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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Dämmerung. Im Norden stand, eine Seltenheit, ein kleines, schleierartiges Wölkchen am Himmel, welches Abu Seïf sehr besorgt betrachtete. Die Nacht brach herein, und ich mußte unter Deck gehen. Da war es jetzt schwüler noch als gewöhnlich, und diese Schwüle steigerte sich von Viertelstunde zu Viertelstunde. Ich war um Mitternacht noch nicht eingeschlafen. Da hörte ich von fern her ein dumpfes Brausen, Donnern und Rollen, welches mit Sturmeseile näher kam und unser Schiff erfaßte. Ich fühlte, daß es mit dem Vorderteile tief in die Fluten tauchte, sich aber wieder erhob und dann mit verdoppelter Geschwindigkeit dahinschoß. Es ächzte und stöhnte in allen Fugen. Die Mastenfüße krachten in ihrer Verkeilung, und auf dem Decke rannte die Bemannung unter ängstlichen Rufen, Jammern und Beten hin und her.
    Dazwischen hinein tönten die lauten, besonnenen Kommandorufe des Führers. Es war auch notwendig, daß dieser seine Kaltblütigkeit nicht aufgab. Nach meiner ungefähren Berechnung nahten wir uns der Höhe von Rabbegh, welches von den Arabern Rabr genannt wird, und von da an südwärts giebt es eine Unzahl von Klippen und Korallenbänken, welche der Schiffahrt selbst bei Tage sehr gefährlich sind. Dort liegt auch die Insel Ghauat, und zwischen ihr und Ras Hatiba ragen zwei Korallenklippen empor, zwischen denen die Durchfahrt bei Sonnenlicht und ruhigem Wetter mit den größten Gefahren verbunden ist, und deshalb bereiten sich die Schiffer, ehe sie dieser Stelle nahen, immer durch Gebet vor. Der Ort wird Om-el-Hableïn genannt, »Ort der beiden Seile«, ein Name, welcher auf die Art und Weise hindeutet, in welcher man früher sich vor der Gefahr zu sichern suchte.
    Auf diese Durchfahrt trieb uns der Orkan mit rasender Schnelligkeit zu. Eine Landung vorher war unmöglich.
    Ich hatte mich von meinem Lager erhoben. Aber wenn das Schiff auf eine Klippe rannte, war ich doch verloren, da meine Kammer verschlossen war.
    Da war es mir, als hörte ich mitten im Brausen der Elemente ein Geräusch vor meiner Thür. Ich trat näher und horchte. Ich hatte mich nicht getäuscht. Man entfernte die Verrammelung, und die Thür wurde geöffnet.
    »Sihdi!«
    »Wer ist da?«
    »Hamdulillah, Preis sei Gott, der mich den richtigen Ort gleich finden ließ! Kennst du nicht die Stimme deines treuen Halef?«
    »Halef? Unmöglich! Der kann es nicht sein; der kann nicht gehen.«
    »Warum nicht?«
    »Weil er verwundet ist und ein Bein gebrochen hat.«
    »Ja, verwundet bin ich, Sihdi, von einer Kugel am Arme; aber nur sehr leicht. Das Bein habe ich nicht gebrochen.«
    »So hat Abu Seïf mich belogen.«
    »Nein, sondern ich habe ihn getäuscht. Ich mußte mich verstellen, um meinem guten Sihdi helfen zu können. Nun habe ich drei Tage mit den Schienen am Beine unten im Raume gelegen und des Nachts habe ich sie entfernt und bin auf Kundschaft ausgekrochen.«
    »Wackerer Halef, das werde ich dir nicht vergessen!«
    »Ich habe auch Verschiedenes erfahren.«
    »Was?«
    »Abu Seïf wird eine Strecke vor Dschidda anlegen, um nach Mekka zu pilgern. Er will dort beten, daß sein Bruder wieder frei werde. Mehrere von seinen Mannen gehen mit.«
    »Vielleicht ist es uns da möglich, zu entkommen.«
    »Ich werde sehen. Das wird also morgen sein. Deine Waffen sind in seiner Kammer.«
    »Kommst du morgen abend wieder, wenn wir in dieser Nacht nicht umkommen?«
    »Ich komme, Sihdi.«
    »Aber die Gefahr, Halef!«
    »Heute ist es so finster, daß mich niemand sehen konnte, und nach uns zu schauen, haben sie keine Zeit, Sihdi. Morgen aber wird Allah helfen.«
    »Hast du Schmerzen in deiner Wunde?«
    »Nein.«
    »Was ist mit dem Sambuk geschehen? Ich lag in Ohnmacht und kann es also nicht wissen.«
    »Sie haben das ganze Geld genommen, welches nun in der Odades Kapitäns liegt, und die Bemannung angebunden. Nur uns zwei hat man mitgenommen, damit du den Bruder Abu Seïfs befreien sollst.«
    Kammer, Kajüte.
    »Das weißt du?«
    »Ich habe Gespräche belauscht.«
    »Und die Barke in jener Nacht?«
    »Sie lag nicht weit von uns hinter den Klippen vor Anker und hatte auf uns gewartet. Chajir ola, gute Nacht, Sihdi!«
    »Gute Nacht!«
    Er ging hinaus, schob den Riegel vor und brachte auch die Verbarrikadierung wieder an Ort und Stelle.
    Ich hatte während dieses Besuches den Orkan ganz und gar vergessen, der ganz unerwartet ebenso schnell sich legte, als er gekommen war; und wenn die See auch noch lange hoch ging, wie ich aus den Bewegungen des Schiffes

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