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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unsere Decken und um deine Waffen gekommen und haben also das Recht, uns zu entschädigen. Unser Geld aber haben wir noch.«
    »Nein, Sihdi; das meinige haben sie genommen.«
    »Hattest du viel?«
    »Hattest du mir nicht alle zwei Wochen drei Maria-Theresien-Thaler gegeben? Ich hatte sie alle noch; nun sind sie weg, und ich werde mir nehmen, was mir gehört.«
    Er trat an den Kasten. Sollte ich ihn hindern? In gewisser Beziehung hatte er recht. Wir befanden uns in Umständen, unter denen wir uns unser Recht selbst zu wahren hatten. Wo konnten wir Abu Seïf auf Rückgabe des geraubten Geldes verklagen? Ich mußte zu sehr sparen, als daß ich meinem Diener das Geraubte aus meiner Tasche hätte ersetzen können, und überdies hätte ein weiterer Streit mit Halef uns nur aufgehalten oder gar in Gefahr gebracht; ich begnügte mich also mit dem Einwande: »Der Sandyk wird verschlossen sein.«
    Er trat hinzu, visitierte und sagte dann:
    »Ja, es ist ein Schloß daran, und der Schlüssel fehlt, aber ich werde dennoch öffnen.«
    »Nein, das wirst du nicht! Wenn du das Schloß aufsprengst, so giebt es einen Krach, der uns verrät!«
    »Sihdi, du hast recht. Ich werde mir meine Thaler doch nicht holen können. Komm, wir wollen gehen!«
    Bei dem Tone, in welchem er diese Worte sprach, bedauerte ich fast, daß er auf Ersatz verzichten mußte. Ein anderer Araber hätte es nicht gethan, davon war ich überzeugt, und das brachte mich zu dem Versprechen:
    »Halef, du sollst die Theresienthaler noch einmal von mir bekommen!«
    »Ist es wahr, Sihdi?«
    »Ja.«
    »So laß uns gehen!«
    Wir verließen die Kajüte und erreichten glücklich den Rand des Fahrzeuges. Der Abstand zwischen ihm und dem Lande war doch ein bedeutender, wie man bei dem nächtlichen Sternenlichte bemerken konnte.
    »Kommst du hinüber, Halef?« fragte ich besorgt.
    Ich wußte, daß er ein guter Springer war; hier aber konnte man keinen Anlauf nehmen.
    »Paß auf, Sihdi!«
    Er erhob sich, setzte den Fuß auf den Regeling und stand im nächsten Augenblick drüben am Ufer. Ich folgte ihm sofort.
    »Hamdulillah, Gott sei Dank! Jetzt sind wir frei. Aber was nun?« fragte Halef.
    »Wir gehen nach Dschidda.«
    »Weißt du den Weg?«
    »Nein.«
    »Oder hast du eine Harjta, welche dir den Weg zeigt?«
    Landkarte.
    »Auch nicht; aber wir brauchen uns nur nach Süden zu halten. Abu Seïf hat zu Fuß hinwandern müssen; das ist ein sicheres Zeichen, daß die Stadt nicht sehr weit von hier liegt. Laß uns vor allen Dingen erst nach den Waffen sehen.«
    Wir zogen uns hinter ein nahes Euphorbiengesträuch zurück, welches uns genügend verbarg, denn es war nicht die kleine arabische, sondern die hohe ostindische Art. Meine Gewehre waren geladen; man hatte jedenfalls mit dem Revolver und dem Henrystutzen nicht umzugehen verstanden und sich über den schweren Bärentöter höchlichst wundern müssen. Der Araber ist ein langes, leichtes Gewehr gewohnt, und es giebt ganze Stämme, welche noch mit Flinten der ältesten, seltsamsten Konstruktionen bewaffnet sind.
    Nachdem wir uns überzeugt hatten, daß unsere Flucht nicht bemerkt worden war, machten wir uns auf den unbekannten Weg. Wir mußten, so viel wie möglich, der Küste folgen, und diese hatte zahlreiche größere oder kleinere Einbuchtungen, welche zu umgehen waren, so daß wir nur langsam vorwärts kamen. Dazu war der Boden trotz der Nähe des Meeres sehr dicht mit Koloquinthen und Aloën bewachsen, welche das Gehen außerordentlich beschwerlich machten. Endlich graute der Tag, und der Marsch ging leichter und schneller vor sich. Man konnte in die Ferne blicken und unterscheiden, welche Richtung man einzuschlagen hatte, um eine Krümmung der Küste abzuschneiden, und es war vielleicht vormittags acht Uhr, als wir die Minareheiner Stadt vor uns erblickten, welche mit einer hohen, ziemlich gut erhaltenen Mauer umgeben war.
    Dieses Wort wird nach französischer Weise Minaret geschrieben und von vielen Deutschen auch so ausgesprochen, was aber falsch ist.
    »Wollen wir fragen, ob dies Dschidda ist, Sihdi?« fragte Halef.
    Wir waren bereits seit einer Stunde Arabern begegnet, ohne sie anzureden.
    »Nein; das ist ganz sicher Dschidda.«
    »Und was beginnen wir dort?«
    »Ich werde mir zunächst den Ort ansehen.«
    »Und ich auch. Weißt du, daß dort Eva, die Mutter aller Lebendigen, begraben liegt?«
    »Ja.«
    »Als Adam sie begraben hatte, beweinte er sie vierzig Tage und vierzig Nächte; dann ging er nach Selan-Dib, wo er starb

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