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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ließ einige darauf bezügliche Worte fallen und bekam zu hören, daß Jacub auf anderen Bazars noch mehrere Gewölbe für Spezereisachen, Teppiche und kostbare Rauchutensilien besitze.
    Nachdem wir auch hier eine Tasse Kaffee getrunken hatten, brachen wir auf. Die Zeit der Dämmerung nahte, und wir waren nicht lange zu Hause angekommen, so brach der Abend herein.
    Man hatte mir während meiner Abwesenheit die Stube geschmückt. Von der Decke hingen Ampeln voll duftender Blumen herab, und auch in jeder Ecke stand eine hohe Vase, mit liebenswürdigen Kindern Flora’s angefüllt. Schade, daß ich mich so gar nicht auf Blumensprache verstand, sonst hätte ich vielleicht eine rührende Dankadresse für das Piano-Concert herauslesen können!
    Ich legte mich lang auf das Polster, um ein wenig nichts zu thun, aber ich that doch etwas, nämlich ich dachte an diesen Abrahim Mamur, der mir gar nicht wieder aus dem Sinne kommen wollte. Was wollte er hier in Damaskus? Hatte er wieder eine seiner Schändlichkeiten vor? Warum floh er vor mir, da ich doch eigentlich gar nichts mehr mit ihm zu thun hatte? Auf welche Weise war es wohl möglich, seine Wohnung kennen zu lernen?
    So sann und grübelte ich, doch dabei immer auf das rege Leben horchend, welches draußen auf dem Corridore zu herrschen begann. Da, nach langer Zeit, wurde an meine Thüre geklopft, und Jacub trat ein.
    »Herr, bist Du fertig zum Abendmahle?«
    »Wie Du befiehlst.«
    »So komm! Halef, Dein Begleiter, ist bereits fort.«
    Er führte mich nicht nach dem Selamlik, wie ich erwartet hatte, sondern durch zwei Corridore nach der vorderen Seite des Hauses und öffnete daselbst eine Thür. Es war ein großes, fast saalähnliches Zimmer, welches ich betrat. Von hundert Kerzen hell bestrahlt, glänzten ringsum schwarz eingestickte Kuransprüche von den seidenen Wänden. Ein Drittel des Raumes wurde durch einen eisernen Stab abgeschnitten, von dem quer über das Zimmer ein schwerer Sammtvorhang niederhing. In ihm befanden sich drei Fuß über dem Boden zahlreiche Gucklöcher, was mich zu der Annahme veranlaßte, daß sich hinter ihm die Frauen niederlassen würden.
    Es waren gegen zwanzig Herren anwesend, die sich bei unserem Eintritte erhoben, um mich mit der Hand zu begrüßen, während Jacub mir ihre Namen nannte. Zwei Söhne und drei Gehilfen von ihm waren dabei, auch Halef war bereits zugegen; er schien sich überhaupt mit würdiger Gewandtheit in seine gegenwärtige Lage zu finden.
    Während der Anfangs nicht recht fließenden Unterhaltung wurden wohlriechende Liqueurs getrunken, wobei die unvermeidliche Pfeife dampfte; dann aber ward ein Mahl aufgetragen, bei dessen Anblick sich mein guter Halef nicht ganz beherrschen konnte, sondern sich die sechzehn Haare seines Schnurrbartes mit beiden Händen unwillkürlich aus dem Munde strich. Es gab daaußer den mir bereits bekannten Gerichten auch noch ein Mus von Tobba und Habb el Aas, Salat von Sübbh el Belad, einer rothen Wurzel, welche unserer Möhre ähnlich ist, gebratene Schürrsch el Mahrut, eine scharf gebratene große Eidechsenart, welche mein Wirth Dobb nannte und deren Fleisch mir recht gut mundete. Auf weiten Reisen lernt man am leichtesten alte Vorurtheile ablegen.
    Nach dem Essen wurden die Platten und Gefäße entfernt, und dann – ward das Piano hereingetragen. Ein bittender Blick Jacub’s sagte mir, was von mir gewünscht werde, und ich kam meiner Pflicht auch ohne Zögern nach. Nur eine Bedingung machte ich, auf deren Erfüllung ich aber auch streng bestand. Ich bat nämlich, den Vorhang zu entfernen. Jacub sah mich erschrocken an.
    »Warum, Herr?« frug er.
    »Weil dieser Sammet den Schall meiner Töne so einsaugen wird, daß Ihr nicht sehr viel Schönes hören werdet.«
    »Aber es sitzen Frauen dahinter!«
    »Sie haben ihre Schleier!«
    Erst nach einer längeren Unterredung mit seinen Gästen wagte er, den Vorhang zu beiden Seiten zurückzuschieben, und nun erblickte ich etliche dreißig weibliche Gestalten, welche auf weichen Matten am Boden hockten. Ich that mein Möglichstes, sie zu unterhalten, und sang ihnen auch eine Anzahl Lieder vor, deren Text ich während des Gesanges, so gut ich es vermochte, in das Arabische extemporirte.
    Als ich aufhörte, führte mich Jacub an das kleine Gitterfenster, welches hinaus auf die ›gerade Straße‹ ging. Da unten stand, so breit die Gasse war, eine Kopf an Kopf gedrängte Zuschauerschaar. Was werden diese Moslemin gedacht haben, als sie mich singen

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