Deine Spuren im Sand
zufuhr, wurde für ein paar Sekunden das Glück der Erinnerung verdrängt von dem Schmerz, den ich in diesem Augenblick so jäh empfand, als wäre er ganz frisch und nicht schon so alt wie mein halbes Leben. Könnte ich doch mit meinen Eltern darüber reden! Mit meiner Mutter und mit dem Mann, den ich in Gedanken immer noch meinen Vater nannte.
Ein dunkler Himmel wölbte sich über der Kirche, der weiße Putz leuchtete daher noch heller als sonst. Bald würde es zu regnen beginnen, dann gab es niemanden mehr, der uns begaffen würde. Auch ein Gewitter sollte mir recht sein, da ich zum Glück darauf vertrauen durfte, dass ein Blitzlichtgewitter ausbleiben würde. Nur Alex empfing mich mit seiner Kamera. Und da er die Exklusivrechte an meiner Hochzeit geschenkt bekommen hatte, war ich damit sehr einverstanden.
Als ich auf die Kirchentür zuschritt, fuhr gerade der Geflügelhändler vom Parkplatz. In seinem Wagen herrschte noch immer Aufruhr. Hoffentlich hatte sich jemand gefunden, der Maik die Federn von der Schulter gepustet hatte.
Mein Vater erwartete mich an der Kirchentür. Bewegt schloss er mich in seine Arme, und ich ließ mich nur deshalb nicht von Tränen der Rührung übermannen, weil ich der Maskenbildnerin fest versprochen hatte, aufs Weinen zu verzichten, bis alles vorbei war. Schließlich war es möglich, dass doch irgendein Reporter unsere Pläne durchschaut hatte und am nächsten Tag Fotos in der Zeitung stehen würden, die dann eine glückstrahlende Braut und keine verheulte zeigen sollten.
Ich bezwang meine Rührseligkeit sogar, als mein Vater aussprach, was ich nicht zu denken gewagt hatte: »Wenn das deine Mutter noch erleben könnte!«
Ach, Mama! Warum hast du so lange geschwiegen?
Julia drückte sich an uns vorbei, um als meine Trauzeugin Aufstellung am Altar zu nehmen. Dort warteten bereits mein Mann und sein Trauzeuge. Endlich war ich so weit, das aus meiner Aufregung, meinem Lampenfieber und aus meiner Sorge Glück wurde. Reines Glück! Alles war gut! Mein Vater führte mich zum Altar, mein Bruder begleitete uns mit seinem Fotoapparat, am Altar wartete der Mann, den ich liebte, auf mich.
Nie würde ich die Worte vergessen, die Maik zu mir gesagt hatte: »Du gehörst in diese Welt da draußen. Und ich will nicht, dass du mir dein Talent opferst. Du musst singen, Emily! Alles andere würde dich unglücklich machen.«
Ja, er hatte recht. Es war nicht mehr Liebe, es war die Erinnerung an unsere Liebe gewesen. Nun wusste ich, wohin ich gehörte.
Dankbar lächelte ich Maik an, während ich auf Berno zuging und mich an seine Seite stellte.
Ich danke meinem Sohn Jan und meiner Freundin Gisela Tinnermann, die beide viel Zeit für mich opferten, indem sie das Entstehen dieses Buches begleiteten und mir mit gutem Rat zur Seite standen.
Informationen zum Buch
Liebe, Sand und Sylt.
Emily steht als Sängerin auf der Höhe des Ruhms. Doch glücklich ist sie nicht geworden. Berno, ihre letzte Liebe, hat sie schwer enttäuscht, und dann noch dieser Eklat während einer Talkshow! Emily will nur noch eins: Weg! Sie flieht nach Sylt, wo sie aufwuchs. Zwanzig Jahre war sie nicht mehr dort. Nun steht sie ihrer Vergangenheit gegenüber, dem Geheimnis ihrer Eltern, das sie mit ins Grab nahmen, und ihrer Jugendliebe. Aber auch auf Sylt bleibt sie auf der Flucht: vor den Reportern, vor Berno, der sie zurückgewinnen will, und vor einem Traummann, der keine Ahnung hat, in wen er sich verliebt hat.
Eine wunderbare Liebesgeschichte und eine Liebeserklärung an die Insel Sylt.
Informationen zur Autorin
Gisa Pauly arbeitet seit 1993 als freie Schriftstellerin, Journalistin und Drehbuchautorin. Sie lebt in Münster, Westfalen. Von ihr erschienen die Sylt-Krimis spielt: "Die Tote am Watt", "Gestrandet" sowie "Tod im Dünengras".
Bei Rütten & Loening erschienen von ihr zwei weitere Sylt-Romane „Die Hebamme von Sylt“ sowie „Deine Spuren im Sand“. Im Aufbau Taschenbuch Verlag veröffentlichte sie „Die Frau des Germanen“.
Die Homepage der Autorin: www.gisa-pauly.de
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