Delhi Love Story
gehakt. Ich schaltete das Licht ein. »Möchtest du etwas trinken?«
»Wolltest du mir nicht dein Zimmer zeigen?«, fragte er.
Jetzt setzt er sich auf mein Bett, zieht mich zu sich hinunter. Ich zittere. Seine Hand liegt auf meinem Rücken. Er zieht mich dichter heran, streicht mir wortlos das Haar aus dem Gesicht.
Seine Lippen sind so weich. Sie küssen mich sanft,
leicht, verweilen, laden mich ein, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Die kleine Vertiefung in seinem Mundwinkel, der Schwung seiner Oberlippe, die weiche Haut im Inneren, glatt und feucht. Ich fahre mit meiner Zunge darüber. Abrupt zieht er mich noch näher zu sich heran. Seine Lippen sind jetzt nicht mehr so zärtlich, er drückt seinen Mund auf meinen, seine Zunge drängt. Ich presse mich an ihn, spüre, wie er zittert, und ineinander verschlungen sinken wir auf das Kissen …
»Ani?«
Von ganz weit weg höre ich eine Stimme.
»Ani!«
Ich öffne die Augen. Rani steht mit bleichem Gesicht in der Tür. Ich spüre, wie ich rot werde.
»Lass sie los!«
»Rani, nein, es ist nicht, wie du –«
Sie hört mich gar nicht. Sie kommt herein, zieht mich vom Bett und bis in ihr Zimmer. Erst hier hält sie inne, schließt die Tür ab. »Alles klar?«, fragt sie besorgt.
»Natürlich. Beruhige dich, Rani, das war Kunal.«
»Kunal?«
»Erinnerst du dich nicht, ich habe dir von ihm erzählt. «
»Der Vollidiot !«
Ich zucke zusammen und hoffe, dass man Rani draußen nicht hören kann. »Pssst!«, sage ich.
So viel zum Thema »unangenehme Situationen«. Ich hätte ihr von Kunal erzählen, hätte ihn ihr vorstellen sollen. Ich hätte diskret, aber unmissverständlich deutlich machen müssen, dass er und ich in mein Zimmer gehen
und nicht gestört werden wollen. Aber dazu war keine Zeit gewesen. Ich war so absorbiert gewesen von dem Moment, von seinen Augen, ich hatte nur an ihn denken können und an das, was gleich zwischen uns geschehen würde. Und jetzt …
»Rani, er ist kein Vollidiot.«
»Aber Ani, er lag praktisch auf dir!«
Ich schließe die Augen. Ich bin mir nicht sicher, was schlimmer ist: dass Rani uns beim Küssen erwischt hat, oder dass ich ihr die Situation erklären muss. »Entspann dich, Rani. Er ist mein Freund!«
»Aber seine Arme waren um dich geschlungen –«
»So etwas macht man nun mal mit seinem Freund.«
Ihr schockierter Gesichtsausdruck macht unmissverständlich klar, dass sie ganz anderer Meinung ist.
»Ani?« Kunals Stimme klingt besorgt. Er klopft leise an die Tür. »Alles okay da drin, Ani?«
Das hier wäre zum Lachen, wenn es nicht so fürchterlich wäre. Mit zittrigen Fingern öffne ich die Tür. »Entschuldige bitte«, sage ich. »Rani und ich mussten ein kleines Missverständnis klären.«
Er lächelt sein unglaubliches Lächeln und streckt Rani freundlich die Hand hin. »Rani? Hallo, ich bin Kunal.«
Sie starrt die ausgestreckte Hand an und verschränkt die Arme langsam vor der Brust.
Ich kann die Überraschung in Kunals dunklen Augen sehen, als er seine Hand wieder fallen lässt. Kurz blitzt auch Ärger in ihnen auf. »Gibt es ein Problem?«, fragt er.
»Nein, natürlich nicht«, beschwichtige ich. »Rani hat einfach einen starken Beschützerinstinkt.« Ich lächele und werfe Rani einen Blick zu, den sie hoffentlich versteht: Benimm dich! »Rani, das ist Kunal, mein Freund . Und Kunal, das ist Rani. Meine Freundin.«
Einen Moment lang blicken sich beide gleichgültig an. Keiner scheint vom anderen besonders beeindruckt zu sein.
»Sollen wir wieder in mein Zimmer gehen?«, frage ich Kunal.
Wir gehen zurück in mein Zimmer, aber es ist nicht wie vorher. Ich stelle mir vor, wie Rani die ganze Zeit missbilligend vor sich hin brütet, und blicke ständig zur Tür, aus Angst, sie könnte lauschen. Nur mit halbem Ohr lausche ich Kunals Neckereien, und ich protestiere auch nur halbherzig, als er sagt, er müsse jetzt gehen.
Mist, denke ich, sobald er weg ist.
Rani sitzt in ihrem Zimmer und zeichnet akribisch in ihr Heft. »Rani«, beginne ich. »Wegen vorhin. Entspann dich bitte, ja? Kunal ist wirklich ein netter Kerl.«
Sie arbeitet weiter an ihrer Zeichnung. Es ist eine schöne, fast künstlerische Darstellung eines Laborgeräts, die jeden Zeichenlehrer stolz machen würde. Ich unterdrücke meinen Ärger darüber, dass sie anscheinend weitere Erklärungen erwartet.
»Ich weiß, ich hatte dir erzählt, dass unsere ersten Begegnungen nicht so gut verliefen. Aber jetzt verstehen wir uns hervorragend. Er
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