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Delirium

Delirium

Titel: Delirium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lauren Oliver
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dauern, bis das System die passenden Datensätze gefunden hat, je nachdem, wie viele andere Leute es gerade abfragen. Er wird wohl nicht wirklich glauben, dass ich einen Ausweis gefälscht habe, aber mir läuft langsam die Zeit davon.
    Und dann meldet sich wundersamerweise eine Stimme aus dem hinteren Teil der Gruppe. »Sie ist sauber, Gerry. Ich kenne sie. Sie kauft häufig bei uns im Laden ein. Wohnt in der Cumberland Street 172.«
    Gerry dreht sich um und senkt dabei seine Taschenlampe. Ich blinzele gegen die schwarzen Flecken in meinem Sichtfeld an und erkenne vage einige Gesichter – eine Frau, die in der örtlichen Reinigung arbeitet und immer den ganzen Nachmittag kaugummikauend vor der Tür lehnt und gelegentlich auf die Straße spuckt; den Verkehrspolizisten, der im Stadtzentrum in der Nähe der Franklin Arterial arbeitet, einer Ausfallstraße – eine der wenigen Gegenden von Portland, in denen es genug Verkehr gibt, um einen Polizisten zu rechtfertigen; einen der Typen, die unseren Müll abholen. Und dann, ganz hinten, Dev Howard, dem der Quikmart in unserer Straße gehört.
    Die meisten unserer Lebensmittel bringt mein Onkel aus seinem Stop-N-Save, einer Kombination aus Delikatessengeschäft und Tante-Emma-Laden drüben in Munjoy Hill, mit nach Hause – hauptsächlich Konserven, Nudeln und Aufschnitt –, aber gelegentlich, wenn wir dringend Klopapier oder Milch brauchen, laufe ich schnell zum Quikmart rüber. Mr Howard war mir schon immer irgendwie unheimlich. Er ist total dünn und hat schwarze Augen mit Schlupflidern, die mich an eine Ratte erinnern. Aber heute könnte ich ihn knutschen. Ich hätte nicht gedacht, dass er überhaupt meinen Namen kennt. Er hat noch nie mehr zu mir gesagt als: »Ist das alles für heute?«, nachdem er meine Einkäufe eingetippt hat, wobei er mich unter den dunklen Schatten seiner Augenlider hervor finster ansieht. Ich nehme mir vor, mich bei ihm zu bedanken, wenn ich ihn das nächste Mal sehe.
    Gerry zögert noch einen Sekundenbruchteil, aber ich merke, wie die anderen Aufseher unruhig werden, von einem Fuß auf den anderen treten, darauf erpicht, ihre Runde fortzusetzen und jemanden zu finden, den sie festnehmen können.
    Gerry muss dasselbe Gefühl haben, denn er macht eine ruckartige Kopfbewegung in meine Richtung. »Gib ihr den Ausweis zurück.«
    Am liebsten würde ich vor Erleichterung auflachen und ich muss mir große Mühe geben, ernst zu bleiben, als ich meinen Ausweis entgegennehme und wieder einstecke. Meine Hände zittern ein wenig. Es ist komisch, dass die Anwesenheit der Aufseher immer so eine Reaktion hervorruft. Selbst wenn sie relativ nett sind, denkt man unweigerlich an die ganzen Horrorstorys, die man gehört hat – die Razzien, Prügelattacken und Hinterhalte.
    Â»Sei vorsichtig, Magdalena«, sagt Gerry. »Sieh zu, dass du vor Anbruch der Ausgangssperre wieder zu Hause bist.« Er leuchtet mir erneut mit der Taschenlampe in die Augen. Ich hebe den Arm und blinzele gegen das blendende Licht an. »Du willst doch keinen Ärger kriegen.«
    Er sagt es leichthin, aber einen Augenblick glaube ich, unterschwellig etwas Hartes in seinen Worten wahrzunehmen, einen Anflug von Wut oder Aggression. Aber dann sage ich mir, dass ich einfach bloß unter Verfolgungswahn leide. Egal, was die Aufseher tun, sie sind zu unserem Schutz da, sie wollen nur unser Bestes.
    Die Gruppe schiebt sich rundum an mir vorbei, ich bin ein paar Sekunden lang in einer Welle aus rauen Schultern und Baumwolljacken, fremdem Geruch nach Aftershave und Schweiß gefangen. Walkie-Talkies erwachen um mich herum rauschend zum Leben und verklingen. Ich schnappe Wortfetzen und Übertragungsschnipsel auf: Market Street, ein Mädchen und ein Junge, möglicherweise infiziert, ungenehmigte Musik in der St. Lawrence Street, offenbar wird dort getanzt … Ich werde zwischen Armen, Hüften und Ellbogen hin- und hergeschubst, bis die Gruppe schließlich an mir vorbei ist und ich wieder ausgespuckt werde und allein auf der Straße zurückbleibe, während sich die Schritte der Aufseher hinter mir entfernen. Ich warte, bis ich das Summen ihrer Funkgeräte und ihre Stiefel auf dem Asphalt nicht mehr hören kann.
    Dann fahre ich los und verspüre erneut ein erhebendes Gefühl in der Brust. Glück und Freiheit. Unglaublich, wie leicht ich es aus dem Haus geschafft habe.

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