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Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Deine Stimme in meinem Kopf - Roman

Titel: Deine Stimme in meinem Kopf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deuticke
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schon drei Mal gelesen und muss sagen, es ist total scheiße.‹«
    »Hätte es noch ein viertes Mal lesen sollen«, sagt Dr. R lachend, »da wird es erst richtig gut.«
    »Aber was soll das heißen? Dass meine Erlebnisse scheiße sind oder mein Schreiben scheiße ist oder dass
ich
scheiße bin?«
    »Emma, so viele Fäkalien in einem Satz!
Skin
ist nun mal starker Tobak. Sie hatten damals auch keine leichte Zeit.«
    »Okay, aber Sie wissen sicher, was J.G. Ballard schrieb: ›Ich will das menschliche Gesicht mit seiner eigenen Kotze beschmieren und es dann zwingen, in den Spiegel zu schauen‹ oder so ähnlich. Mich fasziniert dieser Satz, weil ich einen Hang zu Bulimie habe, nicht wahr?«
    »Er fasziniert Sie, weil Sie einen Hang zu Humanität haben.«
    »Sie finden mich echt nett?«
    »Das
sind
Sie!«
    »Aber ich tue doch diese nicht netten Sachen.«
    »Nein, Sie neigen zu selbstzerstörerischen Handlungen und vergessen manchmal den Unterschied zwischen Dingen, die für Sie selbst zerstörerisch sind, und Dingen, die für andere zerstörerisch sind. Sie müssen einfach nur Letzterem abschwören, das ohnehin nicht Ihrem wahren Wesen entspricht, und über Ihre Anfälle von Selbstzerstörung reden wir dann, wenn es akut ist.«
    »Okay.«
    »Aber im Moment liegt das nicht an.«
    »Warum nicht?«
    »Sie sind älter geworden.«
    »Das ist alles?«
    »Der andere Teil auch.«
    »Ich bin w–?«
    »Sprechen Sie es aus!«
    »Nein, denn dann muss ich Verantwortung dafür übernehmen! Dann muss ich dabei bleiben, verstehen Sie?«
    Er sieht mich intensiv an. »Sagen Sie das Wort, das Ihnen auf der Zunge lag!«
    »Dass ich weiser geworden bin?«
    Er blinzelt. »Ganz zweifellos.«
    »Weil ich älter bin?«
    »Weil Sie an sich gearbeitet haben.«
    Ich runzle die Stirn. »Es ist echt schön, nicht unglücklich zu sein.«
    »Es gibt Menschen, die keine andere Wahl haben. Das Ende einer Beziehung brachte Sie fast um den Verstand. Um das zu verkraften, braucht es Selbsterkenntnis. Und Mut!«
    Ich lächle ihn an. »Wenn ich Dorothy bin, sind Sie dann der Zauberer von Oz oder die Vogelscheuche? Sind Sie das Pferd, das seine Farbe ändern kann?«
    »Ich bin der Jude mit Schreibblock und Stift. Aber um mich geht es hier nicht. Es geht um Sie! Aber unsere Zeit ...«
    »... ist um, ich weiß.«

19. Kapitel
    Ich lasse mich von William Morris als Drehbuchautorin unter Vertrag nehmen, ziehe nach L.A. und habe einen »normalen« Freund, Christopher, seines Zeichens Lehrer und passionierter Surfer. Wir ziehen zusammen. In einen richtig hübschen Bungalow. Heath Ledger hatte einige Zeit hier gewohnt. Beim Einzug entdecken wir in einer Mauerritze einen Liebesbrief an ihn. Ich weiß nicht, was ich damit machen soll, und lege ihn erstmal in meinen Karton, in dem ich alles Mögliche aufbewahre. Eines Tages trifft Christopher Heath zufällig am Ozean und bringt ihn mit zu uns. Da fällt mir der Brief ein und ich überlege, ob ich ihn ihm geben soll.
    Die Leute fragen immer: »Wie fühlt man sich als Christopher, als so guter Mensch?«
    Er ist einfach so, von Natur aus. Wie die meisten Männer, mit denen ich zusammen war, hatte auch Christopher vor kurzem dem Alkohol abgeschworen. Doch unter deiner Abstinenz liegt dein wahres Wesen, genau wie auch unter einer psychischen Erkrankung. Manche Leute benutzen das Zwölf-Schritte-Programm der Anonymen Alkoholiker, um ihren Narzissmus zu tarnen. Andere dagegen wollen sich wirklich ändern. Das lerne ich im Laufe unseres Zusammenlebens.
    Seine Mutter ist unglaublich nett und hilft uns bei der Einrichtung unseres neuen Heims. Es ist eine Art Landhaus. Hier gibt es keine Traurigkeit, nur Kolibris. Perry ist außer sich vor Freude. Junior hat Angst, die Treppe hinunterzugehen, und ich muss ihn jedes Mal, wenn er aufs Katzenklo muss, nach unten tragen.
    Eines Nachts weckt mich ein Rascheln auf. Perry ist bei mir. Ich spähe über das Geländer und sehe Junior in seinem Katzenklo. Aha, er kann’s also doch! Es ist wie gesund werden. Er bewegt sich wie eine kleine alte Lady, aber er schafft es, und so ähnlich fühle ich mich auch. Man macht es so, wie man es kann, Hauptsache, es klappt, und dann fühlt man sich gut. Junior geht rückwärts die Treppe hinunter, so wie er von einem Baum klettert. Ich habe es genauso gemacht.
    Perry kommt eines Tages ins Haus, als ich gerade Tee koche. Er hat eine Eidechse in den Krallen.
    »Ich interessiere mich in letzter Zeit

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