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Delirium

Delirium

Titel: Delirium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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gemacht.
    Â»Schhh«, flüstert er in meine Haare. Er drückt mich so fest, dass es ein bisschen wehtut, aber es macht mir nichts aus. Es fühlt sich gut an, so, als könnte ich die Füße hochheben, wenn ich wollte, und völlig loslassen, und er würde mich immer noch aufrecht halten. »Ich bin nicht sauer auf dich, Lena.«
    Ich löse mich ein winziges Stück von ihm. Ich weiß, dass ich selbst in der Dunkelheit fürchterlich aussehen muss. Meine Augen sind geschwollen und meine Haare kleben mir im Gesicht. Glücklicherweise umarmt er mich noch immer. »Aber du …« Ich schlucke, atme tief ein und aus. »Du hast alles weggeräumt. All unsere Sachen.«
    Er blickt einen Moment zur Seite. Sein ganzes Gesicht wird von den Schatten verschluckt. Als er spricht, ist seine Stimme übermäßig laut, als müsste er die Worte hinauszwingen. »Wir wussten immer, dass das passieren würde. Wir wussten, dass wir nicht viel Zeit haben würden.«
    Â»Aber … aber …« Ich muss nicht sagen, dass wir so getan haben. Wir haben uns benommen, als würden sich die Dinge nie ändern.
    Er nimmt mein Gesicht in beide Hände und wischt mit seinen Daumen die Tränen weg. »Nicht weinen, okay? Nicht mehr weinen.« Er küsst mich sanft auf die Nasenspitze, dann nimmt er mich an der Hand. »Ich möchte dir was zeigen.« Seine Stimme wackelt ein bisschen und es ist, als würde etwas ausgehakt werden, auseinanderbrechen.
    Er führt mich zur Treppe. Die Decke über uns ist teilweise verrottet, so dass das Treppenhaus in silbrigem Licht erstrahlt. Die Treppe muss einmal wunderschön gewesen sein, sie schwingt sich majestätisch hinauf, bevor sie sich in zwei Treppen teilt, die zu Absätzen auf beiden Seiten führen.
    Seit Alex mich und Hana zum ersten Mal hergebracht hat und wir ganz bewusst alle Zimmer des Hauses untersucht haben, bin ich nicht mehr oben gewesen. Vorhin habe ich noch nicht mal daran gedacht, auch im ersten Stock nachzusehen. Hier ist es sogar noch dunkler als unten, falls das überhaupt möglich ist, und auch heißer, über allem liegt ein schwarzer, drückender Schleier.
    Alex geht vorsichtig durch den Flur, an einer Reihe identischer Holztüren vorbei. »Hier lang.«
    Ãœber uns ein hektisch flatterndes Geräusch: Fledermäuse, die vom Klang seiner Stimme aufgescheucht worden sind. Ich stoße einen leisen Angstschrei aus. Mäuse? Na ja. Fliegende Mäuse? Nicht so toll. Das ist einer der Gründe, warum ich mich bisher ans Erdgeschoss gehalten habe. Bei unserer ursprünglichen Forschungstour kamen wir in einen Raum, der vermutlich mal das Hauptschlafzimmer war – er war riesengroß und in der Mitte standen immer noch die halb zusammengebrochenen Pfosten eines Himmelbetts –, blickten in die Düsternis hinauf und sahen haufenweise dunkle, lautlose Umrisse, die an den Holzbalken klumpten wie fürchterliche schwarze Knospen an einem Blumenstiel, kurz davor, herunterzufallen. Als wir uns bewegten, öffneten mehrere von ihnen die Augen und schienen mir zuzuzwinkern. Der Boden war mit Fledermausscheiße übersät; es stank süßlich und übelkeiterregend.
    Â»Hier rein«, sagt er und obwohl ich mir nicht ganz sicher bin, glaube ich, dass er vor der Tür zum Hauptschlafzimmer stehen bleibt. Ich schaudere. Ich bin überhaupt nicht scharf darauf, das Innere des Fledermauszimmers wiederzusehen. Aber Alex wirkt begeistert, also lasse ich ihn die Tür öffnen und trete vor ihm ein.
    Ich muss nach Luft schnappen und bleibe so unvermittelt stehen, dass er gegen mich stößt. Das Zimmer ist unglaublich; es ist völlig verändert.
    Â»Und?« Alex’ Stimme hat einen nervösen Unterton angenommen. »Was meinst du?«
    Ich kann ihm nicht sofort antworten. Alex hat das alte Bett zur Seite geschoben, in eine der Ecken, und den Fußboden blank geputzt. Die Fenster – oder das, was davon übrig ist – sind aufgeklappt, so dass der Wind den Duft nach Gardenien und Nachtjasmin von draußen hereinträgt. In der Mitte des Raumes hat Alex unsere Decke und die Bücher ausgebreitet und auch einen Schlafsack ausgerollt. Dutzende und Aberdutzende Kerzen stehen in lustigen provisorischen Kerzenständern wie alten Tassen und Bechern oder leeren Coladosen, genau wie in seinem Haus in der Wildnis.
    Aber das Beste ist die Decke: oder besser gesagt, die

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