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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Kaushal
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es wurde nach 211 verlegt.«
    »Aber ich dachte … Hey, wo gehst du hin?«
    Aber ich bin schon draußen.
    Ich laufe die Treppen hoch und den Flur entlang. 214, 213, 212 – die Räume sind alle leer. Aber aus 211 weiter hinten höre ich Gemurmel. Die Tür ist ganz leicht angelehnt, nur ein winziger Spalt ist zwischen Tür und Rahmen. Ich kann nichts sehen. Ich schaue auf die Uhr. Wenn die Mädchen recht hatten, dauert das Seminar nur noch zwölf Minuten.
    Ich gehe zur anderen Seite des Flurs und lehne mich an die Brüstung. Es ist noch früh, aber das Geländer ist schon warm. Ein leichter Wind geht. Unter mir liegen grüne Wiesen mit lilafarbenen und weißen Blumen; an
einer Säule wächst Hibiskus. Alles ist ruhig und friedlich. Trotzdem fühle ich mich wie ein Buch, das in ein viel zu volles Regal gequetscht wurde.
    Ein Blick auf die Uhr: Noch fünf Minuten. Noch könnte ich gehen. Ich sollte gehen. Er wird mich natürlich nicht wiedererkennen, aber wenn doch? Ich wirke bestimmt wie ein verrücktes Groupie! Ich sollte wirklich gehen …
    Aus dem Lautsprecher tönt der Gong.
    Oh nein!
    Aber es ist schon zu spät. Ich höre das Tische- und Stühlerücken, laute Unterhaltungen, Schritte. Die Tür von 211 öffnet sich und eine klein gewachsene Lehrerin geht mit schnellen Schritten davon. Nach und nach folgen ihr die Studenten.
    Ich sehe ihn nicht sofort. Erst treten ein paar Mädchen aus dem Zimmer, dann ein paar Jungs … und wieder einige Mädchen. Dann, ein paar lange Sekunden später, tritt eine Gruppe von fünf oder sechs Studenten aus der Tür. Er ist dabei.
    Einen Moment lang stockt mir der Atem. Es ist, als sei ein Elefant auf mich getreten. Während ich nach Luft ringe, geht er in meine Richtung. Er ist ins Gespräch vertieft und hat mich noch nicht entdeckt. Dann blickt er auf. Bestimmt sterbe ich jetzt. Aber er lächelt nur höflich und schaut dann in eine andere Richtung. Dann dreht er sich noch einmal um, wird langsamer, bleibt stehen. Er macht einen Schritt auf mich zu. »Dich kenne ich doch von der NPS … Annie-Ani, stimmt’s? Was machst du denn hier?«

    »Ich … ähm … ich weiß nicht.«
    An seinem verblüfften Gesichtsausdruck merke ich, dass ich das laut gesagt haben muss. Seine beiden Freunde, die ein paar Schritte weiter warten, tauschen irritierte Blicke aus.
    »Eigentlich«, gestehe ich, »war ich auf der Suche nach dir.«
    »Nach mir?«
    »Ich habe eine Frage. Zu dem Thema, das wir neulich im Unterricht besprochen haben. Du warst so toll.«
    Im selben Moment, in dem mir der Satz herausrutscht, würde ich am liebsten sterben. Die Wörter ordnen sich vor meinem inneren Auge neu und bilden ›peinlich‹. PEINLICH. P-E-I-N-L-I-C-H schwebt in riesigen, pulsierenden Buchstaben vor mir. Jetzt hätte ich gerne ein riesiges Laken, mit dem ich diese Leuchtschrift einfach abdecken könnte. Ach, würde mich doch der Erdboden verschlucken! Ich spüre förmlich, wie sich Kunals erstaunter Blick in meinen gesenkten Kopf bohrt.
    »Ich – ich meine natürlich, der Unterricht war so toll«, stottere ich.
    »Natürlich.«
    »Und ich habe eine Frage.«
    »Natürlich«, flüstert einer von Kunals Freunden.
    Kunal dreht sich zu den Jungs um und bittet sie, schon mal vorauszugehen. »Ich komme gleich nach«, sagt er. Das zweideutige Grinsen der beiden entgeht mir leider nicht.
    »Wieso immer er?«, höre ich einen der beiden fragen.

    »Ist doch klar: Weil er toll ist!«, amüsiert sich der andere.
    »Natürlich.«
    »Ignoriere sie einfach«, sagt Kunal. »Das sind Idioten. Du hattest eine Frage?«
    »Also … Was du an dem Tag über den Symbolgebrauch im Theater und speziell über den Einsatz visueller Mittel gesagt hast … Ich frage mich … Ist der Symbolgebrauch immer sinnvoll? Oder wird er ab einem gewissen Punkt zur Farce?«
    Oh Mann.
    Ohne aufzublicken, weiß ich, dass er mich die ganze Zeit angesehen hat und dass er jetzt denkt –
    »Weißt du, das ist eine sehr gute Frage.«
    Für den Bruchteil einer Sekunde sehe ich ihm in die Augen.
    »Hast du gleich etwas vor?«, will er wissen. »Nein? Was hältst du davon, wenn wir in die Cafeteria gehen, einen Chai trinken und uns über diese Frage unterhalten? «
    Wir gehen hinüber zur Cafeteria. Wir laufen so eng nebeneinander, dass sein Ellenbogen meinen Arm streift. Ich bewege den Arm nicht, er ist jetzt heilig. Während wir den Weg entlanggehen, erzählt Kunal mir irgendwelche Dinge – bestimmt sind es lustige, schöne, interessante Dinge. Er zeigt mir

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