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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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auch ein ungewöhnlicher, außerordentlicher Charakter. Welch ein Sujet für einen neugierigen Menschen, welcher sich in der weiten Welt umhertreibt, um interessante Gegenstände für seine Feder zu finden! Ich gestehe, daß mir jetzt das Geheimniß der alten Königin weit mehr am Herzen lag, als vorher die Streitigkeit zwischen den Kurden und Chaldani.
    Als wir die Lichter von Lizan wieder vor uns erblickten, meinte der Raïs von Schohrd:
    »Jetzt muß ich mich von Euch trennen.«
    »Warum?« frug der Melek.
    »Ich muß an den Versammlungsort meiner Leute, um ihnen zu sagen, daß Frieden ist, sonst könnten sie ungeduldig werden und noch vor dem Morgen gegen die Kurden losbrechen.«
    »So gehe.«
    Er ritt von uns rechts ab, und wir waren in zehn Minuten in Lizan. Die Leute empfingen uns mit neugierigen Gesichtern. Die laute Stimme des Melek rief sie zusammen, und dann richtete er sich in dem Sattel empor, um ihnen zu verkünden, daß aller Kampf zu Ende sei, weil der Ruh ‘i kulyan es geboten habe.
    »Wollen wir die Berwari bis morgen warten lassen?« fragte ich ihn dann.
    »Nein. Sie sollen es sofort erfahren.«
    »Wer soll der Bote sein?«
    »Ich,« antwortete der Bey. »Sie werden Keinem so leicht glauben wie mir. Reitest Du mit, Herr?«
    »Ja,« stimmte ich bei, »nur warte noch ein wenig.«
    Ich wandte mich zu demjenigen Chaldani, der mir am nächsten stand, mit der Frage:
    »Du kennst den Weg nach Schohrd?«
    »Ja, Emir.«
    »So genau, daß Du ihn auch im Dunkeln findest?«
    »Ja, Emir.«
    »Kennst Du dort Ingdscha, die Tochter des Raïs?«
    »Sehr gut.«
    »Und vielleicht auch ein Weib, welches Madana heißt?«
    »Auch das.«
    »So nimm jetzt ein Pferd und reite hin. Du sollst diesen Beiden sagen, daß sie sich ohne Sorgen zur Ruhe legen können, denn es ist Frieden. Der Raïs ist mein Freund geworden und wird ihnen nicht zürnen, daß ich aus der Hütte entkommen bin.«
    Ich fühlte mich verpflichtet, den beiden braven Frauen Nachricht von dem glücklichen Ausgange der heutigen Verwicklungen zu geben; denn ich konnte mir ja denken, daß sie in Beziehung auf das Verhalten des Raïs sehr in Sorge sein würden. Und nun schloß ich mich dem Bey von Gumri an. Wir hatten unsere Pferde bereits in Gang gebracht, als uns der Melek nachrief:
    »Bringt die Berwari mit! Sie sollen unsere Gäste sein.«
    Ich kannte den Weg, trotzdem er durch Bäume und Sträucher sehr beschwerlich gemacht wurde. Aber wir hatten noch nicht viel über die Hälfte desselben zurückgelegt, als uns ein lauter Zuruf entgegenscholl:
    »Wer kommt?«
    »Freunde!« antwortete der Bey.
    »Sagt die Namen!«
    Jetzt erkannte der Bey den Posten an der Stimme.
    »Sei ruhig, Talaf, ich bin es selbst!«
    »Herr, Du selbst bist es? Schükr’ allah – Gott sei Dank, daß ich den Ton Deiner Stimme vernehme! Ist es Dir gelungen, zu entfliehen?«
    »Ich bin nicht entflohen. Wo lagert Ihr?«
    »Reite grad aus, so wirst Du die Feuer sehen!«
    »Führe uns!«
    »Ich darf nicht, Herr!«
    »Warum nicht?«
    »Ich gehöre zu den Wachen, welche ausgestellt worden sind, und darf diesen Ort nicht eher verlassen, als bis ich abgelöst werde.«
    »Wer befiehlt bei Euch?«
    »Noch immer der Raïs von Dalascha.«
    »Da habt Ihr Euch einen außerordentlich klugen Anführer gewählt, Jetzt aber bin ich da, und Ihr habt nur mir zu gehorchen. Die Wachen sind nicht mehr nöthig. Komm und führe uns!«
    Der Mann nahm seine lange Flinte über die Schulter und schritt uns voran. Bald sahen wir die Lagerfeuer zwischen den Stämmen der Bäume leuchten und gelangten an denselben Platz, wo wir am vorigen Tage die Berathung gehalten hatten.
    »Der Bey!« erklang es rundum.
    Alle erhoben sich voll Freude, um ihn zu begrüßen. Auch ich wurde umringt und mit manchem freundschaftlichen Händedruck bewillkommnet. Nur der bisherige Anführer stand von ferne und beobachtete die Szene mit finsterem Blick. Er sah, daß seine Macht am Ende sei. Endlich aber trat er doch herbei und reichte dem Bey die Hand.
    »Willkommen!« sagte er. »Du bist entronnen?«
    »Nein. Man hat mich freiwillig frei gegeben.«
    »Bey, das ist das größte Wunder, welches ich erlebe.«
    »Es ist kein Wunder. Ich habe mit den Chaldani Frieden geschlossen.«
    »Du hast zu schnell gehandelt! Ich habe nach Gumri gesandt, und in der Frühe werden viele Hunderte von Berwari zu uns stoßen.«
    »Dann bist Du selbst es, der zu schnell gehandelt hat. Hast Du nicht gewußt, daß dieser Emir nach Lizan ging, um Frieden zu

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