Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)
Atmosphäre ab, sobald dieselbe ihrer bedarf.
So bilden die Wälder die eigentlichen Regulatoren der atmosphärischen Niederschläge und müssen deshalb als unentbehrlich angesehen werden. Gegenden, welche man ihrer Holzungen beraubte, haben unter den schweren Folgen einer solchen wirthschaftlichen Sünde zu leiden, indem es bei ihnen keine Vermittelung zwischen den Extremen von Dürre und Nässe giebt und sie also bald mit der ersteren und bald mit der letzteren zu kämpfen haben.
Von ebenso großer Wichtigkeit ist die Athmung der Pflanzen, welche ihre meiste Nahrung aus der Luft ziehen, indem sie aus der Kohlensäure und Feuchtigkeit derselben den Kohlen- und Wasserstoff in sich aufnehmen und den Sauerstoff ausscheiden, während der thierische Organismus, also auch der Mensch, den Sauerstoff einathmet. Es besteht also zwischen Thier und Pflanze ein gegenseitiger und endloser Austausch der unentbehrlichen Athmungsmittel, ohne welchen der Mensch nicht zu leben vermöchte.
Diesen Segen bringt die lebende Pflanze; doch nicht minder groß ist ihr Nutzen nach ihrem Tode. Die abgestorbenen Theile fallen zur Erde, wo sie langsam verwesen und von Jahr zu Jahr eine neue Schicht fruchtbaren Humuslandes bilden. Kann diese Schichtbildung ungestört vor sich gehen, so entstehen mit der Zeit Ablagerungen von solcher Mächtigkeit, daß, wie in den Bottoms des nordamerikanischen Westens, der Ackerbauer ohne Dung und Mühe mehrere Jahrzehnte lang die reichsten Ernten erbaut.
Unter günstigen Verhältnissen, besonders bei reichlich vorhandener Feuchtigkeit, entsteht durch eigenthümliche Wurzelbildung und Ablagerung der verwesten Pflanzen der Torf, dann das Moor, von welchem die Braunkohle zu den Steinkohlen den Uebergang bildet. Hier stoßen wir auf fast unerschöpfliche Reichthümer, welche eine um viele Jahrtausende zurückliegende Vegetation für das erst später entstehende Geschlecht der Menschen in den Schatzkammern der Erde aufgespeichert hat.
Es fällt auf den ersten Blick in die Augen, daß der Nutzen der Pflanzen zur Gesellschaftlichkeit derselben in gleichem Verhältnisse steht und daß auch hier der weise Wille des Schöpfers Großes durch das Kleine hervorbringt. Nicht die Eiche, nicht der riesige Mammuthbaum ist es, welcher die Millionen der lebenden Menschen ernährt, sondern die Arten der Gräser, welche wir Getreidepflanzen nennen, liefern uns die Stoffe, deren wir bedürfen, um des Leibes Nahrung und Nothdurft zu stillen. Dies kann freilich nur durch die massenhafte Vereinigung der einzelnen Pflanzen zu wogenden Feldern erzielt werden, und hier hat die Cultur ihren ersten siegreichen Schritt zu thun.
Wo die Natur durch die Früchte nur eines Baumes dem Menschen den jährlichen Bedarf seiner Nahrung bietet, hat die Gesittung sich noch keine Stätte erobert, und nur da, wo die Hand des Menschen bestimmend und wählend eingreift in das Reich der Schöpfung und im Schweiße seines Angesichtes seinen Willen zur Geltung bringt, blüht die Bildung mit allen ihren wohlthätigen Folgen.
Daß der Mensch in gewisser Beziehung von dem Boden abhängig ist, auf welchem er lebt, wissen wir; in Folge dessen ist es ihm wohl auch nicht möglich, sich dem Einflusse derjenigen Producte zu entziehen, welche dieser Boden hervorbringt, und in Wirklichkeit beobachten wir je nach der Verschiedenheit der Landeserzeugnisse auch eine Verschiedenheit der Völker.
Der Eskimo trinkt seinen Thran; der Indianer kaut sein Büffelfleisch und verschlingt dazu seine eklen Kammaskuchen; der Amerikaner liebt den Mais, der Engländer den Waizen, der Deutsche den Roggen, ein Anderer das Haidekorn; der Indier lebt vom Reis, der Afrikaner von seiner Durrha (Negerhirse), und es läßt sich gar nicht läugnen, daß die Beschaffenheit des Hauptnahrungsmittels nicht ohne Wirkung auf die körperliche und geistige Constitution der angeführten Völkerschaften sein kann.
Und wie mit dem Felde, so auch mit dem Walde. So heimtückisch wie die Mangrovewälder der amerikanischen Ostküste, sind auch die wie wilde Thiere in denselben herumschleichenden Menschen. Die im dortigen Sumpflande schlummernden Fieber wetteifern mit den noch heut menschenfleisch-freundlichen Urbewohnern, den weißen Eindringling in Tod und Verderben zu führen.
Finster und wortlos, wie die dunklen, lautlosen Urwälder des amerikanischen Westens, schreitet im Norden der furchtlose Trapper, im Süden der unternehmende Cascarillero oder der goldgierige Cibolero zwischen den
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