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Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition)

Titel: Delphi Saemtliche Werke von Karl May Band II (Illustrierte) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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aber dennoch wissen die meisten von ihnen nach ihrer Art ein Geräusch hervorzubringen, um nach den ihnen verliehenen Kräften auch mit in das hörbare Legen einzugreifen. Einige geben durch das bloße Aneinanderschlagen ihrer Glieder einen Ton von sich, wie die Feldgrillen oder die Heimchen, welche ihr weithin tönendes Gezirpe dadurch verursachen, daß sie die trockenen, häutigen Flügeldecken ein wenig erheben und über einander hin- und herschieben. Andere lassen ein Getöse laut werden, indem sie mit gewaltiger Kraft Flüssigkeiten aus Höhlungen ihres Körpers hervorstoßen, wie der Walfisch, welcher brausend Fontainen in die Höhe treibt. Andere erregen das ihnen eigenthümliche Summen und Brummen entweder durch den behenden Flügelschlag oder durch die Reibung, welche die Luft in den Luftlöchern ihres Körpers hervorbringt. Lungenlose Thiere können nur ein Geräusch, einen Schall, einen Ton hervorbringen, welchem der Mensch keine Articulation abgewinnen kann, trotzdem aber muß er sich vor der Behauptung hüten, daß in diesem Geräusche nicht das Mittel zur Verständigung, zur Sprache liege. Wir kennen die Wunder der Thierwelt noch zu wenig, und es ist anzunehmen, daß sogar Thiere niederer Ordnungen, von denen unser grobes Gehörorgan nie einen Laut vernimmt, doch vielleicht Töne besitzen, welche für uns unhörbar sind; wenigstens ist es zweifellos, daß jedes Thier eine Art und Weise besitzt, sich mit Seinesgleichen zu verständigen. Das Gegentheil wäre nur von solchen Thieren zu behaupten, welche, wie viele Arten der Thierpflanzen und Gewürme, sich nicht unter einander begatten, sondern jedes ohne Zuthun eines andern sein Geschlecht durch sich selbst vermehrt. Sie haben nicht nöthig, einander zu suchen oder ihre Triebe zu erkennen zu geben und leben, mit ihren Begierden in sich selbst verschlossen, allein und in tiefster Einsamkeit.
    Jede der so unendlich verschiedenen Arten von Geschöpfen, ungeachtet sie allesammt bei und durcheinander wohnen, bildet für sich gleichsam nur ein eigenes Reich, und keine von ihnen versteht die Sprache, die Sitte oder das Zeichen der anderen. Die Ameise hat Verständniß nur für die anordnenden Winke von Ihresgleichen; die Biene unterhält sich nur mit der Biene; der Rabe folgt nur dem Raben, die Schwalbe der Schwalbe, der Storch dem Storche. Gott trennt durch unzerstörbare Schranken, und wie der Mensch nur den Menschen versteht, so auch jede Gattung der Thiere nur die zu ihr Gehörigen. Was in dieser Gattung vorgeht, wie sie denkt, wie sie fühlt, nach welchen Gesetzen sie handelt, wie sie das ansieht, was außerhalb ihres Kreises ist, das weiß kein anderes Wesen, das nicht in diesen Kreis gehört. Alles ist in sich abgeschlossen, und nur der Gottheit bleibt das Verborgenste jeder Creaturenfamilie offenbar. Wäre der Mensch in das Wesen, in die Triebe, Instincte und Mittheilungszeichen nur einer einzigen Thierart eingeweiht, welch’ ein unermeßlicher Schatz von neuen Kenntnissen und Ansichten würde da vor ihm aufgethan sein. Das ganze All der Dinge würde ihm neu erscheinen und so manches unerforschte und tief in sein Leben greifende Räthsel enthüllt vor seinem Auge liegen! Das Mährchen konnte die Weisheit Salomo’s nicht größer erscheinen lassen, als durch die Behauptung, daß er die Sprachen aller Thiere verstehe.
    Oder sollte die Meinung von der Abgeschlossenheit der einzelnen Thierclassen doch vielleicht eine irrige sein und sich ein gewisses »Einander verstehen« weiter erstrecken, als man gewöhnlich annimmt? Die Forschung steht sehr oft vor Erscheinungen, welche eine sogenannte »unumstößliche Wahrheit« in das Schwanken bringen und dem Wissen neue, bisher ungeahnte Gesichtspunkte öffnen. Es läßt sich nicht leugnen, daß die Thiere Gehör und Beobachtungsgabe besitzen, und wie der Hund die Worte oder Pantomimen seines Herrn richtig zu deuten lernt, so entsteht vielleicht auch zwischen Thieren verschiedener, wohl gar weit entfernter Gattung eine Art von Verständniß für die gegenseitige Sprache und Ausdrucksweise.
    Ungemein wunderbar sind die Einrichtungen, welche der Schöpfer zum Hervorbringen der eigentlichen Stimme getroffen hat. Der Bau der Sprachwerkzeuge bringt je nach seiner Verschiedenheit auch eine Verschiedenheit der Stimme hervor, und im Allgemeinen läßt sich das Gesetz aufstellen, daß diese Stimme um so modulationsfähiger sei, als die Gefühle eine größere Entwickelung besitzen. Je größer die Lungen sind, um so

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