Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Halten Sie doch Ihr ver– – hoppsa, öh, brr! – Ihr verwünschtes Viehzeug an!«
»Ich verkomme ja mit ihm!«
»Ja, aber das mei– – oh, brrr, öh! – das meinige rennt ihm ja wie bes– – hüh, hoppah! – wie besessen nach!«
»Halten Sie es an!«
»Mit was denn?«
»Mit dem Fuß und dem Zügel!«
»Den Fuß, den bringe ich ja gar nicht in – – hoppsa! – nicht in die Höhe, und den Zügel, den habe – – halt – öh, halt öh! – den habe ich nicht mehr!«
»So müssen Sie warten, bis das Tier von selber steht.«
»Aber ich habe gar kei– – – brrrr, oh! gar keinen Atem mehr!«
»So machen Sie den Mund auf; es ist Luft genug da!«
Ich wandte mich wieder vorwärts und horchte nicht mehr auf seine Interjektionen. Er befand sich in guten Händen, da Halef an seiner Seite ritt.
Wir hatten nach kurzer Zeit eine kleine Bodenanschwellung hinter uns, und nun breitete sich die offene Ebene vor uns aus. Albani schien sich nach und nach im Sattel zurecht zu finden: er klagte nicht mehr. So hatten wir in der Zeit von einer Stunde vielleicht zwei deutsche Meilen zurückgelegt, als vor uns die Gestalt eines einzelnen Reiters auftauchte. Er war wohl eine halbe Meile von uns entfernt und ritt dem Anschein nach ein ausgezeichnetes Kamel, denn der Raum verschwand förmlich zwischen ihm und uns, und nach kaum zehn Minuten hielten wir einander gegenüber.
Er trug die Kleidung eines wohlhabenden Beduinen und hatte die Kapuze seines Burnus weit über das Gesicht gezogen. Sein Kamel war mehr wert als unsere drei zusammen.
»Sallam aaleïkum, Friede sei mit dir!« grüßte er mich, während er die Hand entblößte, um die Verhüllung zu entfernen.
»Aaleïkum!« antwortete ich. »Welches ist dein Weg hier in der Wüste?«
Seine Stimme hatte weich geklungen, fast wie die Stimme eines Weibes; seine Hand war zwar braun, aber klein und zart, und als er jetzt die Kapuze entfernte, erblickte ich ein vollständig bartloses Angesicht, aus welchem mich zwei große, braune Augen lebhaft musterten – es war kein Mann, sondern eine Frau.
»Mein Weg ist überall,« antwortete sie. »Wohin führt dich der deinige?«
»Ich komme von Dschidda, will mein Tier ausreiten und dann wieder nach der Stadt zurückkehren.«
Ihr Angesicht verfinsterte sich, und ihr Blick schien mißtrauisch zu werden.
»So wohnest du in der Stadt?«
»Nein; ich bin fremd in derselben.«
»Du bist ein Pilger?«
Was sollte ich antworten? Ich hatte die Absicht gehabt, hier für einen Muhammedaner zu gelten; aber da ich direkt befragt wurde, so fiel es mir nicht ein, mit einer Lüge zu antworten.
»Nein; ich bin kein Hadschi.«
»Du bist fremd in Dschidda und kommst doch nicht her, um nach Mekka zu gehen? Entweder warst du früher in der heiligen Stadt, oder du bist kein Rechtgläubiger.«
»Ich war noch nicht in Mekka, denn mein Glaube ist nicht der eurige.«
»Bist du ein Jude?«
»Nein; ich bin ein Christ.«
»Und diese beiden?«
»Dieser ist ein Christ wie ich, und dieser ist ein Moslem, der nach Mekka gehen will.«
Da hellte sich ihr Gesicht plötzlich auf, und sie wandte sich an Halef.
»Wo ist deine Heimat, Fremdling?«
»Im Westen, weit von hier, hinter der großen Wüste.«
»Hast du ein Weib?«
Er erstaunte gerade so wie ich über diese Frage, welche auszusprechen ganz gegen die Sitte des Orients war. Er antwortete:
»Nein.«
»Bist du der Freund oder der Diener dieses Effendi?«
»Ich bin sein Diener und sein Freund.«
Da wandte sie sich wieder zu mir:
»Sihdi, komm und folge mir!«
»Wohin?«
»Bist du ein Schwätzer, oder fürchtest du dich vor einem Weibe?«
»Pah! Vorwärts!«
Sie wandte ihr Kamel und ritt auf derselben Spur zurück, welche die Füße des Tieres vorher im Sande zurückgelassen hatten. Ich hielt mich an ihrer Seite, und die andern beiden blieben hinter uns.
»Nun,« fragte ich zu Albani zurück, »hatte ich nicht recht mit dem Abenteuer, welches ich Ihnen vorhersagte?«
Albani sang statt der Antwort:
»Dös Dirndel ist sauba Vom Fuaß bis zum Kopf, Nur am Hals hat’s a Binkerl, Dös hoaßt ma an Kropf.«
Das Weib war allerdings nicht mehr jugendlich, und die Strahlen der Wüstensonne, sowie die Strapazen und Entbehrungen hatten ihr Angesicht gebräunt und demselben bereits Furchen eingegraben; aber einst war sie gewiß nicht häßlich gewesen, das sah man ihr heute noch sehr deutlich an. Was führte sie so ganz allein in die Wüste? Warum hatte sie den Weg nach Dschidda
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