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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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um, und wir folgten dieser Richtung. Wir hatten die Krümmung bereits hinter uns, als ich rechter Hand eine starke Weide bemerkte, von deren Stamm zwei Rindenstreifen abgeschlitzt waren.
    »In welcher Ordnung seid Ihr gewöhnlich geritten?« frug ich.
    »Die Frauensänfte in der Mitte, und die Leute, in zwei Hälften getheilt, vor und hinter derselben.«
    »Bei welcher Abtheilung war Saduk?«
    »Stets bei der hinteren. Er blieb oft zurück, denn er liebt die Blumen und Kräuter, welche er gern betrachtet.«
    »Er blieb zurück, um unbemerkt für Deine Verfolger Zeichen zu hinterlassen. Er ist ein großer Schlaukopf!«
    »Wo sind Zeichen?«
    »Hier an dieser Weide; komm weiter!«
    Nach einer Viertelstunde zeigte der Fluß eine fast dreifache Breite gegen früher, und sein in Folge dessen seichteres Wasser bildete eine Furt, welche sehr leicht zu passiren war. Hier blieb der Mirza stehen und deutete auf eine junge Birke, welche kurz unterhalb ihrer Krone abgeknickt war.
    »Vielleicht hältst Du auch das für ein Zeichen?« sagte er lächelnd.
    Ich untersuchte das Bäumchen.
    »Allerdings ist es ein Zeichen. Sieh das Stämmchen an, meinetwegen auch die Stämme der anderen Bäume, welche in der Nähe stehen; betrachte ferner die Richtung der Höhen hier, und Du wirst finden, daß allein der Westen die Windseite dieses Platzes sein kann. Kein Nord-, Süd- oder Ostwind kann hier so stark sein, daß er die Krone dieses schwanken Bäumchens bricht. Und doch ist sie gebrochen, und zwar so, daß sie nach West zeigt. Fällt Dir das nicht auf?«
    »Allerdings, Emir!«
    »Und nun sieh die Bruchfläche an! Sie ist noch hell, sie kann nur aus der Zeit stammen, in welcher Ihr hier vorüberkamt. Auch hatte es in den letzten Tagen keinen Sturm gegeben, der mächtig genug gewesen wäre, diese Knickung hervorzubringen. Die Krone zeigt nach West, die Richtung, welche Ihr eingeschlagen habt. Komm weiter!«
    »Sollen wir schwimmen?«
    »Schwimmen? Warum?«
    »Wir sind hier über die Furt herübergekommen.«
    »Vielleicht ist das Schwimmen gar nicht nöthig, denn der Fluß ist seicht. Laß uns hinüber waten, und Du wirst sehen, daß wir genau an der Stelle, an welcher Ihr in das Wasser rittet, wieder Zeichen finden werden.«
    Wir banden unsere Kleider in ein Bündel, das wir auf dem Kopfe trugen. Das Wasser ging uns bald nur über die Knie, bald etwas höher; nur einmal erreichte es meine Achseln. Drüben angekommen, mußte sich der Mirza sogleich von der Richtigkeit meiner Vermuthung überzeugen, denn es waren mehrere wilde Traubenranken so zusammengebogen und verbunden, daß sie eine Thoröffnung versinnbildlichten.
    »Hatte hier Saduk Zeit, das zu thun?« frug ich.
    »Ja. Ich besinne mich, daß die Kameele nicht in das Wasser wollten; wir hatten viele Mühe mit ihnen. Saduk ließ sein Pferd zurück, um eines der Kameele hinüberzubringen, und kehrte dann allein und zuletzt zurück, um sein Pferd nachzuholen.«
    »Wie schlau! Glaubst Du mir noch immer nicht?«
    »Emir, ich beginne allerdings, Dir beizustimmen. Aber was wird er in der Ebene, wo es nur Gras gab, für Zeichen gemacht haben?«
    »Auch das werden wir erfahren. Aus welcher Richtung seid Ihr an diese Stelle gekommen?«
    »Vom Aufgang der Sonne. Da drüben ist – – o, Emir, was ist das?«
    Er deutete nach Ost – ich folgte der Richtung seines Armes und gewahrte eine dunkle Linie, welche sich uns in grader Richtung zu nähern schien.
    »Sind das Reiter?« frug der Perser.
    »Allerdings. Schnell, wieder über das Wasser hinüber, denn auf dieser Seite gibt es kein Versteck für uns; drüben aber haben wir Felsen und ein dichtes Gebüsch!«
    Der Rückmarsch ward rasch ausgeführt, und nun suchten wir uns ein sicheres Versteck, wo wir die Nahenden leicht beobachten konnten. Erst hier fanden wir Zeit, die Kleider wieder anzulegen.
    »Wer mögen diese Leute sein?« frug der Mirza.
    »Hm! Jedenfalls ist hier kein Handelsweg; aber die Furt könnte doch auch Anderen bekannt sein. Wir müssen eben warten.«
    Die Reiter kamen im Schritte näher und erreichten das jenseitige Ufer. Sie waren jetzt so nahe, daß wir die Gesichter zu unterscheiden vermochten.
    »Derigh!« flüsterte der Perser. »Es sind persische Truppen!«
    »Auf türkischem Boden?« frug ich zweifelnd.
    »Du siehst ja, daß sie die Kleidung der Beduinen tragen!«
    »Sind es Ihlats oder Milizen?«
    »Ihlats. Ich kenne den Anführer; er war mein Untergebener.«
    »Was ist er?«
    »Es ist der Susbaschi Maktub Agha, der

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