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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Kaushal
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antwortet nicht und geht einfach weiter. Vielleicht war mein Kommentar nicht allzu geschickt. »Ich
meinte natürlich, dass sie sehr energiegeladen ist«, füge ich hinzu.
    Rani nickt ernst, aber das Zucken um ihre Mundwinkel kann sie nicht verbergen.
    »Du bist aber nicht Rupas Schwester , oder?«, frage ich.
    »Nein, wir sind Cousinen. Meine Nani und Rupa- Didis Dadi sind Cousins.«
    »Wieso lebst du dann hier bei ihr?«
    »Rupa- Didi ist sehr großherzig. Sie hat mich aus Jhansi hierhergebracht, damit ich die Schule beenden kann.«
    »Oh.«
    »In Jhansi gab es keine gute Schule. Hier schon.«
    »Ist Jhansi nicht für die Mangos berühmt?«
    Sie blickt mich an und grinst plötzlich. »Nein, Jhansi ist berühmt für seine Rani.«
    Wir fahren zusammen mit dem Aufzug. Als sich die Türen im vierten Stock öffnen und das Sonnenlicht hineinströmt, zögere ich. Das seltsame Mädchen mit ihrem gestelzten Englisch ist seltsam, aber irgendwie möchte ich mich nicht von ihr verabschieden. »Was machst du heute Abend?«, frage ich sie.
    »Abends? Hausaufgaben.«
    »Ihhh. Findest du das nicht furchtbar?«
    »Nein, Hausaufgaben sind gut.«
    Ich starre sie an. »Okay, ich werde so tun, als hättest du das nie gesagt.«
    Sie lächelt ihr feines Lächeln, das ich langsam zu verstehen beginne. »Komm doch vorbei, wenn du mit den
Hausaufgaben fertig bist«, schlage ich vor. »Wir könnten spazieren gehen, vielleicht ein Eis essen oder so?«
    Sie wirkt skeptisch. »Eigentlich will Chandra-Nani nicht, dass ich im Dunkeln rausgehe.«
    Chandra ist die ältere Mrs Bajaj, Rupas Schwiegermutter. Ich verstehe, dass Rani nicht gerne von ihr spricht. Auch sie war vorbeigekommen, um uns zu begrüßen. Mit sorgfältig frisiertem grauem Haar und imposantem Perlenschmuck stand sie in unserem Türrahmen, lächelte herablassend und betrachtete unser Wohnzimmer, als wollte sie den Wert der Möbel schätzen. Sie erzählte lang und breit von ihrem verstorbenen Mann Harish – Ein sehr bedeutender Mann! Beim Chautha waren 500 Gäste! – und ihrem noch bedeutenderen Sohn Rajiv, den sie für den Allergrößten hielt. »Der arme Rajiv hat so viel im Büro zu tun. Ein Meeting nach dem anderen –aber so ist das eben bei Geschäftsmännern. Ach, er ist so bescheiden und beklagt sich nie. Rupa hat großes Glück, denn bis zu Raginis Geburt erlaubte er ihr, Vollzeit zu arbeiten. Jetzt ist sie natürlich zu Hause. Männer sind immer so beschäftigt und so anspruchslos, wir Frauen müssen uns einfach um sie kümmern. Finden Sie nicht auch, Isha- ji ?«
    Ma verbrachte mehr Zeit im Büro als zu Hause, hatte selbst dann nicht aufgehört, als sie Schwangerschaftskleidung und später Still-BHs trug und hatte sich um Papa hauptsächlich gekümmert, indem sie die Kühltruhe regelmäßig mit tiefgefrorenen Enchiladas auffüllte. Sie nickte stumm.

    »Sie gehört einer anderen Generation an«, erklärte sie mir später.
    »Sie ist unerträglich, Ma.«
    »Aber das müssen wir respektieren, Ann.«
    Jetzt wünschte ich, es nicht respektieren zu müssen. Die Aussicht, »Chandra- Nani « um etwas bitten zu müssen, hat Ranis Stimmung deutlich getrübt. »Ich will dich nicht in Schwierigkeiten bringen«, sage ich ihr. »Vergiss den Spaziergang. Vielleicht kannst du mich einfach besuchen kommen?«
    »Ich will nicht stören.«
    »Wen denn? Ma kommt nicht vor neun oder zehn Uhr zurück.«
    »Abends?«
    »Ma ist eben ein Workaholic.«
    »Workaholic?«
    »Sie arbeitet fast immer.«
    In ihren Augen lese ich Mitgefühl. »Das ist bestimmt schwer«, sagt sie.
    »Oh nein, sie liebt ihre Arbeit.«
    »Aber du bist ganz alleine!«
    »Daran habe ich mich gewöhnt.«
    Rani nickt und berührt mich sanft am Arm. »Ich komme vorbei«, verspricht sie.
    Als ich über meinen Hausaufgaben brüte, denke ich an sie. Sie ist sehr eigen und ganz anders als alle an der NPS. Vielleicht weil sie aus einer anderen Stadt kommt? Oder liegt es an ihrer ernsten Art, ihrem stockenden Englisch mit dem starken Akzent? Mir fällt auf, dass mich
die Leute ähnlich seltsam finden könnten, da ich ja auch fremd hier bin.
    Vielleicht findet sie mich genauso seltsam wie ich sie! Bei dem Gedanken muss ich lächeln. Er tut irgendwie gut. Rani und ich sind eben beide seltsam, wir stammen beide aus einer anderen Welt und passen nicht hierher.
    Um halb acht klingelt es an der Tür. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben und will gerade auf eigene Faust zu einem Spaziergang aufbrechen. Aber da steht sie vor der Tür.

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