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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sein.«
    »Ihr nehmt ihn quer vor euch über die Arme.«
    Ich rollte die Kleider wie einen Turban zusammen und nahm diesen auf den Kopf. Dann ließ ich mich an das Ufer ziehen. Was nun kam, das war für mich und die beiden Haddedihn eine sehr harte Arbeit, für die andern aber außerordentlich gefährlich; dennoch gelang es uns, alle sechs glücklich an das Ufer zu bringen.
    »Zieht ihnen die Kleider an! Dann bleiben sie heimlich hier liegen. Ihr, Sir David, werdet ihnen im stillen Nahrung bringen, während die andern sie bewachen.«
    » Well! Fragt, wer sie eingegraben hat.«
    »Der Scheik natürlich.«
    »Tot schlagen den Kerl!«
    Dieses letzte Abenteuer hatte über eine Stunde Zeit in Anspruch genommen. Als wir das Lager erreichten, wimmelte die Ebene von Tausenden von Tieren. Das Geschäft des Auswählens war ein schwieriges, doch der kleine Hadschi Halef Omar war seiner Aufgabe vollständig gewachsen. Er hatte meinen Hengst bestiegen, natürlich mit der Absicht, schneller vorwärts zu kommen und nebenbei ein wenig bewundert zu werden, und war allüberall zu sehen. Die Haddedihn waren ganz begeistert für ihre Arbeit, die gefangenen Abu Hammed aber, welche ihnen helfen mußten, konnten den stillen Grimm in ihren Mienen nicht verbergen. Und nun gar da, wo die Weiber und Greise saßen, da floßen heiße Thränen, und mancher halblaute Fluch stahl sich zwischen den Lippen hervor. Ich trat zu der Weibergruppe. Ich hatte da eine Frau bemerkt, welche mit einer heimlichen Befriedigung dem Treiben meiner Leute zusah. Hatte sie einen Groll gegen den Scheik im Herzen?
    »Folge mir!« gebot ich ihr.
    »Herr, sei gnädig! Ich habe nichts gethan!« flehte sie erschrocken.
    »Es soll dir nichts geschehen!«
    Ich führte sie in das leere Zelt, in welchem ich mich bereits vorhin befunden hatte. Dort stellte ich mich vor sie hin, sah ihr scharf in die Augen und fragte sie:
    »Du hast einen Feind in deinem Stamme?«
    Sie blickte überrascht empor.
    »Herr, woher weißt du es?«
    »Sei offen! Wer ist es?«
    »Du wirst es ihm wieder sagen!«
    »Nein, denn er ist auch mein Feind.«
    »Du bist es, der ihn besiegt hat?«
    »Ich bin es. Du hassest den Scheik Zedar Ben Huli?«
    Da blitzte ihr dunkles Auge auf.
    »Ja, Herr, ich hasse ihn.«
    »Warum?«
    »Ich hasse ihn, weil er mir den Vater meiner Kinder töten ließ.«
    »Warum?«
    »Mein Herr wollte nicht stehlen.«
    »Weshalb nicht?«
    »Weil der Scheik den größten Teil des Raubes erhält.«
    »Du bist arm?«
    »Der Oheim meiner Kinder hat mich zu sich genommen; auch er ist arm.«
    »Wie viele Tiere hat er?«
    »Ein Rind und zehn Schafe; er wird sie heute hergeben müssen, denn wenn der Scheik zurückkehrt, so werden wir den ganzen Verlust zu tragen haben. Der Scheik wird nicht arm, sondern nur der Stamm.«
    »Er soll nicht zurückkehren, wenn du aufrichtig bist.«
    »Herr, sagst du die Wahrheit?«
    »Ich sage sie. Ich werde ihn als Gefangenen zurückbehalten und den Abu Hammed einen Scheik geben, welcher gerecht und ehrlich ist. Der Ohm deiner Kinder soll heute behalten, was er hat.«
    »Herr, deine Hand ist voll von Barmherzigkeit. Was willst du von mir wissen?«
    »Du kennst die Insel da drüben im Flusse?«
    Sie erbleichte.
    »Warum fragst du nach ihr?«
    »Weil ich mit dir von ihr sprechen will.«
    »O thue das nicht, Herr, denn wer ihr Geheimnis verrät, den wird der Scheik töten!«
    »Wenn du mir das Geheimnis sagst, so wird er nicht wiederkommen.«
    »Ist dies wirklich wahr?«
    »Glaube mir! Also wozu dient die Insel?«
    »Sie ist der Aufenthalt der Gefangenen des Scheik.«
    »Welcher Gefangenen?«
    »Er fängt die Reisenden weg, welche über die Ebene oder auf dem Wasser kommen, und nimmt ihnen alles ab. Wenn sie nichts besitzen, so tötet er sie; wenn sie aber reich sind, so behält er sie bei sich, um ein Lösegeld zu erpressen.«
    »Dann kommen sie auf die Insel?«
    »Ja, in die Schilfhütte. Sie können nicht entfliehen, denn es werden ihnen die Hände und die Füße gebunden.«
    »Wenn dann der Scheik das Lösegeld erhalten hat?«
    »So tötet er sie dennoch, um nicht verraten zu werden.«
    »Und wenn sie es nicht zahlen wollen oder nicht zahlen können?«
    »So martert er sie.«
    »Worin bestehen die Qualen, die er ihnen bereitet?«
    »Er hat ihrer viele. Oft aber läßt er sie eingraben.«
    »Wer macht den Kerkermeister?«
    »Er und seine Söhne.«
    Der, welcher mich gefangen genommen hatte, war auch sein Sohn; ich hatte ihn unter den Gefangenen im Wadi Deradsch

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