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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Lizan gehen und den Melek, den Bey von Gumri und den Raïs von Schohrd zu ihm bringen.«
    Ein lautes »Ah!« der Verwunderung ging durch die Versammlung, und ich fuhr fort:
    »Ich eilte herab und begegnete dem Raïs. Ich sagte ihm, daß er zu dem Ruh ‘i kulyan kommen solle, und da er dem Rufe des Geistes nicht gehorchen wollte, so nahm ich ihn gefangen und brachte ihn hierher. Holt den Bey herbei, damit er es erfährt!«
    Der Melek erhob sich.
    »Emir, Du scherzest nicht?« frug er.
    »Diese Sache ist zu ernst zum Scherze!«
    »So müssen wir gehorchen. Aber ist es nicht gefährlich, den Bey mitzunehmen? Wenn er uns entflieht, so sind wir ohne Geisel.«
    »Er muß uns versprechen, nicht zu entfliehen, und er wird sein Wort halten.«
    »Ich hole ihn.«
    Er ging und brachte nach wenigen Augenblicken den Bey mit sich herein.
    Als der Herrscher von Gumri mich erblickte, eilte er auf mich zu.
    »Du bist wieder da, Herr!« rief er. »Alochhm d’Allah – Gott sei Dank, der Dich mir wiedergegeben hat! Ich habe die Kunde von Deinem Verschwinden mit großer Betrübniß vernommen, denn ich wußte, daß meine Hoffnung nur auf Dich allein zu setzen sei.«
    »Auch ich habe an Dich mit banger Sorge gedacht, o Bey,« antwortete ich ihm. »Ich wußte, daß Du wünschest, mich frei zu sehen, und Allah, der immer gütig ist, hat mich aus der Gewalt des Feindes errettet und mich wieder zu Dir geführt.«
    »Wer war der Feind? Dieser hier?«
    Er deutete bei diesen Worten auf Nedschir-Bey.
    »Ja,« antwortete ich ihm.
    »Allah verderbe ihn und seine Kinder nebst den Kindern seiner Kinder! Bist Du nicht der Freund dieser Leute gewesen, so wie Du der meinige bist? Hast Du nicht gesprochen und gehandelt, wie es zu ihrem Besten diente? Und dafür hat er Dich überfallen und gefangen genommen! Siehst Du nun, was Du von der Freundschaft eines Nasarah zu erwarten hast?«
    »Es gibt überall gute und böse Leute, unter den Muselmännern und unter den Christen, o Bey; darum soll der Freund nicht mit dem Feinde leiden.«
    »Emir,« entgegnete er, »ich liebe Dich. Du hattest mein Herz erweicht, daß es Gedanken des Friedens hegte gegen diese Leute. Nun aber haben sie sich an Dir vergriffen, und darum mag das Messer zwischen mir und ihnen reden.«
    »Bedenke, daß Du ihr Gefangener bist!« warf ich ein.
    »Meine Berwari werden kommen und mich befreien,« antwortete er stolz.
    »Sie sind ja bereits da, aber sie sind zu schwach an Zahl.«
    »Es sind noch viele Tausend hinter ihnen.«
    »Wenn diese kommen, so ist es um Dich geschehen. Sie würden Dich nur als Leiche finden. Du bist als Geisel hier und wirst den Angriff Deiner Leute mit dem Leben bezahlen müssen.«
    »So sterbe ich. Allah hat Alles im Buche verzeichnet, was dem Gläubigen geschehen soll. Kein Mensch kann sein Kismet ändern.«
    »Bedenke, daß der Melek mein Gastfreund ist! Er hat nicht gewollt, daß mir Übles geschehe, und nur der Raïs ist es gewesen, der ohne Wissen der Übrigen feindlich gegen uns gehandelt hat.«
    »Wie bist Du entkommen, Herr?«
    »Frage den Ruh ‘i kulyan!«
    »Den Ruh ‘i kulyan?« rief er verwundert. »War er bei Dir?«
    »Nein, ich war bei ihm, und er wünscht, daß auch Du zu ihm kommst.«
    »Ich? Wann?« erkundigte er sich fast bestürzt.
    »Sofort.«
    »Herr, Du scherzest! Der Ruh ‘i kulyan ist ein gewaltiger, mächtiger Geist, und ich bin nichts als ein armer Ölidschi, der vor dem Unsichtbaren zittern muß.«
    »Er ist nicht unsichtbar.«
    »Hast Du ihn gesehen?«
    »Ich habe ihn gesehen und mit ihm gesprochen.«
    »Und Du bist nicht sofort gestorben?«
    »Wie Du siehst, lebe ich noch.«
    »Ja, Ihr Emire aus Frankistan wißt, wie man mit Geistern zu verkehren hat!«
    »Gibt es hier nicht viele Leute, die bei dem Ruh ‘i kulyan gewesen sind, ohne darauf sterben zu müssen?«
    »Sie haben zu ihm gesprochen, aber sie haben ihn nicht gesehen.«
    »Ich habe Dir nicht gesagt, daß Du ihn sehen wirst. Er hat befohlen, daß der Melek, Du und Nedschir-Bey sofort zur Höhle kommen sollt. Willst Du diesem Befehle ungehorsam sein? Auch der Melek wird dahin kommen!«
    »Dann gehe auch ich mit.«
    »Das wußte ich. Aber wirst Du dabei nicht vergessen, daß Du der Gefangene des Melek bist?«
    »Glaubt er, daß ich ihm entfliehe?«
    »Er muß vorsichtig sein. Willst Du ihm versprechen, keinen Fluchtversuch zu machen, und gibst Du ihm Dein Wort, freiwillig wieder hierher zurückzukehren?«
    »Ich gebe ihm mein Wort.«
    »Reiche ihm die Hand!«
    Er that dies,

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