Delhi Love Story
London.«
»Ja.« Sie nimmt die Vase, trägt sie hinein. »Ist es nicht nett von ihm, dass er an uns denkt?«
»Sehr nett«, stimmt Rani zu.
Am Abend kommen die Vermas vorbei. Es scheint, als hätten sie die Sonne vom Himmel gepflückt und mitgebracht. Tante Tara überschüttet uns mit Küssen und Umarmungen und Onkel Sunny hat eine Tüte heißer, öliger Samosas dabei, die dringend gegessen werden wollen – so sagt er.
»Isha, ich habe schon wieder von eurer Hochzeit geträumt«, seufzt Tante Tara. »Du sahst so süß aus mit den Krücken.«
Ich muss lächeln. Ma hatte sich am Morgen der Hochzeit den Knöchel verstaucht und wird seit jeher von Freunden und der Familie damit aufgezogen.
»Weißt du noch, wie Suj dich ins Standesamt tragen musste?«
»Du hast mich noch beglückwünscht, weil ich mir einen so starken Mann ausgesucht hatte.«
»Die Schöne und das Biest«, wirft Onkel Sunny ein.
Arm in Arm gehen Ma und Tante Tara ins Schlafzimmer. Ich weiß, dass Ma sich jetzt ausweinen muss.
Als sich meine Augen mit Tränen füllen, ist Keds an meiner Seite. Wir sitzen auf dem Sofa, er legt mir den Arm und die Schulter, ich lehne mich an ihn und schließe die Augen.
»Ani?«
Ich öffne die Augen. Rani steht vor uns. »Möchte jemand etwas Wasser?«, fragt sie freundlich.
»Du bist Rani, stimmt’s?«, fragt Keds und steht auf. »Hallo, ich bin Keds.«
Sie lächelt. »Ich weiß.« Aus irgendeinem Grund klingt ihre Stimme leise und schüchtern. »Ani hat mir schon viel Gutes von dir erzählt.«
»Ani? Gutes? « Keds tut, als sei er schockiert. »Das muss ich hören. Wieso setzt du dich nicht zu uns und erzählst mir davon?« Er klopft mit der Hand neben sich auf das Sofa.
Siebenundzwanzig
Am späten Sonntagnachmittag erlernen wir die Kunst der Chapatti -Herstellung. In jedem indischen Haushalt werden täglich welche zubereitet. Man muss nur Wasser und Mehl vermischen, einen Teig daraus kneten, ihn zu kleinen Bällchen formen und mit einem Belan ausrollen. In einer Tawa wird das Chapatti bei geringer Hitze beidseitig gebraten und dann bei großer Hitze schön aufgeplustert. Das ist so leicht wie Eierlegen – nur bin ich leider kein Huhn. Die Natur hat mich nicht für die Herstellung von Chapattis vorgesehen.
Ma hingegen glaubt, es wäre ein Riesenspaß für mich, das zu lernen. Also stehen wir hier in der Küche und mühen uns ab, die Arme tief im Teig vergraben.
Rani ist eine geduldige Lehrerin. Aus Mas flüssigem, verklumptem Teig macht sie einen glatten, feuchten Ball, schlägt ihn flach auf einen Teller und da liegt er nun, perfekt geformt. Sie befreit meine Finger aus der steinharten Masse, in der sie stecken geblieben sind, und verwandelt den Stein in eine gefügige Teigkugel. »Du musst genau die richtige Menge Wasser hinzufügen«, erklärt sie und tätschelt den Teig noch einmal mütterlich.
Ich versuche, schmutzige Teigreste von meinen Fingern zu kratzen.
»Wenn der Teig zu trocken ist, verdünnt man ihn mit kleinen Mengen Wasser, bis die Textur stimmt.«
Ma notiert Ranis Tipps in ihrem Rezeptbuch. Es ist schon ziemlich alt. Ich habe es vor Jahren für sie zum
Muttertag gebastelt, es war eine echte kreative Herausforderung: ein normaler Spiralblock, beklebt mit blauem Jeansstoff und versehen mit einem orangefarbenen Lesebändchen, das mit einer roten und einer goldenen Perle abschloss. Ma liebt es und bewahrt es zusammen mit den restlichen Kochbüchern auf. Und jetzt hat es eine neue Funktion. Ma hat schon drei neue Rezepte hineingeschrieben, alle von Rani. Auf den Umschlag hat sie ein großes, schlankes Mädchen mit karamellfarbenen Augen gezeichnet.
Ich versuche, mir den klebrigen Teig von den Händen zu spülen. Er ist überall, unter den Fingernägeln, an den Handgelenken und Ellbogen, sogar in den Augen. Rani dreht die Flamme unter der Tawa kleiner.
»Woher weißt du, wann sie heiß genug ist?«
Sie berührt die Tawa kurz mit dem Zeigefinger. »Heiß genug«, sagt sie.
Ich berühre die Tawa an genau der gleichen Stelle mit dem gleichen Finger – und zucke zurück; ich habe mich verbrannt. Entweder ist Rani verrückt oder sie hat Fingerkuppen aus Silikon.
Wir sehen zu, wie sie mit geschickten Bewegungen einen kleinen Teigball ausrollt, ganz leicht sieht das aus.
»Wunderschön«, ruft Ma angesichts der perfekten kleinen Scheibe. »Kann ich es mal versuchen?«
Rani reicht ihr ein Teigbällchen. Ma lässt es auf die marmorne Fläche des Chakla klatschen und rollt enthusiastisch
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