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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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hätte ihm am liebsten eine Ohrfeige gegeben.
    »Auch wir kämpften,« antwortete ich gleichmüthig; »allerdings nur mit denen, welche Du unnöthiger Weise entschlüpfen ließest. Ein weiser Mann ist stets darauf bedacht, die Fehler Anderer gut zu machen.«
    »Wen habe ich entkommen lassen?« fuhr er auf.
    »Alle, welche hier entkommen sind. Da Du auf meinen Rath nicht hörtest, den Ausgang dieses Hauses zu besetzen, war ich mit meinem Diener nicht im Stande, die große Hälfte der Schurken festzuhalten, während Ihr Euch mit der kleineren beschäftigtet. Was wird mit den Gefangenen geschehen?«
    »Allah weiß es! Wo wirst Du morgen wohnen?«
    »Jedenfalls hier.«
    »Du wirst nicht mehr hier wohnen.«
    »Warum?«
    »Das wirst Du bald merken. Also wo wirst Du morgen zu treffen sein?«
    »Bei dem Bazirgian Maflei, welcher in der Nähe der Jeni Dschami wohnt.«
    »Ich werde zu Dir senden.«
    Er wandte sich nach diesen Worten ohne einen Gruß von mir ab und gab ein Zeichen. Die Gefangenen wurden herbeigebracht und eingeschlossen; dann setzte sich der Zug in Bewegung. Ich kehrte, ohne ihm nachzublicken, in den Hof zurück und da bemerkte ich allerdings sogleich, weßhalb ich morgen nicht mehr hier wohnen werde. Dieser freundliche Offizier hatte Feuer an das Haus des Griechen legen lassen, und die Flammen leckten bereits zu den Stubendecken empor. Das war eine ächt muselmännische Art und Weise, mit einer nicht sehr ehrenvollen Erinnerung fertig zu werden.
    Ich sprang, ohne Lärm zu schlagen, in unser Logis empor, um unsere Gewehre, die wir nicht gebraucht hatten, und das wenige Andere, mit dem wir eingezogen waren, zusammen zu nehmen. Ich trug es in den Hof herunter, und nun schlug auch die Flamme so hoch empor, daß man sie und ihre Helligkeit auf der Gasse bemerken mußte. Das Geschrei und der Tumult, der sich nun erhob, ist ganz unmöglich zu beschreiben. Man muß Augenzeuge einer Feuersbrunst in Constantinopel gewesen sein, um sich einen Begriff von der unendlichen Panik machen zu können, welche durch einen Brand entsteht. Man denkt gar nicht an das Löschen; man denkt nur an die Flucht, und da die Häuser meist nur hölzerne sind, so legt ein solches Feuer oft ganz beträchtliche Complexe in Asche.
    Mein alter Baruch war vor Schreck ganz sprachlos, und seine Frau konnte sich nicht rühren. Wir trösteten Beide so gut wie möglich, packten ihre wenigen Habseligkeiten zusammen und versprachen ihnen eine freundliche Aufnahme bei Maflei. Einige Lastträger waren bald zur Stelle, und so verließen wir ein Logis, welches wir nicht ganz einen Tag bewohnt hatten, während doch die Miethe für eine ganze Woche entrichtet worden war. Der reiche Bäcker hatte an dem alten Hause jedenfalls keine Million verloren.
    Wir fanden zu so später Stunde natürlich Maflei’s Haus verschlossen, doch wurde uns auf unser Klopfen sehr bald geöffnet. Die Glieder der ganzen Familie versammelten sich; sie waren sehr enttäuscht, als sie hörten, daß unser Unternehmen auf diese Weise geendet hatte. Lieber hätten sie Abrahim Mamur in ihrer Gewalt gehabt, doch befriedigten sie sich schließlich mit der Überzeugung, daß er in den Fluthen seinen Lohn gefunden habe.
    Baruch wurde mit seinem Weibe willkommen geheißen, und der Hausherr versicherte ihm, daß er für ihn sorgen werde.
    Schließlich, als uns gesagt worden war, daß wir unser Gartenhaus wieder bereit finden würden, bemerkte Isla mit freudigem Angesichte:
    »Effendi, wir haben heute, als Du abwesend warst, einen unerwarteten, aber sehr lieben Gast erhalten. Rathe einmal, wer es ist!«
    »Wer kann da rathen! Kenne ich ihn?«
    »Gesehen hast Du ihn noch nicht, aber erzählt habe ich Dir von ihm. Ich werde ihn rufen, und wenn Du ihn gesehen hast, sollst Du rathen.«
    Ich war ein wenig gespannt auf diesen Gast, denn er mußte mit unseren Erlebnissen in Beziehung stehen. Nach kurzer Zeit trat Isla mit einem ältlichen Manne ein, den ich allerdings noch nicht gesehen hatte. Er trug die gewöhnliche türkische Kleidung und hatte nichts an sich, was mich auf die richtige Spur hätte bringen können. Seine sonnverbrannten Züge waren kühn und scharf geschnitten, doch die Falten, welche sein Gesicht durchfurchten, und der lange, schneeweiße Bart gaben ihm ein Aussehen, als habe er an einem schweren Kummer zu tragen.
    »Dies ist der Mann, Effendi,« meinte Isla. »Nun rathe!«
    »Ich errathe es nicht.«
    »Und doch wirst Du es errathen!« Und an den Fremden sich wendend, bat er: »Rede

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