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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eingeschlagen und kehrte nun mit uns zurück? Warum war sie sichtlich erfreut gewesen, als sie hörte, daß Halef nach Mekka gehen wolle, und warum sagte sie nicht, wohin sie uns führen werde? – Sie war mir ein Rätsel. Sie trug eine Flinte und an ihrem Gürtel einen Yatagan; ja, in den Sattelriemen des Kameles hatte sie sogar einen jener Wurfspieße stecken, welche in der Hand eines gewandten Arabers so gefährlich sind. Sie machte ganz den Eindruck einer selbständigen, furchtlosen Amazone, und dieses letztere Wort war ganz am Platze, da solche kriegerische Frauen in manchen Gegenden des Orients öfter zu sehen sind, als im Abendlande, wo dem Weibe doch eine freiere Stellung gewährt ist.
    »Was ist das für eine Sprache?« fragte sie, als sie die Antwort Albanis hörte.
    »Die Sprache der Deutschen.«
    »So bist du ein Nemtsche?«
    »Ja.«
    »Die Nemtsche müssen tapfere Leute sein.«
    »Warum?«
    »Der tapferste Mann war der ›Sultan el Kebihr‹, und dennoch haben ihn die Nemtsche-schimakler, die Nemtsche-memleketlerund die Moskowler besiegt. Warum werde ich von deinem Auge so scharf betrachtet?«
    Nördlichen Deutschen.
    Österreicher.
    Sie hatte also von Napoleon und von dem Ausgang der Freiheitskriege gehört; sie hatte sicher eine nicht gewöhnliche Vergangenheit hinter sich.
    »Verzeihe mir, wenn mein Auge dich beleidigt hat,« antwortete ich. »Ich bin nicht gewohnt, in deinem Lande ein Weib so kennen zu lernen, wie dich.«
    »Ein Weib, welches Waffen trägt? Welches Männer tötet? Welches sogar seinen Stamm regiert? Hast du nicht von Ghalië gehört?«
    »Ghalië?« fragte ich, mich besinnend; »war sie nicht vom Stamme Begum?«
    »Ich sehe, daß du sie kennst.«
    »Sie war der eigentliche Scheik ihres Stammes und schlug in der Schlacht bei Taraba die Truppen des Mehemed Ali, welche Tunsun-Bei kommandierte?«
    »So ist es. Siehst du nun, daß auch ein Weib sein darf wie ein Mann?«
    »Was sagt der Kuran dazu?«
    »Der Kuran?« fragte sie mit einer Gebärde der Geringschätzung. »Der Kuran ist ein Buch; hier habe ich meinen Yatagan, mein Tüfenkund meinen Dscherid. Woran glaubst du? An das Buch oder an die Waffen?«
    Flinte.
    Wurfspieß.
    »An die Waffen. Du siehst also, daß ich kein Giaur bin, denn ich denke ganz dasselbe, was du denkst.«
    »Glaubst du auch an deine Waffen?«
    »Ja; noch viel, viel mehr aber an das Kitab-azizder Christen.«
    Heiliges Buch.
    »Ich kenne es nicht, aber deine Waffen sehe ich.«
    Das war nun allerdings ein Kompliment für mich, da der Araber gewohnt ist, den Mann nach den Waffen zu beurteilen, welche er trägt. Sie fuhr fort:
    »Wer hat mehr Feinde getötet, du oder dein Freund?«
    Kam es auf die Waffen an, so mußte Albani allerdings bedeutend tapferer sein als ich; dennoch war ich überzeugt, daß der gute Triester mit seinem Sarras gewiß noch keinem Menschen gefährlich geworden sei. Ich antwortete aber ausweichend:
    »Ich habe mit ihm noch nicht darüber gesprochen.«
    »Wie viele Male hast du eine Intikamgehabt?«
    Blutrache.
    »Noch nie. Mein Glaube verbietet mir, selbst meinen Feind zu töten; er wird getötet durch das Gesetz.«
    »Aber wenn jetzt Abu-Seïf käme und dich töten wollte?«
    »So würde ich mich wehren und ihn im Notfalle töten, denn die Notwehr ist hier erlaubt. Aber du sprichst vom ›Vater des Säbels‹; kennst du ihn?«
    »Ich kenne ihn. Auch du nennst seinen Namen; hast du von ihm gehört?«
    »Ich habe nicht bloß von Abu-Seïf gehört, sondern ihn gesehen.«
    Sie wandte sich mit einer raschen Bewegung zu mir herum.
    »Gesehen? Wann?«
    »Vor noch nicht vielen Stunden.«
    »Und wo?«
    »Zuletzt auf seinem Schiffe. Ich war sein Gefangener und bin ihm gestern entflohen.«
    »Wo ist sein Schiff?«
    Ich deutete die Richtung an, in der ich es noch vermuten mußte.
    »Dort liegt es in einer Bucht versteckt.«
    »Und er ist darauf?«
    »Nein. Er ist in Mekka, um dem Großscherif ein Geschenk zu bringen.«
    »Der Großscherif ist nicht in Mekka, sondern in Taïf. Ich habe dir eine große Botschaft zu verdanken. Komm!«
    Sie trieb ihr Dschemmel zu größerer Eile an und lenkte nach einiger Zeit nach rechts ein, wo eine Reihe von Bodenerhebungen am Horizonte sichtbar wurde. Als wir näher kamen, bemerkte ich, daß dieser Höhenzug aus demselben schönen grauen Granit bestand, wie ich ihn später bei Mekka wieder fand. In einer Thalmulde standen einige Zelte. Sie deutete mit der Hand auf dieselben und meinte:
    »Dort wohnen sie.«
    »Wer?«
    »Die

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