Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
hätte sofort zur Pistole oder zum Messer gegriffen; dieser Mann aber war ein Türke. Er beeilte sich, meinem Befehle Folge zu leisten, und bald lagen seine drei besten Kamele mit sehr reinlichem Sattelzeug vor uns auf den Knieen. Ich wandte mich an Halef:
»Jetzt zeige diesem Sihdi, wie er aufzusteigen hat!«
Er that es, und ich trat dann dem Kamel, welches Albani tragen sollte, auf die zusammengezogenen Vorderbeine.
»Passen Sie auf! Sobald Sie den Sattel berühren, geht das Hedjihn in die Höhe, und zwar vorn zuerst, so daß Sie nach hinten geworfen werden. Dann erhebt es sich hinten, und Sie stoßen nach vorn. Diese beiden Stöße müssen Sie durch die entgegengesetzte Bewegung Ihres Körpers unschädlich zu machen suchen.«
»Ich will es versuchen.«
Er faßte an und schwang sich auf. Sofort erhob sich das Tier, trotzdem ich meinen Fuß nicht von seinen Beinen genommen hatte. Der gute Schnadahüpfelsänger flog nach hinten, fiel aber nicht, weil er sich vorn fest anklammerte; doch jetzt schnellte das Kamel sich hinten in die Höhe, und da er die Hände noch immer vorn hatte, so flog er ganz regelrecht aus dem Sattel und über den Kopf des Kamels hinweg herunter in den Sand.
»Potz tausend, das Ding ist gar nicht so leicht!« meinte er, indem er sich erhob und die Achsel rieb, mit welcher er aufgestoßen war. »Aber hinauf muß ich doch. Bringen Sie das Tier wieder zum Knieen!«
»Rrree!«
Auf diesen Zuruf legte es sich wieder. Der zweite Versuch gelang, obgleich der Reiter zwei derbe Stöße auszuhalten hatte. Ich mußte dem Verleiher noch einen Verweis geben:
»Dewedschi, kannst du ein Dschemmel reiten?«
»Ja, Herr.«
»Und auch lenken?«
»Ja.«
»Nein, du kannst es nicht, denn du weißt ja nicht einmal, daß ein Metrekdazu gehört!«
Ein kleines, nach außen umgebogenes Stöckchen.
»Verzeihe, Herr!«
Er gab einen Wink, und die Stäbchen wurden herbeigebracht. Jetzt stieg auch ich auf.
Wir machten nun allerdings ganz andere Figuren, als es der Fall gewesen wäre, wenn wir uns mit den abgetriebenen Lastkamelen begnügt hätten. Unsere jetzigen Sättel waren sehr hübsch mit Troddeln und bunter Stickerei verziert und die Decken so groß, daß sie die Tiere ganz bedeckten. Wir ritten hinaus auf die Straße.
»Wohin?« fragte ich Albani.
»Das überlasse ich Ihnen.«
»Gut; also zum Bab el Medina hinaus!«
Mein neuer Bekannter zog die Blicke der uns Begegnenden auf sich; seine Kleidung war zu auffällig. Ich lenkte daher durch mehrere Seitenstraßen und brachte uns nach einigen Umwegen glücklich zum Thore hinaus. Dort ritten wir im Schritte durch die Ansiedelungen der Nubier und Habeschaner und gelangten dann sofort in die Wüste, welche sich ohne einen Pflanzenübergangsgürtel bis direkt an das Weichbild aller Städte des Hedschas erstreckt.
Bis hierher hatte sich Albani sehr leidlich im Sattel gehalten. Nun aber fielen unsere Kamele ganz freiwillig in jenen Bärentrott, der ihre gewöhnliche Gangart ist und durch welchen jeder Neuling in die eigentümliche Lage versetzt wird, die Seekrankheit kennen zu lernen, auch ohne einen Tropfen Salzwasser gesehen zu haben. Während der ersten Schritte lachte er über sich selbst. Er besaß nicht das Geschick, durch eigene Bewegungen die Stöße zu mildern, welche ihm sein Tier erteilte; er schwankte herüber, hinüber, nach hinten und nach vorn; seine lange, arabische Flinte war ihm im Wege, und sein riesiger Sarras schlug klirrend an die Seite des Kameles. Er nahm ihn also zwischen die Beine, schnalzte mit den Fingern und sang:
»Mei Sabel klippert, mei Sabel klappert, Mei Sabel macht mir halt Müh, Und das Kamel wickelt, das Kamel wackelt, Das Kamel is ein sakrisch Vieh!«
Da gab ich meinem Tiere einen leichten Schlag auf die Nase: es stieg empor und schoß dann vorwärts, daß der Sand mehrere Ellen hoch hinter mir aufwirbelte. Die beiden anderen Kamele folgten natürlich, und nun war es mit dem Singen aus. Albani hatte den Lenkstab in der linken und die Flinte in der rechten Faust und gebrauchte diese beiden Gegenstände als Balancestangen, indem er die Arme in der Luft herumwirbelte, um das Gleichgewicht zu erhalten. Er bot einen komischen Anblick dar.
»Hängen Sie das Schießeisen über und halten Sie sich mit den Händen am Sattel fest!« rief ich ihm zu.
»Hat sich sein – – hopp! – – hat sich sein – – öh, brrr, ah! – hat sich sein Überhängen! Ich habe ja gar kei– – – hopp, au! – – gar keine Zeit dazu!
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