Blick zu. »Du machst es ja noch raffinierter. Du überlässt deinem Vater das Fotografieren.«
Alex sah aus wie der berühmte Ochs vorm Scheunentor, während sein Vater seinen Arztkoffer einpackte, sortierte, wieder auspackte und noch einmal sortierte, ohne aufzusehen.
»Stimmt, ich bin kein guter Fotograf«, sagte Alex, »aber mein Vater ist noch schlechter. Wie kommst du darauf, dass er für mich Fotos schießt? Und vor allem: Wen sollte er fotografieren?«
»Emily Funke!«
»Ich denke, die ist in Süddeutschland!«
»So wie ich?«
Alex starrte in Bernos Gesicht, als bekäme er zum ersten Mal in seinem Leben etwas vom Weihnachtsmann erzählt. In Berno stieg Ärger auf. Was sollte dieses Theater? Merkte Alex nicht, dass er durchschaut war?
Berno beschloss, sich nicht mit Vorwürfen aufzuhalten. »Woher kennst du Emily Funke? Wieso war sie bereit, mit dir eine Exklusiv-Story zu machen? Und vor allem: Wem willst du sie anbieten?«
Nun wurde aus Alex‘ Entgeisterung Ärger. »Wovon redest du?«
»Von der jungen Dame, mit der du in der Wattrose ein Interview gemacht hast.«
Alex‘ Unterlippe sackte herab. Dann schien er zu verstehen, und sein Gesicht verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Das war doch kein Interview! Das war Lieschen!«
»Lieschen Müller vielleicht?«, höhnte Berno.
»Weiß ich nicht. Ihren Nachnamen hat sie mir nicht verraten. Ich habe sie in Niebüll an der Verladerampe kennengelernt und in der Wattrose zufällig wieder getroffen.«
Dr. Traum erhob sich und ging durch eine Schiebetür, die er offen ließ, ins Nachbarzimmer. Berno vergaß seine Verletzung und wäre sogar beinahe vor Zorn mit dem schmerzenden Fuß aufgetreten. »Nimm mich nicht auf den Arm, Alex! So dumm ist kein Reporter, dass er der Funke gegenübersitzt, ohne es zu merken. Wie hast du das hingekriegt? Warum hat sie ausgerechnet dir verraten, wo sie ist? Und wem willst du die Story verkaufen? Hast du dir
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