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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Kaushal
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der Klasse.
    Venky blickt sich im Klassenzimmer um. »Ich brauche einen Freiwilligen. Somes, könntest du bitte an die Tafel kommen und weitermachen, bis ich zurück bin? Danke. Es sollte nicht allzu lange dauern.«
    Ich bin sicher, mich verhört zu haben. Aber Somes
rückt ganz entspannt seine Brille zurecht, fegt ein paar Chipskrümel von seiner Kleidung und geht nach vorne zur Tafel. Die anderen necken ihn freundlich und werfen mit Kreide nach ihm.
    »Zur Erinnerung«, fängt Somes an. »Der Youngsche Modul beschreibt die Elastizität von Materialien, …«
    »Hey, Somes«, unterbricht jemand, »was ist dein Youngscher Modul?«
    »Wie elastisch bist du denn?«
    »… die sich im Verhältnis von Dehnungsbeanspruchung und Zugverformung ausdrückt. Die Zugverformung ist, wie Venky gerade erklärt hat, das Verhältnis von Ausdehnung und ursprünglicher Länge …«
    »Welche Ausdehnung?«
    »Na die des Materials natürlich!«, fährt Somes unbeeindruckt fort. Keds tippt mir auf die Schulter; ich drehe mich um. »In solchen Momenten macht es echt Spaß, findest du nicht?«, flüstert er.
    »Man vergisst fast, dass es uns eigentlich schlecht gehen müsste. Warum hat er sich denn bloß freiwillig gemeldet?«
    »Er will sich bestimmt bei Venky einschleimen. Im letzten Test hat er ziemlich versagt.«
    Somes dreht sich zu uns um. »Anisha und Kedar, schaut bitte nach vorne. Wenn wir die Schwerkraft nehmen –«
    »Hey, Somes, was heißt denn Schwerkraft auf Hindi?«
    Meine Frage wird von der Klasse mit amüsiertem Gekicher untermalt. Somes zerbricht ein Stück Kreide und blickt mich aus traurigen, weisen Augen an. »Das ist irrelevant, Anisha.«

    »Warum?«, will Ganesh aus der ersten Reihe wissen.
    »Hey, Somes, unterrichte uns auf Hindi, komm schon!«
    »Was heißt noch mal Youngsches Modul auf Hindi?«
    »Jawaan Modulus?« 7
    »Nein, Jawaan ka Modulus!« 8
    Jetzt lachen alle. Somes wirft mir einen bösen Blick zu. Ich lehne mich zurück; Keds und ich schlagen ein.
    »Nicht schlecht, Ani. Aber wieso Hindi? «
    Grinsend zeige ich ihm mein Englisch-Hindi-Wörterbuch.
    »Das stinkt«, sagt Nikki, die sich jetzt statt ihres iPods angeekelt mein Wörterbuch ansieht.
    »Wo hast du das her?«, fragt Keds.
    »Von einer Freundin.«
    »Welche Freundin?«
    »Rani. Sie wohnt ein Stockwerk über uns.«
    »Und sie hat dir ein Wörterbuch gegeben?«
    »Aus irgendeinem Grund will sie mir Hindi beibringen. «
    »Die Arme.«
    »Ja, ich weiß. Aber –«
    Ich schrecke auf. Türenknallend kommt Venky ins Klassenzimmer zurück. »Alles klar, die Krise ist behoben«, erklärt er und zerdrückt wütend ein Stück Kreide auf dem Pult. »Die Maus, die in der 9A entdeckt wurde, scheint sich von alleine davongemacht zu haben.«
    »Sie wurden wegen einer Maus aus dem Unterricht gerufen?«

    Venky versucht, würdevoll zu wirken. »Natürlich wollte Dr. Nangia wissen, ob auch in anderen Räumen Mäuse gesehen wurden.«
    »Natürlich«, stimmt Somes zu.
    »Und er will sicherstellen, dass so etwas nicht noch einmal vorkommt.«
    »Wir haben wirklich Glück, so einen Visionär als Schuldirektor zu haben.«
    Jetzt ist Somes zu weit gegangen. Venky sieht ihn an und beginnt zu lächeln. Das ist nie ein gutes Zeichen.
    »Danke, Somes. Ich werde dich als Freiwilligen für die Arbeiten zur Pestprävention vermerken – so heißt die Initiative, die Dr. Nangia plant. Kommen wir wieder zu den Eigenschaften von Feststoffen …«
    Somes reagiert wie ein echter Mann. Stumm geht er zu seinem Platz zurück und setzt sich hin. Amüsiert beobachte ich, wie Keds ihm ein Stückchen Schokolade zusteckt.
    Am Abend gehe ich in der Wohnung auf und ab. Immer wieder schaue ich auf die Uhr. Rani wollte um sieben kommen und jetzt ist es schon viertel nach. Ich überlege, bei den Bajajs anzurufen. Aber ich bin nicht sicher, ob Rani das gut fände.
    Ich gehe zurück in mein Zimmer und blättere durch eines der Hindi-Bücher, die Rani mir gegeben hat. Es ist ein kleines Alphabet-Lehrbuch mit Zeichnungen von Granatäpfeln, Mangos, braunen Schoten, neben die Rani in ihrer kleinen, ordentlichen Schrift »Imli« geschrieben hat. Ich muss sie fragen, was um Himmels willen
»Imli« heißt. Bestimmt hat sie mir das letzte Woche schon gesagt.
    Sie hat eine Übersicht mit Hindi-Vokabeln für mich erstellt und sie an die Wand über meinem Schreibtisch gehängt. Auf dem großen, bunten Poster stehen alle wichtigen Dinge, die in einem Haushalt vorkommen. Kursi: Stuhl, Palang: Bett, Mez: Tisch,

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