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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aber ich glaube Deiner Versicherung nicht.«
    Er schwieg; mein Mißtrauen war also wohl begründet gewesen. Die beiden Andern nahmen ihn in ihre Mitte.
    »Herr, bleibst Du hier, oder gehst Du zu den Pferden zurück?« frug der Bey.
    »Wie Ihr es wollt.«
    »So bleibe hier. Dieser Mann könnte es doch noch nothwendig machen, Dich zu brauchen.«
    »So geht; ich werde Euch hier erwarten.«
    Sie gingen, und ich ließ mich auf einen Stein nieder. Der Hund hatte seine Pflicht so gut begriffen, daß er dem Raïs so lange folgte, bis ich ihn zurückrief. Nun kauerte er sich neben mir nieder, legte mir den feinen Kopf auf das Knie und ließ sich von meiner Hand streicheln.
    So saß ich eine lange, lange Zeit allein im Dunkel. Meine Gedanken schweiften zurück über Berg und Thal, über Land und Meer zur Heimat. Wie mancher Forscher hätte viel dafür gegeben, hier an meiner Stelle sein zu können! Wie wunderbar hatte mich Gott bis hierher geleitet und beschützt, während ganze, große, wohl ausgerüstete Expeditionen da zu Grunde gegangen und vernichtet worden waren, wo ich die freundlichste Aufnahme gefunden hatte! Woran lag dies? Wie viele Bücher hatte ich über fremde Länder und ihre Völker gelesen und dabei wie viele Vorurtheile in mich aufgenommen! Ich hatte manches Land, manches Volk, manchen Stamm ganz anders – und besser gefunden, als es mir geschildert worden war. Der Gottesfunken ist im Menschen niemals vollständig zu ersticken, und selbst der Wildeste achtet den Fremden, wenn er sich selbst von diesem geachtet sieht. Ausnahmen gibt es überall. Wer Liebe säet, der wird Liebe ernten, bei den Eskimos wie bei den Papuas, bei den Aïnos wie bei den Botokuden. Mit so ganz heiler Haut war ich zwar auch nicht davongekommen, denn einige Schmarren, Schrammen und Löcher hatte diese Haut doch immerhin davongetragen; aber doch nur, weil ich, so zu sagen, als ›armer Reisender‹ gewandert war, und man weiß ja, daß selbst der höflichste ›Handwerksbursche‹ zuweilen ein scharfes Wort oder gar einen unsympathischen Klapps mit in den Kauf nehmen muß. Dürfte ich doch ein Pionnier der Civilisation, des Christenthums sein! Ich würde nicht zurückdrängend oder gar vernichtend unter meine fernen Brüder treten, die ja ebenso Gottes Kinder sind, wie wir stolzen Egoisten; ich würde jede Form der Kultur und auch den kleinsten ihrer Anfänge schätzen; es kann ja nicht der eine Sohn Allvaters grad so wie der andere sein, und nicht dem Eigennutze, sondern nur der Selbstlosigkeit kann es gelingen, mit wirklichem Erfolge das erhabene Wort zu lehren, das ›den Frieden predigt und das Heil verkündigt‹. Dieses Wort, es stammt ja nicht von einem Xerxes, Alexander, Cäsar oder Napoleon, sondern von Dem, der in einem Stalle geboren wurde, aus Armuth Ähren aß und nicht wußte, wohin er sein Haupt legen sollte, und dessen erste Predigt lautete: »Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen!« –
    So verging weit über eine Stunde, und noch saß ich allein. Ich wollte fast befürchten, daß den Gefährten in der Höhle ein Unfall widerfahren sei, und ging bereits mit mir zu Rathe, ob es nicht besser wäre, ihnen zu folgen, als ich endlich Schritte hörte.
    Ich erhob mich. Es waren die Drei, und – wie ich gleich sah – man hatte dem Raïs die Fesseln gelöst.
    »Du hast sehr lange warten müssen!« bedauerte der Melek.
    »Ich bangte bereits für Euch,« antwortete ich, »und wäre wohl in Kurzem nachgekommen.«
    »Das war nicht nöthig. Herr, wir haben den Ruh ‘i kulyan gesehen und mit ihm gesprochen!«
    »Habt Ihr ihn erkannt?«
    »Ja. Es war – – – sage Du zuerst den Namen!«
    »Marah Durimeh?«
    »Ja. Emir. Wer hätte dies gedacht!«
    »Ich! Ich habe es geahnt schon seit längerer Zeit. Was habt Ihr mit ihr gesprochen?«
    »Das ist Geheimniß und wird Geheimniß bleiben. Herr, diese Frau ist eine berühmte Meleka, und was sie zu uns redete, hat unsere Herzen zum Frieden gestimmt. Die Berwari werden unsere Gäste sein und Lizan dann als unsere Freunde verlassen.«
    »Ist dies wirklich so?« frug ich, herzlich erfreut.
    »Es ist so,« antwortete der Bey von Gumri. »Und weißt Du, wem wir dies zu verdanken haben?«
    »Dem Ruh ‘i kulyan.«
    »Ja, aber zunächst doch Dir. Emir, die alte Königin hat uns befohlen, Deine Freunde zu sein, aber wir waren es ja bereits schon vorher. Bleibe bei uns in diesem Lande als mein Bruder und als unser Aller Bruder!«
    »Ich danke Euch! Auch ich liebe

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