Delhi Love Story
Himmels willen machst du denn hier drin?«, frage ich und fächele mir mit der Hand Luft zu.
»Bügeln.«
»Hier ist es bestimmt 100 Grad heiß!«
»Nein, 100 Grad wäre ja der Siedepunkt.«
»Sehr witzig. Aber du musst dich doch fühlen, als würdest du gekocht? Komm, lass uns spazieren gehen.«
»Später, Ani. Ich habe noch einiges zu bügeln.«
Mein Blick fällt auf den Berg schneeweißer Wäsche, den sie noch vor sich hat. »Was ist mit Raju, der sonst für die Bajajs bügelt?«
»Er ist im Urlaub.«
»Und du sollst ihn ersetzen?«
»Das macht mir nichts aus.«
»Aber es ist so viel Wäsche! Was ist mit den anderen? Wieso können die nicht –« Als Rani das nächste Kleidungsstück auf dem Tischchen ausbreitet, fällt mir auf,
dass es einen elastischen Bund hat. »Ist das etwa eine Unterhose ?«
»Chandra- Nani mag es, wenn die auch gebügelt sind.«
»Das kann doch nicht dein Ernst sein! Gebügelte Unterhosen! Was fällt ihr wohl als Nächstes ein?«
Um Ranis Mundwinkel zuckt es.
Ich grinse. »Komm, lass uns gehen.«
»Aber Ani, die Kleidung …«
»… wird schon nicht weglaufen.«
Ich bücke mich und ziehe den Stecker des Bügeleisens aus der Steckdose. Da nähern sich schlurfende Schritte. Chandra steht in der Tür. »Wollt ihr etwa weg?«, fragt sie.
»Nur ein kleiner Spaziergang, Nani «, sagt Rani in schuldbewusstem Tonfall – als hätte man sie bei einem Verbrechen erwischt.
»Und Eisessen«, füge ich hinzu. »Hier drin ist es wirklich sehr heiß.«
Chandra ignoriert mich und blickt Rani vorwurfsvoll an. »Ich dachte, du wolltest die Kleidung bügeln.«
»Ja, sie wollte bügeln, aber ich habe sie davon abgebracht«, erkläre ich.
Als wir schließlich den Pfad hinuntergehen, sehe ich Rani von der Seite an und frage mich, weshalb um alles in der Welt sie sich so behandeln lässt. »Können die zur Abwechslung nicht mal etwas selbst machen?«
»Wer?«
»Die Bajajs. Immer heißt es ›Rani, könntest du uns dein Kofta Curry kochen, Beta ; Rani, räume bitte Raginis Spielzeug weg, Beta ; Rani, gehe bitte Gemüse kaufen,
Beta ; Rani, wo ist meine Brille; Rani, hast du meine Hausschuhe gesehen; Rani, wo ist mein Gehirn.‹«
»Sie haben mich freundlich aufgenommen, Ani. Das kann ich nicht vergessen.«
»Nein, und sie sorgen auch dafür, dass du es nicht kannst.«
Rani lächelt, streckt sich, drückt die Schultern durch. »Bleib cool, Ani«, sagt sie. »Hattest du nicht etwas von Eisessen gesagt?«
Über dem Hain aus Flammenbäumen liegt schon die Dämmerung, als wir mit tropfenden Eiswaffeln den Pfad zurückgehen. Ein Eichhörnchen raschelt im Unterholz und flitzt einen Baumstamm hoch. Kurz sehe ich noch den leuchtend roten Schwanz, bevor es zwischen den Blättern verschwindet. Die untergehende Sonne schimmert zwischen den langen, tränenförmigen Blättern hervor und lässt sie unnatürlich leuchten. Blattadern, kleine Risse – alles tritt deutlich hervor und tanzt im goldenen Licht. Ich halte schützend die Hand vor die Augen. »Rani, glaubst du an die Liebe?«, frage ich.
»Liebe?«
»Ich meine romantische Liebe.«
Sie zuckt die Schultern, scheint sich nicht viel aus der Frage zu machen. »Nein«, antwortet sie. »Wieso? Glaubst du daran?«
»Nein. Alle haben ständig neue Partner und machen dann Schluss und finden wieder jemanden und machen wieder Schluss. Das ist doch Zeitverschwendung.«
»Genau, so etwas funktioniert nur im Film.«
»Aber es gibt Ausnahmen. Wenn ich an Ma und Papa denke …«
Sie nickt. Ich hatte ihr erzählt, wie die beiden sich kennengelernt haben.
»Sie haben einander geliebt, stimmt’s?«
»Ma sagt, es war für beide Liebe auf den ersten Blick. Sie wussten von Anfang an, dass sie füreinander bestimmt waren.«
»So etwas kommt sehr selten vor.«
»Ja, früher war das wohl anders. Heute … Rani, hast du dich jemals gefragt, warum Jungs heute solche Idioten sind?«
»Idioten?«
»Arschlöcher. Schweine. Dumme, arrogante Vollidioten. «
Sie lächelt. »Hat dein Freund Keds irgendetwas falsch gemacht?«
»Keds? Aber nein. Wie kommst du darauf?«
»Weil du dich immer über ihn beschwerst.«
»Echt?«
»Ja. Aber ich glaube, du meinst das nicht so.«
»Na ja, Keds ist ein Idiot.«
»Echt?«
»Aber er ist zum Glück kein Vollidiot. Zwischen Idioten und Vollidioten ist ein großer Unterschied.«
»Glück gehabt.«
Mir fällt auf, dass ihre Mundwinkel zucken. »Du machst dich über mich lustig!«, beschwere ich mich.
Sie lächelt. »Das
Weitere Kostenlose Bücher