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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mitnehmen?«
    »Ja.«
    Wir waren beim Thore angelangt. Dort gab es außerhalb der Mauern eine Menge zerstreut stehender Hütten aus Stroh oder Palmenblättern, in denen arme Hadhesioder noch ärmere Holz- und Gemüsehändler wohnten. Ein zerlumpter Kerl rief mich an:
    Arbeiter.
    »Taïbihn, Effendi, seiak, keif chelak – bist du gesund, Effendi, wie geht es dir, und wie ist dein Befinden?«
    Ich blieb stehen. Im Orient muß man immer Zeit haben, einen Gruß zu erwidern.
    »Ich danke dir! Ich bin gesund; es geht mir gut, und mein Befinden ist vortrefflich; aber wie geht es dir, du Sohn eines tapfern Vaters, und wie laufen deine Geschäfte, du Erbe vom frömmsten Stamme der Moslemim?«
    Ich gebrauchte diese Worte, weil ich sah, daß er das M’eschaleeh trug. Dschidda gilt, trotzdem es seit neuerer Zeit von den Christen besucht werden darf, für eine heilige Stadt, und die heiligen Städte haben das Vorrecht, dieses Zeichen zu tragen. Vier Tage nach der Geburt eines Kindes werden ihm auf jedem Backen drei und an jeder Schläfe zwei Schnitte beigebracht, deren Narben für das ganze Leben bleiben. Das ist das M’eschaleeh.
    »Deine Worte sind Zahari; sie duften wie die Benaht el Dschennet,« antwortete der Mann. »Auch mir geht es gut, und ich bin zufrieden mit dem Geschäfte, welches ich treibe. Es wird auch dir nützlich sein.«
    Blumen.
    Töchter des Paradieses, die Houris.
    »Welches Geschäft hast du?«
    »Ich habe drei Tiere stehen. Meine Söhne sind Hamahri, und ich helfe ihnen.«
    Eseltreiber.
    »Hast du sie zu Hause?«
    »Ja, Sihdi. Soll ich dir zwei Esel holen?«
    »Was soll ich dir bezahlen?«
    »Wohin willst du reiten?«
    »Ich bin hier fremd und will mir eine Wohnung suchen.«
    Er musterte mich mit einem eigentümlichen Blick. Ein Fremder, und zu Fuße, das mußte ihm auffällig sein.
    »Sihdi,« fragte er, »willst du dahin, wohin ich deine Brüder geleitet habe?«
    »Welche Brüder?«
    »Es kamen gestern um die Zeit des Mogreb dreizehn Männer zu Fuße, so wie du; die habe ich in den großen Khan geführt.«
    Das war jedenfalls Abu Seïf mit den Seinen gewesen.
    »Das waren keine Brüder von mir. Ich will meine Wohnung in keinem Khane und in keinem Funduk, sondern in einem Privathause nehmen.«
    Gasthaus.
    »Ama di bacht – welch ein Glück! Ich weiß ein Haus, wo du eine Wohnung finden kannst, die beinahe für einen Prinzen zu schön ist.«
    »Was forderst du, wenn wir auf deinen Eseln hinreiten?«
    »Zwei Piaster.«
    Das waren ungefähr zwanzig Pfennige pro Mann.
    »Hole die Tiere.«
    Er stieg nun mit gravitätischem Schritte von dannen und brachte hinter einer Umfriedigung zwei Esel hervor, die so klein waren, daß sie mir beinahe zwischen den Beinen durchlaufen konnten.
    »Werden sie uns tragen können?«
    »Sihdi, einer von ihnen würde uns alle drei tragen können!«
    Das war übertrieben, jedoch mein Tier that nicht im mindesten, als ob ich ihm zu schwer sei; vielmehr schlug es sofort, nachdem ich es bestiegen hatte, einen sehr muntern Trab an, welcher allerdings gleich im Innern der Stadtmauer unterbrochen wurde.
    »Tut,« rief nämlich eine schnarrende Stimme von der Seite her; »tut, wermya-iz aktsche – halt, gebt Geld!«
    In einem halb verfallenen Gemäuer zu meiner Rechten befand sich ein viereckiges Loch; in diesem Loche befand sich ein Kopf; auf dem Gesichte dieses Kopfes befand sich eine fürchterliche Brille, und in dieser Brille befand sich nur ein Glas. Unter diesem Glase erblickte ich eine riesige Nase und seitwärts nach unten, von der Nase aus gerechnet, eine große Öffnung, aus welcher die Worte wahrscheinlich gekommen waren.
    »Wer ist das?« fragte ich unsern Führer.
    »Der Radschal el Bab. Er nimmt die Steuer für den Großherrn ein.«
    Mann des Thores, Thorwärter.
    Ich drängte mein Eselein bis vor das Loch und nahm, um mir einen Spaß zu machen, den Paß heraus.
    »Was willst du?«
    »Geld!«
    »Hier!«
    Ich hielt ihm das großherrliche Möhürvor das Auge, welches nicht durch ein Glas geschützt war.
    Siegel.
    »Lutf, dschenabin – Verzeihung, Euer Gnaden!«
    Die Öffnung unter der Nase klappte zu, das Gesicht verschwand und gleich darauf sah ich eine hagere Gestalt seitwärts über einige Mauerreste springen. Sie trug eine alte, abgeschabte Janitscharenuniform, weite, blaue Beinkleider, rote Strümpfe, eine grüne Jacke und auf dem Kopfe eine weiße Mütze mit einem herabhängenden Sacke. Es war der wackere Radschal el Bab.
    »Warum reißt er aus?« fragte ich den

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