Delete: Thriller (German Edition)
eher geschockt als verwundet zu sein schien. Gottlob hatte es offenbar keine Schwerverletzten gegeben.
Obwohl sich der Saal allmählich leerte, saßen immer noch eine Menge Menschen an den Tischen. Einige packten ihre Laptops ein, als gäbe es nichts Wichtigeres auf der Welt. Andere starrten auf ihre Bildschirme und tippten. Wahrscheinlich twitterten sie die Ereignisse in die Welt hinaus. Unfassbar! Eisenberg hätte schreien können vor Wut. Zum zweiten Mal war er dem Täter nun schon zum Greifen nah gewesen!
»Was … was war das?«, fragte Morani, die einen erschütterten Eindruck machte.
»Eine Blendgranate«, sagte Eisenberg.
»Was?« Sie zeigte auf ihre Ohren, um anzudeuten, dass sie immer noch nicht richtig hören konnte.
Er winkte ab. Er würde es ihr später erklären.
»Er ist weg!«, rief ein junger Mann neben der Bühne.
Eisenberg fuhr herum. Der Mann zeigte mit schreckgeweiteten Augen auf den Rollstuhl.
»Er … er hat sich einfach in Luft aufgelöst!«
Eisenberg ging zu ihm.
»Haben Sie gesehen, wie es passiert ist?«
Der Mann starrte ihn an.
»Ja! Es gab einen Blitz und einen Knall, und … dann war der Rollstuhl leer. Einfach so! Von einer Sekunde auf die andere!«
»Unsinn!«, sagte Eisenberg. »Sie waren für ein paar Sekunden geblendet. Er ist einfach aus dem Rollstuhl aufgestanden und abgehauen!«
»Ein Behinderter? Wie soll das denn gehen?«
Es war keine Zeit, zu diskutieren. Der Täter hatte sein Ziel erreicht, und was immer Eisenberg hier tat, würde nichts mehr daran ändern. In diesen Sekunden entstand eine Legende. Hunderte Menschen würden behaupten, sie hätten beobachtet, wie sich vor ihren Augen ein Mensch in Luft auflöste. Im Internet würde sich genau diese Geschichte verbreiten: Die Admins hätten ihn gelöscht.
Er sah sich um. Vielleicht war der Täter ja noch hier. Vielleicht hatte er die Sekunden genutzt, in denen die Versammelten ihrer Sinne beraubt waren, um sein Aussehen zu verändern und sich unter die übrigen Teilnehmer zu mischen. Auf diese Weise würde er noch weniger Aufsehen erregen.
»Vielleicht ist er noch hier«, sagte Morani.
Gemeinsam gingen sie durch den Saal, versuchten mit möglichst vielen zu sprechen, doch die meisten Zeugen waren vor Verwirrung und Schock nicht in der Lage, sinnvolle Aussagen zu machen.
Schließlich gaben sie auf und traten hinaus auf den Vorhof. Hunderte Menschen standen in kleinen Gruppen herum und diskutierten. Kaum jemand schien das Gelände verlassen zu wollen.
Sirenen kamen näher. Ein Konvoi aus zwei Feuerwehr-Einsatzfahrzeugen, drei Krankenwagen und einem Mannschaftswagen der Polizei drängte auf das Gelände. Ein Stau entstand, weil Menschentrauben im Weg waren. Eisenberg und Morani versuchten, Platz zu schaffen.
Der Einsatzleiter sprang aus seinem Fahrzeug und kam auf sie zu.
»Was ist geschehen?«
Eisenberg gab ihm einen kurzen Abriss der Ereignisse. »Der Täter ist möglicherweise noch auf dem Gelände. Sperren Sie als Erstes den Zugang ab. Niemand verschwindet von hier, ohne dass wir seine Personalien aufgenommen haben. Fragen Sie jeden, was er beobachtet hat. Falls jemand gesehen hat, wie eine Person aus einem Rollstuhl aufgestanden ist, informieren Sie mich sofort. Wir müssen dann unbedingt ausführlich mit dem Zeugen sprechen.«
»Gut. Haben Sie eine Täterbeschreibung?«
»Etwa eins achtzig groß, Ende zwanzig. Er trug Jeans und ein blaues Kapuzensweatshirt …«
Der Empfänger in Eisenbergs Ohr knackste. Ein Keuchen war zu hören, dann Klausens Stimme: »Wir haben ihn!«
»Was? Wo sind Sie?«
»Zwei Straßen vom Veranstaltungsgelände entfernt. Er wollte türmen, aber wir haben ihn erwischt.«
»Wir sind sofort da.«
Klausen und ein Kollege von der Bereitschaft kamen ihnen schon entgegen. Sie zerrten einen jungen Mann mit schmalem Gesicht, dunkelbraunen Augen und einem Ziegenbart mit sich. Er trug ein dunkelblaues Kapuzenshirt mit dem Emblem einer amerikanischen Eliteuni.
»Wie ist Ihr Name?«, fragte Eisenberg.
»Derek Fischer. Bitte, ich habe nichts gemacht!«
Eisenberg nickte.
»Lassen Sie ihn los. Er ist unschuldig.«
Klausen starrte ihn entgeistert an.
»Aber … er ist vom Gelände gelaufen, und als ich ihn verfolgte, da hat er …« Er verstummte, als ihm offenbar selber klar wurde, dass wohl jeder, der kurz nach einer vermeintlichen Bombenexplosion von einem brüllenden Mann in Ritterrüstung verfolgt wurde, geflohen wäre.
Eisenberg wandte sich an den Mann.
»Sind Sie
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