Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Ebenholz glänzendes Mohrengesicht erschien in der Öffnung.
    »Allaha, der Herr!« rief der Neger und riß das Thor so weit wie möglich auf.
    Der Kaufmann antwortete ihm gar nicht und winkte uns nur, ihm zu folgen. Ich that es mit Halef, nachdem ich den Irländern bedeutet hatte, die Thiere hereinzuziehen und bei ihnen zu bleiben.
    Wir befanden uns in einem langen, schmalen Hofraume und vor einer zweiten Mauer, deren Thür bereits offen stand. Als wir dieselbe hinter uns hatten, sah ich vor mir einen großen, quadratischen Platz, welcher durchgehends mit Marmor gepflastert war. Von drei Seiten öffneten sich auf ihn laubenartige Arkaden, deren Öffnungen von den in Kübeln gezogenen Citronen, Orangen, Granaten und Feigen maskirt wurden. Die vierte Seite, von der Mauer gebildet, durch welche wir soeben getreten waren, war ganz von Jasmin, Damascenerrosen und roth-weiß geflammten syrischen Hibisch überzogen. Die Mitte des Platzes nahm ein granitenes Bassin ein, in dessen Wasser sich gold- und silberglänzende Fische tummelten, und an jeder Ecke befand sich ein fließender Brunnen, um dieses Bassin zu speisen. Über den Arkaden zog sich ein bunt bemaltes Stockwerk hin, zu welchem eine breite, mit duftenden Blumen reich geschmückte Treppe emporführte; es enthielt viele Gemächer und andere Räume, deren Fensteröffnungen theils mit seidenen Vorhängen, theils durch ein kunstvolles, hölzernes Gitterwerk verschlossen waren.
    Eine Gruppe von Frauen ruhte auf weichen Polstern am Bassin. Bei unserm Anblick erhoben sie ein angstvolles Gekreisch und eilten schleunigst der Treppe zu, um in den Gemächern zu verschwinden. Nur eine einzige Gestalt war nicht entflohen. Auch sie hatte sich erhoben, kam aber auf den Kaufmann zu und küßte ihm mit Ehrerbietung die Hand.
    »Allah altunlama senin gelme, baba – Allah vergolde Dein Kommen, mein Vater!« grüßte sie.
    Er drückte sie herzlich an sich und sagte:
    »Geh zur Mutter und sage ihr, daß Gott mein Haus mit theuren Gästen segnet. Ich werde sie in das Selamlik führen und dann zu Euch kommen.«
    Auch er sprach, wie seine Tochter, türkisch. Vielleicht war Stambul sein früherer Aufenthalt gewesen.
    Die Tochter entfernte sich, und wir folgten ihr langsam die Treppe empor, wo wir in einen Gang kamen, welcher eine lange Reihe von Thüren zeigte. Der Hausherr öffnete eine derselben, und wir traten in ein großes Zimmer, welches durch ein durchbrochenes Kuppeldach, dessen Öffnungen mit vielfarbigem Glase bedeckt waren, ein köstliches Licht empfing. Hohe, breite Sammetpolster zogen sich an den Wänden hin; in einer Nische tickte eine französische Pendule ihre monotonen Schläge; von der Kuppel hing ein vielarmiger, vergoldeter Leuchter herab, und zwischen den seidenen Draperien, welche die Wände verdeckten, blickten aus kostbaren Rahmen zahlreiche Bilder auf uns nieder. Es waren – man denke sich mein Erstaunen – die rohesten Farbenklexereien,mit denen leider noch heute eine schmutzige Kolportage-Spekulation die Welt beglückt: Napoleon im Kaiserornate, aber mit dicken, zinnoberroth gemalten Posaunenengelbacken; Friedrich der Große mit einem dünnen Henri-quatre; Washington in einer ungeheuren Allongeperücke; Lady Stanhope mit Schönpflästerchen; die Seeschlacht bei Tschesme mit holländischen Torfkähnen; ein Riesenbouquet mit rothen Helianthus, gelben Kornblumen und blauen Schneeglöckchen; ein Herkules Korynephoros, mit dem Lindwurm des heiligen Georg zwischen den Beinen, und endlich gar die Erstürmung von Sagunt, aus dessen Schießscharten Kanonenläufe schauten und über dessen eingeschossenen Mauern sich ein dichter, violetter Pulverdampf lagerte. Solche Kunstungeheuerlichkeiten können eben nur für den – – Orient bestimmt sein.
    Vor den Polstern standen kleine niedere Tischchen mit Metallplatte, bereits mit gestopften Pfeifen und kleinen Kaffeetäßchen versehen; in der Mitte des Raumes aber stand – ich wagte es kaum zu glauben, aber meine Augen konnten mich doch unmöglich täuschen – ein Pianoforte, wirklich und wahrhaftig ein Pianoforte, mit vielfach abgesprungener Fournirung zwar, aber sonst in einem noch ganz leidlichen Zustande, wie es schien. Ich hätte es am liebsten sofort öffnen mögen, mußte jedoch die Würde bewahren, welche ich dem Emir Kara Ben Nemsi schuldete.
    Wir waren kaum eingetreten und hatten uns gesetzt, so erschien ein hübscher Knabe mit einem Becken voll glühender Holzkohlen, um die Pfeifen in Brand zu stecken, und nur

Weitere Kostenlose Bücher