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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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nicht, ihre Gefühle in Worten laut werden zu lassen; doch ihre lebhafte Bewegung und der anerkennende Ton ihres Geflüsters überzeugten mich, daß sie sich nichts weniger als gelangweilt hatten.
    Ich spielte weiter, ein ganzes, stundenlanges Programm herunter, und mein Publikum wurde nicht müde, den noch nie gehörten Klängen zu lauschen.
    »Herr, ich habe nie gewußt, daß in diesem Tschalghy solche Stücke stecken,« meinte der Hausherr, als ich ausruhte.
    »O, es stecken noch viel herrlichere darinnen,« antwortete ich; »man muß es nur verstehen, sie hervor zu locken. Bei uns im Abendlande gibt es Tausende von Männern und Frauen, welche dies noch zehnmal besser können, als ich.«
    »Auch Frauen?« frug er verwundert.
    »Ja.«
    »So soll auch mein Weib lernen, auf dem Tschalghy Musik zu machen, und sie muß es dann den Töchtern zeigen.«
    Der gute Mann hatte keine Ahnung von den Schwierigkeiten, die sich diesem so rasch gefaßten Entschlusse hier in Damaskus entgegen stellten; ich hielt es nicht nothwendig, ihn aufzuklären, und fragte:
    »Man kann zu dieser Musik auch tanzen; hast Du einmal einen abendländischen Tanz gesehen?«
    »Niemals.«
    »So schicke einmal nach unsern beiden Begleitern. Sie sollen sofort kommen.«
    »Diese! Sollen etwa sie tanzen?«
    »Ja.«
    »Sie? Als Männer!«
    »Die Sitte des Abendlandes erlaubt es, daß auch Männer tanzen, und Du wirst sehen, wie hübsch das ist.«
    Ein allgemeines »Peh peh!« der Erwartung tönte durch das Zimmer, als einer der Knaben den Raum verließ, um die Irländer zu holen.
    »Könnt Ihr tanzen?« frug ich sie, als sie eintraten.
    Auch sie hatten bequeme Hauskleidung angelegt und sahen so neugewaschen aus, daß sie sicher auch im Bade gewesen waren. Sie stießen sich freundschaftlich mit den Ellbogen und machten die Augen weit auf, als sie das Instrument erblickten.
    »Heigh-day, a music-chest – heisa, ein Musikkasten!« lachte Bill mit breitem Gesichte. »Tanzen? Natürlich können wir tanzen! Sollen wir?«
    »Ja.«
    »In diesen Kleidern?«
    »Warum nicht?«
    »Well, so ziehen wir die Pantoffel aus und tanzen barfuß.«
    »Welche Tänze könnt Ihr?«
    »Alle! Reel, Hornpipe, Hochländer, Stamp-man, Polka, Galopp, Walzer, kurz Alles, was verlangt wird. Man hat das ganz gut gelernt!«
    »Na, so schiebt die Teppiche zusammen und legt einmal los; einen Hochländer!«
    Die beiden kräftigen Söhne Irland’s zeigten sich unermüdlich, und das beifällige Lachen der Frauen ermunterte sie zu immer neuen Leistungen. Ich glaube, diese Damaskeserinnen hätten am liebsten sich mitbetheiligt. Aber endlich glaubte ich, daß des Guten jetzt genug geschehen sei. Die Damen entfernten sich mit herzlichem Dank, und auch der Wirth erklärte, daß er nach so langer Abwesenheit sich nun in seinem Geschäfte umsehen müsse. Ich sagte ihm, daß ich unterdessen mit Halef ausgehen werde, um die Stadt einmal in Augenschein zu nehmen, und sofort befahl er, daß man zwei Esel für uns sattele und daß ein Diener uns begleiten solle. Zugleich bat er uns, nicht spät heimzukehren, weil uns am Abend einige seiner Freunde erwarten würden.
    Im Hofe fanden wir zwei weiße Bagdader Esel für uns und einen grauen für den Diener, welcher sich mit Tabak und Pfeifen reichlich versehen hatte. Wir brannten an, stiegen auf, verließen das Haus und lenkten durch die Seitengasse nach der ›geraden Straße‹ ein. Mit bloßen Füßen in Pantoffeln, mit herabhängenden Turbantüchern und dampfenden Tschibuks ritten wir gravitätisch wie türkische Paschas die reich belebte Straße entlang, um in das Christenviertel zu gelangen. Wir durchschlenderten dieses Quartier gemächlich und bemerkten dabei, daß die meisten Passanten ihr Ziel gegen das Thomasthor genommen zu haben schienen.
    »Dort muß etwas zu sehen sein,« wandte ich mich an den Diener.
    »Ja, Effendi, sehr viel,« antwortete er. »Es ist heut das Fest Er-Rimal, wo man mit den Bogen schießt. Wer sich vergnügen will, geht vor die Stadt in die Zelte und Gärten, um zu sehen, welche Freude Allah ihm bereitet hat.«
    »Das können wir auch thun, denn es ist noch nicht spät am Tage. Kennst Du den Ort?«
    »Ja, Effendi.«
    »So führe uns!«
    Wir ließen unsere Thiere schärfer traben und gelangten bald durch das Thor hinaus in die Ghuta, wo auf allen Wegen und Plätzen reges Leben herrschte. Ich sah bald, daß Er-Rimal ein Fest sei, an welchem sich die Anhänger aller Religionen betheiligen durften, ein Fest, unserem deutschen

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