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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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mit dem kleinen, unscheinbaren Samen, sondern auch schon an der mechanischen Gewalt, welche sie vom frühesten Stadium ihrer Wirksamkeit ausübt. Wenn man z.B. Erbsen durch Anfeuchtung zum Keimen lockt und sie mit einem Gewichte von 150 Pfund beschwert, so wird dieses Gewicht durch das Schwellen des Keimes bewegt und der Keim dringt trotz der verhältnißmäßig ungeheuren Belastung hervor.
    Woher diese erstaunliche Stärke, welche einem Keime innewohnt, den der Finger eines Kindes spielend zu zerstören vermag? Liegt hier nicht ein ebenso deutlicher Fingerzeig auf das Walten eines göttlichen Wesens, wie in den staunenerweckenden Wundern des unermeßlichen Weltenraumes?
    Fast möchte man behaupten, daß sich in dem Leben des Samenkornes etwas Seelenartiges offenbare, und einem unserer bekanntesten Naturforscher beipflichten, welcher sagt: »Der kleine Keim dringt wie gerufen und zur rechten Stunde hervor und senkt seine Spitze in den Erdboden, um Nahrung zu suchen. Er treibt aus dieser Spitze kleine Fasern hervor, die zur Wurzel werden. Woher weiß er, daß er Nahrung im Boden findet und wo das Erdreich sei, das er doch nicht siehet? Und doch, wenn die eine seiner Spitzen, welche zur Wurzel bestimmt ist, aufrecht über der Erde stehet, krümmt sie sich so lange abwärts, bis sie Erde gefunden hat, während die andere Spitze, die zum Stengel werden soll, sich jedesmal von der Erde wegwendet und aufwärts steigt, um Luft und Licht zu suchen. Ist hier nicht Seelenartiges? Ist hier nicht eine verborgene, wunderbare Kraft, die ebenso unerklärlich ist wie diejenige, welche in ewig gleichen Bahnen die Sternenwelten schwebend durch die Himmelsräume führt?«
    Und dieses Leben, welches im Samenkorne schläft, hat,   einmal erwacht, oft eine Dauer, welche nach Jahrtausenden gemessen werden muß. Der Affenbrodbaum, welcher bei einem Umfange von 80 bis 100 Fuß, 50 bis 70 Fuß lange Zweige treibt, ist in Exemplaren gefunden worden, deren Alter auf über sechstausend Jahre anzugeben war. Die wenigen Cedern, welche der Libanon noch trägt, werden auf 1800 Jahre geschätzt; in Körtlinghausen (Westphalen) steht eine 1000-jährige, in Saintes (Frankreich) gar eine 2000-jährige Eiche, bei Freiburg eine 1600-jährige Linde, am Dome zu Hildesheim ein Rosenstock, welcher urkundlich über 800 Jahre alt ist, bei Courmayeur eine 1200-jährige Tanne.
    Diese ungeheure Lebensdauer entspricht dem Zwecke, welcher die Pflanzen in das Dasein gerufen hat. Sie stehen mit dem allgemeinen Erdenleben in innigem Zusammenhange und bilden eine lebendige Decke, eine Ueberkleidung des nackten Erdbodens grad’ so, wie der Haar- oder Federüberzug über den thierischen Körper. Sie bilden einen höchst unentbehrlichen Factor in dem großen organisch-chemischen Kreislauf der Stoffe, vermitteln den Uebergang aus niederen in höhere Lebensformen und dienen nicht nur den letzteren zur Nahrung, sondern liefern dem Handel und der Industrie die vielfältigsten Gaben.
    Die Pflanzendecke der Erde nimmt einen weit größeren Theil der Oberfläche derselben ein, als man gewöhnlich meint. Sowie eine kahle Stelle des Erdbodens mit den wässerigen Dünsten der Atmosphäre in Berührung und unter die Einwirkung von Licht und Wärme kommt, entstehen zunächst Pflanzengebilde niederer Ordnung, welche im Boden nach und nach zum Tragen höherer Gattungen vorbereiten. An den schroffsten Felsenwänden, unter dem ewigen Eise des Nordpoles, in der heißen Wüste, überall begegnen wir Pflanzenformen, welche den Einwirkungen einer feindseligen Natur zu trotzen vermögen, und selbst im Meere breitet sich eine Vegetation aus, deren Riesenhaftigkeit wahrhaft bewundernswürdig ist. Wir dürfen hierbei nur an das »Sargassomeer« denken, dessen grüne Grasdecke sich westlich von den Azoren über einen Raum von 26 Breitengraden ausdehnt.
    Der Pflanzenüberzug der Erde hat einen nicht unbedeutenden Einfluß auf das Klima der Erde, und es ist eine allgemeine Erfahrung, daß dieses Klima desto milder wird, je mehr sich die Vegetation entwickelt und verbreitet. Ganz besonders aber sind es die Wälder, von denen die physikalischen Erscheinungen der Oberfläche unseres Planeten abhängig sind. –
    Sie saugen die Feuchtigkeit aus der Luft und übermitteln sie dem Boden, in welchem sie Wurzeln schlagen, sammeln den Regen, dessen Nässe sie hinunter in die Tiefe leiten, aus welcher sie als Quelle wieder an das Licht des Tages tritt, und geben die aufbewahrte Feuchtigkeit an die

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