Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
wollen einen Spazierritt riskieren?«
    »Das ist es!«
    »Sie werden aber eine Art von Seekrankheit bekommen –«
    »Thut nichts.«
    »Gegen welche nicht einmal eine Dosis Kreosot Hilfe leistet.«
    »Ich bin darauf gefaßt. Die Küste des roten Meeres bereist und nicht auf einem Kamele gesessen zu haben! Darf ich Sie einladen, mich zu begleiten?«
    »Ich habe Zeit, wo wollen Sie hin?«
    »Mir gleich. Vielleicht eine Streiferei um Dschidda herum?«
    »Ich bin dabei. Wer besorgt die Kamele? Sie oder ich?«
    »Natürlich ich. Wollen Sie Ihren Diener auch mitnehmen?«
    »Wie Sie es bestimmen. Man weiß hierzulande niemals, was einem begegnen kann, und ein Diener ist hier im Orient eigentlich niemals überflüssig.«
    »So geht er mit.«
    »Wann soll ich kommen?«
    »In einer Stunde.«
    »Gut. Aber erlauben Sie mir eine Bemerkung. Untersuchen Sie, ehe Sie das Kamel besteigen, den Sattel und die Decke genau; eine solche Vorsicht ist stets am Platze, da man sonst sehr leicht Bekanntschaft mit jenen sechsfüßigen Baschi-Bozuks macht, die der Orientale mit dem lieblich klingenden Namen ›Bit‹ bezeichnet.«
    »Bit? Ich bin kein Licht in den orientalischen Sprachen.«
    »Aber ein wenig Latein haben Sie getrieben?«
    »Allerdings.«
    »So meine ich das Tierchen, dessen Name so lautet, wie auf lateinisch das deutsche Wort ›Lob‹.«
    »Ah! Ist es gar so arg?«
    »Zuweilen sehr. Ich habe in Ungarn gehört, daß man diese Schmarotzer mit dem Worte ›Bergleute‹ bezeichnet, jedenfalls, weil sie von oben nach unten arbeiten. Bei einem Kamelritte nun haben Sie es mit den Bergleuten der Araber und mit den Bergleuten der Kamele zu thun. Ein Glück ist es nur, daß die ersteren eine so rührende Treue für ihre Herren und Meister besitzen und folglich es verschmähen, einen Giaur wenigstens förmlich zu überfluten. Also legen Sie noch eine eigene Decke unter, welche Sie nach dem Ritt dem nächsten Pastetenbäcker geben, der sie für wenige Borbiin seinem Ofen ausbrennen wird.«
    Ein Para hat acht Borbi.
    »Nicht übel! Nehmen wir Waffen mit?«
    »Das versteht sich! Ich zum Beispiel bin zu dieser Vorsicht gezwungen, da ich jeden Augenblick hier oder in der Umgebung Feinde treffen kann.«
    »Sie?«
    »Ja, ich! Ich befand mich in der Gefangenschaft eines Seeräubers, dem ich erst gestern früh entflohen bin. Er ist auf dem Wege nach Mekka und kann sich sehr leicht noch hier in Dschidda befinden.«
    »Das ist ja ganz erstaunlich! Er war ein Araber?«
    »Ja. Ich kann ihm nicht einmal mit einer Anzeige beikommen, obgleich mein Leben keinen Pfennig wert ist, sobald wir uns begegnen sollten.«
    »Und davon haben Sie mir gestern nichts gesagt!«
    »Warum sollte ich davon sprechen? Man hört und liest jetzt sehr oft, daß das Leben immer nüchterner werde und es gar keine Abenteuer mehr gebe. Vor nur wenigen Wochen sprach ich mit einem viel gereisten Gelehrten, welcher geradezu die Behauptung aufstellte, man könne die alte Welt von Hammerfest bis zur Capstadt und von England bis nach Japan durchreisen, ohne nur eine Spur von dem zu erleben, was man Abenteuer nennt. Ich widersprach ihm nicht, aber ich bin überzeugt, daß es nur auf die Persönlichkeit des Reisenden und auf die Art und Weise der Reise ankommt. Eine Reise per Entreprise oder mit Rundreisebillet wird sehr zahm sein, selbst wenn sie nach Celebes oder zu den Feuerländern gehen sollte. Ich ziehe das Pferd und das Kamel den Posten und Bahnen, das Kanoe dem Steamer und die Büchse dem wohl visierten Passe vor; auch reise ich lieber nach Timbuktu oder Tobolsk als nach Nizza oder Helgoland; ich verlasse mich auf keinen Dolmetscher und auf keinen Bädeker; zu einer Reise nach Murzuk steht mir weniger Geld zur Verfügung, als mancher braucht, um von Prag aus die Kaiserstadt Wien eine Woche lang zu besuchen, und – ich habe mich über den Mangel an Abenteuern niemals zu beklagen gehabt. Wer mit großen Mitteln die Atlasländer oder die Weststaaten Nordamerikas besucht, dem stehen eben diese Mittel im Wege; wer aber mit leichter Tasche kommt, der wird bei den Beduinen Gastfreundschaft suchen und sich nützlich machen, drüben im wilden Westen aber sich sein Brot schießen und mit hundert Gefahren kämpfen müssen; ihm wird es nie an Abenteuern fehlen. Wollen wir wetten, daß uns nachher bei unserem Ritt ein Abenteuer passieren wird, mag es auch ein nur kleines sein? Die Recken früherer Zeiten zogen aus, um Abenteuer zu suchen; die jetzigen Helden reisen als Commis-voyageurs ,

Weitere Kostenlose Bücher