Deine Steuern sollst du zahlen (Aargauer Kriminalromane) (German Edition)
bösen Spiel.“
„Wie weit ging das?“
„Keine Ahnung, ich wollte es gar nicht wissen. Ich habe eine sehr lebenslustige Frau.“
Angela schaute ihn fragend an. „Das heisst, Sie sind immer noch miteinander verheiratet?“
„Ja.“
„Und Ihr Verhältnis zu Matossi hat sich nach dieser Bergtour abgekühlt, und nicht erst dann, als er Ihr Chef wurde, sehe ich das richtig?“
„Richtig.“
„Und wie konnten Sie zusammen arbeiten nach so einem Konflikt?“
„Wir gingen einander aus dem Weg. Als er Chef wurde, habe ich mir eine Kündigung überlegt, aber meine Frau hat mich davon überzeugt, das Ganze nicht mehr so tragisch zu nehmen und zu bleiben. Matossi war zwar auf dem Papier mein Vorgesetzter, aber wir hatten praktisch nichts miteinander zu tun. Er hatte seine Fälle, ich meine, und solange ich meinen Job gut machte, hatte er mir nichts zu sagen. Wir sind ganz gut klargekommen in den letzten Jahren.“
„Und warum haben Sie uns das nicht alles schon beim ersten Gespräch gesagt?“
„Damit Sie genau das nicht tun, was jetzt geschieht: ein Mordmotiv konstruieren aus einer Lappalie vor mehr als einem Jahrzehnt. Wollen Sie nicht wissen, wo ich am Sonntagabend und in der Nacht auf Montag war?“ Röllin ärgerte sich sichtbar. „Ich sage es Ihnen: meine Frau und ich waren bei den Nachbarn zum Fondue eingeladen, wir spielten Karten bis Mitternacht, und dann gingen wir schlafen. Der Name der Nachbarn ist Keller, Sie können das gerne überprüfen. Kann ich jetzt gehen?“ Er stand auf und ging zur Tür.
„Nein, bitte setzen Sie sich, Herr Röllin, ich bin noch nicht fertig. Woran arbeitete Matossi? Gab es einen speziellen Fall, dem er sich widmete?“ Angela beobachtete Röllins Gesichtsmuskulatur ganz genau, während er sich unwillig wieder setzte, aber es gab kein verdächtiges Zucken, er schüttelte nur den Kopf.
„Keine Ahnung, aber das werden wir erfahren, sobald die Generalsekretärin seine Dossiers aufteilt. Sie und Regierungsrat Vögtli sind die einzigen, die Bescheid wissen, uns sagte er nie etwas.“
„Wir sind auch auf der Suche nach Freunden und Bekannten, wissen Sie etwas über sein Privatleben?“
Röllin lachte trocken. „Seit der Geschichte mit meiner Frau interessierte mich das einen Dreck. Ich weiss nicht, wo und mit wem er sich herumtrieb. Ich hatte nur zwischen acht und achtzehn Uhr mit ihm zu tun, Montag bis Freitag, und das war genug, glauben Sie mir.“
Angela stand auf und streckte die Hand aus. „Danke, Herr Röllin, das wars für den Moment. Falls Sie noch etwas wissen, das Sie uns mitteilen sollten, sagen Sie es bitte jetzt oder rufen mich an. Das Zurückhalten von Informationen bringt nichts, wir arbeiten gründlich. Auf Wiedersehen.“
Röllin nahm ihre Hand und schaute sie direkt an. „Ich sage Ihnen jetzt noch etwas, und bitte entschuldigen Sie meine grobe Sprache, Frau Kaufmann. Matossi war ein Arschloch, aber kein so grosses Arschloch, dass ich für einen Mord an ihm alles riskiert hätte. Mein Leben gefällt mir zu gut dafür, und er war es nicht wert. Auf Wiedersehen.“
*
Peter Pfister war ein akribischer Ermittler, der nicht mehr zu bremsen war, wenn er einmal anbiss. Er hatte beschlossen, zunächst ein Testament von Matossi zu suchen und vorzugsweise auch zu finden. Sein erster Anruf ging ins Leere: beim Bezirksgericht Aarau beschied man ihm, dass kein letzter Wille eines Gion Matossi hinterlegt war. „Anwälte und Schliessfächer“, murmelte er und begann in Matossis Agenda zu blättern, die auch als Adressbuch gedient hatte. Er fand ein paar Visitenkarten: ein Reinigungsunternehmen, verschiedene Restaurants in der Umgebung, eine Medizinaltechnikfirma, aber keine Anwälte. Er entschied sich, zuerst bei der Bank des Verstorbenen nachzufragen, aber dort biss er auf Granit: man beschied ihm schnippisch, das Bankgeheimnis gelte für inländische Kunden nach wie vor, und übers Telefon erhalte er sowieso keine Auskunft. Er solle persönlich vorbeikommen, wenn er über eine Vollmacht verfüge oder ein Testament vorweisen könne. Arroganter Schnösel, dachte Pfister, aber gut, dann werde ich aus den Bankunterlagen in Matossis Wohnung herausfinden, was Sache ist. Die Miete für ein Schliessfach war normalerweise einmal jährlich auf den Bankauszügen aufgeführt, und es würde nur etwas Zeit kosten, das letzte Jahr zu durchforsten. Er beschloss, vor dem Mittagessen noch die bekanntesten Anwaltskanzleien anzurufen und am Nachmittag in der Wohnung von
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