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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Blumen stand, und wagte es, zu ihr von seiner Neigung zu sprechen. Der Muschtahed befand sich unbemerkt in der Nähe und ließ ihn festnehmen. Aus Rücksicht für meinen Vater wurde er nicht dem Urfgerichte übergeben, welches ihn zum Tode verurtheilt hätte; aber er hatte mit der Zunge gesündigt, und der Muschtahed drang darauf, daß mein Vater ihm die Zunge nehmen solle. Mein Vater hatte den Muschtahed sehr zu berücksichtigen, und so ließ er einen Maitschunigar kommen, welcher zugleich ein berühmter Arzt war, und dem Bogenschützen die Zunge herausschneiden.«
    »Das war fast schlimmer als der Tod. Saduk ist seit jener Zeit stets bei Deinem Vater gewesen?«
    »Ja. Und seine Schmerzen hat er mit geduldiger Ergebung getragen, denn er ist sanft und freundlich von Charakter. Aber es lag ein Fluch auf der That.«
    »Wie so?«
    »Der Muschtahed starb an Gift; der Arzt lag eines Morgens ermordet vor der Thür seiner Apotheke, und das Mädchen ertrank bei einer Wasserfahrt, als der Kahn eines verhüllten Mannes den ihrigen umstieß.«
    »Das ist sehr eigenthümlich. Sind die drei Mörder nicht entdeckt worden?«
    »Niemals. Ich weiß, was Du jetzt denken wirst, Emir; aber Deine Vermuthung ist eine ungerechte, denn Saduk war sehr oft krank, und er lag grad an den Tagen, an denen die Drei den Tod fanden, als Patient in seiner Kammer.«
    »Auch Dein Vater starb eines nicht natürlichen Todes?«
    »Er wurde auf einem Ritte überfallen. Saduk und ein Kajem Makam begleiteten ihn. Saduk allein hatte sich gerettet – er blutete aus einer Wunde; mein Vater aber und der Kajem Makam waren todt.«
    »Hm! Hat Saduk die Mörder nicht erkannt?«
    »Es war dunkel; den Einen der Angreifenden erkannte er an der Stimme – den größten Widersacher meines Vaters.«
    »An dem Du Dich gerächt hast?«
    »Die Richter sprachen ihn frei, aber er – – ist todt!«
    Die Miene des Mirza sagte mir sehr deutlich, welch eines Todes jener Widersacher gestorben sei. Er warf die Hand verächtlich empor und meinte: »Das ist vorbei; laß uns nach dem Lager zurückkehren!«
    Er ging. Ich blieb noch eine Weile, denn was ich jetzt erfahren hatte, gab mir sehr zu denken. Dieser Saduk war entweder ein ganz und gar selbstloser Mensch, wie es nur wenige gibt, oder ein ganz und gar raffinirter Bösewicht. Er durfte nicht aus den Augen gelassen werden. Als ich später in das Lager kam, war man eben beschäftigt, das Mittagsmahl zu bereiten. Ich sagte dem Engländer, daß ich mit dem Perser nach Bagdad und dann nach Kerbela zu reiten Lust hätte, und er erklärte sich sofort bereit, die gefährliche Reise mitzumachen.
    Meine Wunde belästigte mich heute nicht im Geringsten; ich fühlte mich ganz wohl, und darum griff ich am Nachmittag zum Stutzen, um mich in Begleitung meines Hundes ein wenig in der Gegend umzusehen. Sir David Lindsay wollte mich begleiten, ich aber zog es vor, allein zu sein. Aus alter langjähriger Gewohnheit wollte ich mich zunächst von der Sicherheit des Lagers überzeugen. Die Hauptsache ist dabei, die eigenen Spuren zu verbergen und dann nachzuforschen, ob sich Spuren feindseliger Wesen bemerkbar machen. Ich umschritt also das Lager in mehreren Kreisen, bis ich unten am Flusse anlangte. Da sah ich denn, daß das Gras an dem Ufer desselben in höchst auffälliger Weise niedergetreten war. Eben wollte ich mich der Stelle nähern, als ich hinter mir die Zweige rauschen hörte.
    Schnell trat ich hinter einen dichten Busch und duckte mich zur Erde. Ich hörte Schritte unweit meines Versteckes – derstumme Perser trat aus dem Buschrande hervor, sah sich um und ging, als er keinen Beobachter bemerkte, nach dem Flusse zu derselben Stelle, die mir soeben aufgefallen war. Dort stampfte er im Grase herum und kehrte dann ohne Verzug zurück. Ehe er den Rand des Gesträuches wieder erreichte, warf er einen scharfen, mir auffallenden Blick auf zwei Stellen des Gesträuches und wollte dann vorüberhuschen.
    Da aber hatte ich ihn mit der Linken bereits bei der Brust und gab ihm mit der Rechten eine Ohrfeige, die ihm jede Widerstandsfähigkeit benahm.
    »Chaïntkar – Verräther! Was thust Du hier?« fuhr ich ihn an. Er konnte allerdings nicht sprechen, und die unverständlichen Töne, welche er hervorstieß, waren jedenfalls mehr eine Folge seines Schreckens, als der Absicht, mir sein Thun zu erklären.
    »Siehst Du dieses Gewehr?« sagte ich. »Wenn Du nicht sofort thust, was ich Dir befehle, so schieße ich Dich nieder! Nimm Deine Kelah, schöpfe

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