Deine Stimme in meinem Kopf - Roman
uns
Monty Python’s Spamalot
an.
Im Saal wird es dunkel. Doch ich sehe noch, dass Simon direkt vor uns sitzt.
Mir schwant, dass der größte Stückeschreiber unserer Generation meinetwegen in eine Schlägerei verwickelt werden wird. Und das in der Anfangsszene des Monty-Python-Musicals! Eine unmögliche Situation! Aber so ist mein Leben nun mal. Loom richtet sich zu voller Größe auf. Simon begreift, dass er diesen Kampf vermutlich nicht gewinnen wird.
Cut!
Einige Stunden später hat sich Loom souverän zurückgezogen, und Simon und ich sind im Badezimmer. Er schließt die Tür ab.
»Sollen wir es tun?«
»Was?«
»Uns umbringen?«
Ich mustere Simon. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie viel größer er ist als ich. Ist es nicht seltsam für eine Frau, die ständig an sich herumschnippelt, sich vor jemandem zu fürchten, der ihr wehtun kann? Ich weiß nicht, was tun, und da fällt mir ein, dass ich mir neulich im Traum den eigenen Fuß abgenagt habe, um einer Ratte zuvorzukommen. Ich schnappe mir eine Rasierklinge und ritze mir den Bauch, ziemlich tief. Der Anblick von so viel Blut überrascht ihn. Mich auch. Er schließt die Tür wieder auf. Wir legen uns aufs Bett. Ich drücke ihn an mich, weil ich Angst vor ihm habe. Wie oft lassen wir jemanden ganz nah an uns heran, damit er nicht ausholen und zuschlagen kann? Ich will ihn nicht mehr, aber ich halte ihn fest, bis ich ihn aus meiner Wohnung habe, und dann will ich ihn nie wieder halten.
17. Kapitel
Am nächsten Tag begutachtet Dr. R meine Bauchschnitte. Wie ein richtiger Arzt, der er natürlich ist, aber es kommt mir irgendwie komisch vor.
»Haben Sie die Wunden ordentlich gesäubert?«
»Ja.«
»Mit Neosporin?«
»Bacitracin. Ich hab echt Mist gebaut.« Ich bin selbst überrascht, als ich noch hinzufüge: »Ich wünschte, ich hätte es nicht getan.«
»Jetzt haben Sie ein Andenken.«
Er würde nie sagen: »Jetzt sind Sie rückfällig geworden!« Er nennt es immer »ein Andenken«.
Dann fährt er fort: »Es ist nicht ohne Grund vorbei. Sie passen jetzt auf sich auf.«
»Echt?«
»Ja. Und ich hielte es für eine sehr gute Idee, wenn Sie zu einem SLA -Meeting gehen.«
Ich starre ihn verblüfft an.
»Sie wollen im Ernst, dass ich mich der Symbionese Liberation Army anschließe?« (Ich wusste gar nicht, dass es diese terroristische Guerillagruppe in den USA noch gab.)
Er lacht schallend. »Es steht für ›Sex and Love Addicts‹. Eine ähnliche Organisation wie die Anonymen Alkoholiker.«
»Was?! Ich bin doch nicht sexsüchtig!«
»Sie zeigen gewisse Symptome von Abhängigkeit.«
»Stimmt, aber es sind angenehme Symptome. Wie Blumenmuster auf Stoffen, also Liberty Prints, oder so.«
»Können Sie nicht mal für einen Moment ernst sein?«
»Doch, klar. Okay, ich zeige Symptome von Abhängigkeit. Aber ich bin eine Frau. Das ist doch normal!«
Er macht sich eine Notiz. Ich schaue ihn provozierend an.
»Tun Sie, was Sie wollen. Ich finde nur, dass es wert wäre, sich das mal anzusehen.«
Ich nehme die Telefonnummer entgegen, die er mir reicht.
»Warum hat es mit Simon nicht geklappt?«
Er schüttelt den Kopf. »Man kann niemanden bedingungslos lieben, der voller Selbsthass ist.«
Als ich nach dieser Sitzung mit der U-Bahn nach Hause fahre, höre ich mir
Helplessly Hoping
von Crosby, Stills & Nash an. Der Wagen ist leer, und ich kann mitsingen – ich trällere – mehr schlecht als recht – vor mich hin, bis sechs oder sieben Mädchen zusteigen. Ihre Trainingsanzüge weisen sie als Baseballmannschaft aus. Alle sind Latinas, ungeschminkt. Sie haben kräftige Körper. Ich höre ihnen eine halbe Stunde lang zu. Es geht nicht
einmal
um Jungs. Sie reden und reden und versichern sich gegenseitig, wie toll sie gespielt haben. Eine beginnt plötzlich von hellen Augen zu sprechen und fragt sich, wie es wohl sein mag, welche zu haben. Aufgeregt nehme ich meine Brille ab.
»Meine sind gelb. Ungelogen. Aber nur in der Sonne.« Sie scharen sich um mich, um es zu überprüfen.
»Ungelogen!«
»Wie fühlt sich das an?«
Ich mustere das Mädchen, das mir diese Frage gestellt hat, während ich überlege. Dann blicke ich nach unten, sehe, dass ich schön braun bin und dass die Sonne die Narben an meinem Handgelenk hervortreten und heller werden ließ. Auf meinem Arm könnte eine Maus wunderbar Himmel und Hölle spielen. Das Mädchen wartet auf eine Antwort. Ich drehe den Arm um.
»Gut.«
Es gibt keine Ophelia in der Gruppe. Das dürfte massiv
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