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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Swati Kaushal
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schwierige Situation, all das wäre ihm egal gewesen. Er hätte den Mann, der jetzt gemütlich in seiner Wohnung sitzt, ins Krankenhaus befördert oder Schlimmeres.
    Ich verliere mich in den Strukturen der Benzolderivate, bis ich den Schlüssel in der Wohnungstür höre. Ich blicke vom Esstisch auf und erkenne beinahe nicht das große, schlanke Mädchen, das hinter Ma in die Wohnung kommt. Sie sieht wunderschön aus in ihrem rosafarbenen Salwar Kameez mit zarter Silberstickerei und passendem Dupatta . Sie trägt silberne Armreifen und lange silberne Ohrringe. Es ist dasselbe Mädchen, das heute früh dünn, ernst und mit braven Zöpfen die Wohnung verlassen hat. Jetzt aber sind die Zöpfe verschwunden und die offenen Haare fallen mit sanftem Schwung
bis zur Mitte des Rückens, sie umfließen ihr Gesicht und betonen die Leuchtkraft ihrer karamellfarbenen Augen.
    »Rani?«
    Die neuen, leuchtenden Augen blicken mich an. Sie steckt sich eine Haarsträhne hinters Ohr, murmelt, sie müsse ihre Einkäufe aufräumen, und flüchtet mit einem Arm voller Tüten in ihr Zimmer.
    Ich ermahne Ma mit erhobenem Zeigefinger und nehme ihr die zahlreichen Tüten voller Kleider ab. »Da hat sich wohl jemand gut amüsiert«, bemerke ich.
    Ma lächelt. »Ist sie nicht hübsch? Da wir schon dabei waren, dachte ich, sie könnte ein bisschen Styling vertragen. «
    »Ausgerechnet rosa ?«
    »Was soll ich machen, das ist eben ihre Lieblingsfarbe«, sagt Ma schulterzuckend.
    Mich kann sie nicht täuschen.
    »Mrs Rai, Sie sind bestimmt ganz stolz auf sich selbst.«
    »Und wie war dein Tag, Miss Rai?«, lächelt sie zurück.
    »Ich habe erst Physik wiederholt und dann Chemie und Biotechnologie. Fast so gut wie Sex.«
    »Wirklich? Was weißt du bitteschön über Sex?«
    »Genauso viel wie über Physik und Chemie und –«
    »Ani?« Ich halte inne. Rani ist zurückgekommen, sie sieht aufgewühlt aus. »Ani, hast du meine Kleidung in den Schrank geräumt?«
    »Oh ja, das hätte ich fast vergessen. Sie haben deine Sachen in einem Rucksack gebracht; ich habe ihn für dich ausgepackt.«

    »Aber warum?«
    »Ich wollte dir einfach einen kleinen Gefallen tun.«
    Sie lächelt nicht, sondern macht ein seltsames Gesicht. »Was du in den Schrank geräumt hast«, fragt sie, »war das alles? Sonst war nichts mehr da?«
    »Im Rucksack? Nein.«
    »Bitte, wo hast du es hingelegt?«
    »Was denn?«
    »Da hätte ein Foto sein müssen …«
    »Oh, das Foto. Das sind deine Eltern, stimmt’s? Keine Sorge, ich habe es in deinen Nachttisch geräumt. Es ist wirklich schön. Wieso hast du es mir nie gezeigt?«
    Ohne zu antworten, dreht sie sich um und geht.
    Ma sieht mich kritisch an.
    »Was ist?«, frage ich.
    »Du hast ihre Sachen durchwühlt?«
    »Ich habe für sie ausgepackt , Ma.«
    »Du hättest sie erst fragen müssen, Ann.«

Vierundzwanzig
    Der Tisch ist für drei gedeckt: drei Sets, drei Besteckgarnituren, drei Teller, drei Wassergläser. Wie seltsam. Fast noch seltsamer ist es, überhaupt ein richtiges Abendessen einzunehmen, statt wie üblich Äpfel und Käse. Ma und ich hatten immer im Stehen in der Küche gegessen, oder wir hatten uns das Essen direkt aus den Pizzakartons oder den Warmhalteboxen der Restaurants auf unsere Teller geschaufelt und auf dem Sofa, auf dem
Bett, auf der Terrasse oder am Schreibtisch gegessen. Das war nicht besonders glamourös, aber einfach und schnell.
    »Gibt es irgendeinen besonderen Anlass?«, frage ich, während Ma hübsch gefaltete Leinenservietten verteilt.
    »Wir sollten anfangen, richtig zu essen, mein Schatz. Unsere Mahlzeiten riechen immer nach Karton und Folie, findest du nicht?«
    »Gutes Porzellan riecht natürlich viel besser«, stimme ich zu.
    Ich greife nach der Schüssel mit den Nudeln. Ma hat zwar wie üblich Essen bestellt, es aber in eine schöne Porzellanschüssel umgefüllt. Die alte Holzkelle hat sie durch elegantes Edelstahlbesteck ersetzt. Ich fülle meinen Teller und sehe zu, wie Rani verzweifelt versucht, eine lange, glitschige Nudel auf ihre Gabel zu wickeln. »Hier«, sage ich, »lass mich –«
    »Ich kann das selbst.«
    Ich zucke die Schultern. Seit wir am Tisch sitzen, versucht Rani vergeblich, mit ihrer Wickeltechnik zu essen –mit minimalem Erfolg. Wahrscheinlich lernt man es nur so.
    Ich würze meine Nudeln großzügig mit Sojasauce. »Ich will mich nicht beschweren, Ma. Aber diese Woche haben wir jetzt zum dritten Mal Nudeln.«
    »Wirklich? Dann lass’ uns doch morgen Spaghetti essen.«
    »Wir

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