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Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Titel: Deine Stimme in meinem Kopf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deuticke
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weniger unglücklich, als man aus meinem Schreiben schließen würde, besonders seit der Tag des Eingriffs feststeht. Nach all dem abstrakten, zähen Liebesschmerz endlich etwas Konkretes! Eine Liste mit postoperativen Verhaltensregeln von der Ärztin! Freundinnen, die da sein sollten, um zu überprüfen, ob ich noch atme.
    »Kommt Ihre Mutter her?«, fragt Dr. R, bevor ich mich dem Eingriff unterziehe.
    »Ja.«
    Er wirkt betrübt. Zum ersten Mal spüre ich so etwas wie väterliche Gefühle von seiner Seite. Ich bin traurig, weil ich ihn traurig mache. Und ich nehme mir vor, dass es nie wieder vorkommen wird.
    Da ich noch Wochen warten musste, war mir klar, dass ich genügend Zeit haben würde, darüber nachzugrübeln, ob ich es nicht vielleicht doch behalten und ihm die Chance geben sollte, sich zu einem Baby zu entwickeln. Natürlich habe ich darüber nachgedacht! In meiner Phantasie lebte ich in finanziell gesicherten Verhältnissen und hatte einen Partner. Und der Vater lebte nicht am anderen Ende der Welt.
    Shannon und Bianca waren für mich da. Insgesamt war diese Erfahrung eine der bewegendsten meines Lebens, da sie alle, die mich liebten, zusammenbrachte, von meinen Freundinnen bis hin zu meinen Eltern. Aber schließlich genieße ich den Luxus, mich dem Schmerz hingeben zu können, weil ich ein Mädchen aus dem Mittelstand bin, das in ein engmaschiges familiäres Netz eingebettet ist.
    Ich erholte mich schnell, fast augenblicklich. Beim Aufwachen hatte ich fünf Minuten lang leichte Bauchkrämpfe. Ich musste mich nicht übergeben. Ich ging nach Hause, legte mich ins Bett und schlief für zwanzig Minuten. Als meine Mutter eine Stunde später aus England eintraf, stand ich bereits in der Küche und machte für Bianca einen Toast.
    Für mich war die Abtreibung ein Schlussstrich, da meine Beziehung zum Vater nicht überlebt hat. Er wollte kein Kind, wollte aber, dass ich sein Kind haben will. Aus meiner Sicht war es so: Ich wollte kein Kind, aber ich wollte, dass er mein Kind wollte. Das taten wir auch. Aber in einem Paralleluniversum. Nicht auf dem Niveau der Bilder in der konservativen
Daily Mail
im Sinne von »Das hier hätte ein Mensch werden können!«; es war in seiner Traurigkeit etwas Abstrakteres. Unser amouröses Chaos war eine Sache zwischen Erwachsenen. Meine Weigerung, ein Kind mit hineinzuziehen, war mein erster Akt von Beschützerverhalten. Es war schmerzlich. Es war richtig. Unsere erste und einzige Tat als liebende Eltern bestand darin, das Kind
nicht
zu bekommen. Es war das einzig Liebevolle, das wir je füreinander getan hatten.

16. Kapitel
    Im Flieger zum Sundance-Filmfestival in Salt Lake City setzt sich ein Mann neben mich. Es ist zehn Uhr morgens, und er hat sich die Zeit an der Bar vertrieben, während unser Flugzeug gereinigt wurde. Die Alkoholfahne, die er zum Mittelsitz mitbringt, würde mich stören, wenn er nicht zufällig mein Lieblings-Dramatiker wäre. Sein Können ragt wie ein hoher Berg vor allen Leuten meines Alters auf, die Schriftsteller werden wollen. Irgendwie passend, dass er ungewöhnlich groß ist. Nach dem Flug schickte mir dieser Hüne ein Exemplar seines neuesten Stücks, mit Autogramm und der Anmerkung: »Wenn du dieses Stück nicht brillant findest, musst du geisteskrank sein.«
    Wir haben eine Zwischenlandung in Chicago, aber ich lande nicht in seinem Bett. Das liegt wohl hauptsächlich daran, dass ich in meinem Schlafstrampler in die Hotelbar hinuntergehe, um ihn zu suchen. Doch die ist mittlerweile in einen Nightclub umfunktioniert worden. »Miss«, faucht mich ein Türsteher an, »
so
kommen Sie hier nicht rein!« Die anderen Frauen haben ungelogen Bikinis mit Pelzbesatz an. Als ich mein großes Idol, den ich »Loom« nenne, später an unsere »Beinahe-Romanze« erinnere, sagt er stirnrunzelnd: »Ich hatte an dem Abend nicht vor, mit dir zu schlafen.«
    »Oh«, sage ich. »Ich schon.«
    »Oh«, sagt er. »Flittchen!«
    Zurück in New York, stelle ich fest, dass Simon in der Stadt ist und mich heimlich verfolgt, jetzt ist offenbar er dran. Ich ignoriere ihn.
    Loom und ich gehen abendessen. Was ich nicht weiß, ist, dass Simon während meiner Abwesenheit an meinen Computer ging und meine alten E-Mails las. In einer Mail, von Loom, steht: »Meinst du, wir werden irgendwann miteinander ins Bett gehen?« Ich kenne ihn inzwischen gut und kann seinen Tonfall förmlich hören. Er sagt es so wie: »Meinst du, der neue David-Lynch-Film taugt etwas?«
    Loom und ich sehen

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