Dekan Diavolo
die Hörner nehmen wollte. Der Vergleich von der Maus und dem Elefanten traf hier zu.
Auch der Motor des Lastwagens dröhnte überlaut, er mischte sich in den Sound der Maschine und in Gabys schrillen Schrei…
***
Suko hatte das Gefühl, Sand in die Augen gestreut zu bekommen, so sehr blendete ihn das grelle Licht. Er sah nur die beiden Sonnen und darüber den kompakten Schatten, der irgendwo in die Finsternis hineinzufließen schien. Grauen und Technik pur, die Gefahr erhöhte sich von einem Lidschlag zum anderen. Suko blieb nur eine Chance!
»Festhalten, Gaby!« brüllte er, gab Stoff und riß gleichzeitig den Feuerstuhl nach rechts.
Raketenartig schoß er vor, stellte sich auf das Hinterrad, doch Suko, der Könner auf dem Motorrad, zwang die Maschine wieder auf die Fahrbahn. Sie bekam einen Schub, raste über den Asphalt hinweg und sprang auch wie ein aufgescheuchtes Tier in das Feld hinein, wo sich bereits die ersten Ausläufer des Waldes breitgemacht hatten und Suko achtgeben mußte, daß er nicht zwischen die Bäume raste.
Er hielt den Lenker eisern lest, auch als harte Stöße die Maschine durchschüttelten. Die Auswirkungen spürte Suko bis in die Schultern. Nur gab er nicht auf. Er hielt eisern fest, auch dann, als die Kawasaki anfing zu rutschen und ihm weggleiten wollte. Mit einer fast übermenschlichen Kraft zwang er sie wieder in die Spur, durchbrach ein Gebüsch und wurde erst dann langsamer.
Die Kawasaki rollte aus, dann stand sie.
Suko stemmte beide Füße gegen den Boden. Er schaute zurück zur Straße, wo der eckige Lastwagen nicht mehr zu sehen war. Auch die roten Heckleuchten waren hinter einer Kurve verschwunden. Hinter Suko richtete sich Gaby Wittmann auf. Er hörte sie atmen, dann lachen. Es war ein wildes, befreiendes, ein glückliches Lachen, das weit hinein in die Dunkelheit schallte.
»Bist du okay?« fragte Suko.
»Klar, ich bin okay. Verdammt, ich lebe.«
»Freu dich!«
Gaby rutschte von der Maschine. Neben ihr ging sie in die Hocke und drückte beide Hände gegen die weiche Erde. In dieser Haltung blieb sie und schüttelte immer wieder den Kopf. »Verdammt, wir haben es geschafft! Wir haben es hinter uns…«
»Sieht fast so aus.«
Gaby stand auf, starrte Suko an, schüttelte den Kopf. »Verdammt, ich begreife das nicht?«
»Was begreifst du nicht?«
»Das du so gelassen sein kannst.«
»Es ist eben meine Art.«
Plötzlich warf sie sich gegen ihn. Sie umschlang Suko mit beiden Armen, dann spürte er die Lippen auf seinem Mund und die Zungenspitze an den Zähnen. »Danke!« keuchte sie. »Verflixt ich bin so froh.« Sie schmiegte sich noch enger an ihn. »Weißt du, was ich jetzt möchte?«
»Kann sein.«
Sie trat zurück. Ihre Augen glänzten, die Finger griffen zu den Knöpfen der dünnen schwarzen Jacke. Ihr Haar war durch den Wind zerzaust und bildete eine Sturmfrisur.
Suko wehrte ab. »Laß es lieber sein. Wir wollen nicht von einer extremen Situation in die andere fallen. Schließlich haben wir noch etwas zu erledigen.«
»Willst du noch immer dorthin?«
»Das hatte ich vor.«
Gabys Arme sanken wieder nach unten. Das Lächeln fiel gequält aus.
»Das ist eben dein Job. Ich habe mich angehängt, okay, dann laß uns fahren. Es ist nicht mehr weit.«
»Steig auf.« Als Gaby saß, stellte Suko noch eine Frage. »Dieser Lastwagen, gehört er auch zur Uni?«
»Ja.«
»Als was diente er?«
»Sie benutzten ihn als Transporter. Er ist, wie ich hörte, gepanzert. Gegen den hätten wir keine Chance gehabt.«
»Das Gefühl habe ich auch«, erklärte Suko und startete…
***
Will Mallmann ließ den Manta schnurren, und der alte Opel zeigte noch einmal, was in ihm steckte. Mir kam es so vor, als wollte er sich gegen den Verkauf aufbäumen. Er nahm die engen Kurven sehr sicher, brach nicht einmal aus, nur meldeten sich hin und wieder die Reifen. Wenn ich meinen deutschen Freund anschaute, so sah ich auf seinen Lippen ein fast überirdisches Lächeln. »Was ist denn? Weshalb freust du dich so?«
»Das ist mehr innerlich.«
»Aha. Es muß trotzdem einen Grund geben.«
»Ja, der Wagen. Er läuft wunderbar, er gehorcht mir wie all die Jahre, ich kann ihn nicht weggeben. Der hat übrigens schon Sammlerwert.«
»Und was willst du machen?«
»Ich behalte ihn.«
»Dann kaufst du dir keinen neuen?«
»Das habe ich nicht gesagt. Ich werde mir vielleicht einen Neuwagen zulegen, ihn aber als Erinnerung behalten, ihn pflegen und hin und wiederfahren.« Heftig nickteer.
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