Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
es Dir geben!«
»Ihr Schurken, jetzt sehe ich, daß Ihr viel Geld bei Euch habt! Nun werdet Ihr nicht für zwölftausend Piaster frei, sondern Ihr müßt das geben, was ich zuerst verlangte, nämlich fünfzehntausend.«
»Verzeihe, Herr, das ist zu wenig!«
Der Hauptmann sah den kleinen Hadschi Halef ganz erstaunt an.
»Wie meinst Du das, Kerl?«
»Ich meine, daß ein Jeder von uns mehr werht ist, als fünfzehntausend Piaster. Erlaube, daß wir Dir fünfzigtausend geben!«
»Mensch, bist Du verrückt?«
»Oder hunderttausend!«
Der Bäckermeister-Jüs Baschi blies ganz rathlos die Backen auf und blickte dem Lieutenant in das hagere Gesicht.:
»Mülasim, ne sen-der – Lieutenant, was sagst Du?«
Dieser hatte den Mund offen und gestand freimüthig:
»Hitsch, sim hitsch – nichts, ganz und gar nichts!«
»Ich auch nichts! Diese Menschen müssen ungeheuer reich sein!«
Dann wandte er sich wieder zu Halef:
»Wo habt Ihr das Geld?«
»Mußt Du es wissen?«
»Ja.«
»Wir haben Einen bei uns, der für uns bezahlt. Du kannst ihn aber nicht sehen.«
»Allah bizi koruny-sun – Allah beschütze uns! Du meinst den Teufel!«
»Soll er kommen?«
»Nein, nein, niemals! Ich bin kein Dschesidi, ich verstehe nicht, mit ihm zu reden! Ich würde todt sein vor Schreck!«
»Du wirst nicht erschrecken, denn dieser Scheïtan kommt in der Gestalt eines Menschen. Da ist er schon!«
Ich hatte mich hinter dem Baume erhoben, und mit zwei schnellen Schritten stand ich vor den beiden Offizieren. Sie fuhren entsetzt aus einander, der Eine nach rechts und der Andere nach links. Da ihnen aber meine Gestalt doch nicht ganz und gar schrecklich vorkommen mochte, so blieben sie stehen und starrten mich wortlos an.
»Jüs Baschi,« redete ich sie an, »ich habe Alles gehört, was Ihr heute Abend und heute Morgen gesprochen habt. Ihr sagtet, Scheik Adi sei ein böses Nest!«
Ein schwerer Athemzug erscholl als einzige Antwort.
»Ihr sagtet, Allah möge dort die Leute zerhacken und zerquetschen.«
»Oh, oh!« ertönte es.
»Ihr sagtet ferner, Ihr wolltet die Bösewichter, die Buben, die Unreinen, die Unverschämten, die Hunde niederschießen und große Beute machen!«
Der Mülasim war halb todt vor Angst, und der Jüs Baschi konnte nichts als stöhnen.
»Ihr wolltet dann befördert werden und Tabak aus Schiras rauchen!«
»Er weiß Alles!« brachte der dicke Hauptmann angstvoll hervor.
»Ja, ich weiß Alles. Ich werde Euch befördern. Weißt Du, wohin?«
Er schüttelte den Kopf.
»Nach Scheik Adi, zu den Unreinen und Unverschämten, die Ihr tödten wolltet. Jetzt sage ich zu Euch das, was Ihr vorhin zu diesen beiden Männern sagtet: Köle olar-siz – Ihr seid meine Gefangenen!«
Die Soldaten konnten sich den Vorgang nicht erklären; sie standen in einem dichten Knäuel beisammen. Der Wink, welchen ich bei meinen letzten Worten gab, genügte. Die Dschesidi brachen hervor und umringten sie. Nicht ein Einziger dachte daran, Widerstand zu leisten. Alle waren ganz verblüfft. Die Offiziere aber ahnten nun doch den wahren Sachverhalt und griffen in den Gürtel.
»Halt, keine Gegenwehr!« ermahnte ich sie, indem ich den Revolver zog. »Wer zur Waffe greift, wird augenblicklich niedergeschossen!«
»Wer bist Du?« frug der Hauptmann.
Er schwitzte förmlich. Der brave Fallstaff dauerte mich einigermaßen, und die Don Quixote-Gestalt neben ihm gleichfalls. Um ihre Beförderung war es nun geschehen.
»Ich bin Euer Freund und wünsche deßhalb, daß Ihr nicht von den Dschesidi niedergeschossen werdet. Gebt Eure Waffen ab!«
»Aber wir brauchen sie doch!«
»Wozu?«
»Wir müssen damit die Geschütze vertheidigen!«
Dieser beispiellosen Naivität war nicht zu widerstehen, ich mußte laut auflachen. Dann beruhigte ich sie:
»Seid ohne Sorgen; wir werden die Kanonen behüten!«
Es ward zwar noch Einiges hin und her gesprochen, dann aber streckten sie doch die Waffen.
»Was werdet Ihr mit uns thun?« frug jetzt der besorgte Jüs Baschi.
»Das kommt ganz auf Euer Verhalten an. Vielleicht werdet Ihr getödtet, vielleicht aber auch erlangt Ihr Gnade, wenn Ihr gehorsam seid.«
»Was sollen wir thun?«
»Zunächst meine Fragen der Wahrheit gemäß beantworten.«
»Frage!«
»Kommen noch mehr Truppen hinter Euch?«
»Nein.«
»Ihr seid wirklich die Einzigen hier?«
»Ja.«
»So ist der Miralai Omar Amed ein sehr unfähiger Mensch. In Scheik Adi halten mehrere tausend Bewaffnete, und hier schickt er dreißig Männer mit
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